Melody

Wenn man richtig böse sein will, könnte man sagen, dass die Schottin mehr als nur auf Nummer sicher geht. Ihre Stimme ist so markant, dass auch Gelegenheits-Pophörer sie sofort erkennen, sobald einer der großen Texas-Hits wie "Say What You Want" oder "Summer Son" mal wieder über den Äther dudeln. Zudem holte sie sich mit Duffy-Produzent und Ex-Suede-Gitarrist Bernard Butler einen Knöpfchendreher, der weiß, wie man die Gleichung Frauenstimme plus Retro-Soul erfolgreich auflöst.

Diese Vorurteile sind jedoch völlig unbegründet. Schon der Opener "It Was You" ist lupenreiner Motown-Soul, mit dezenten, aber prägnanten Bläser- und Streicherarrangements. "All The Times I Cried" zitiert geschickt Girlgroups der 60er-Jahre. Bei "Melody" legt Spiteri ihre Inspirationsquellen sogar offen, der soulige Pop-Schleicher ist auf einem Sample von Serge Gainsbourg aufgebaut. Und mit "I'm Gonna Haunt You" gelingt ihr sogar eine tiefe Verbeugung vor ihrem Vorbild Nancy Sinatra.

Spiteris Vielseitigkeit macht "Melody" zu einem höchst angenehmen und immer kurzweiligen Vergnügen. Was aber noch bemerkenswerter ist: Sie haucht ihren Popsongs authentische Seele ein, ohne dabei in die teilweise tiefblaue Melancholie und Nostalgie ihrer Mitbewerberinnen zu fallen. Denen hat sie im Zweifelsfall aber noch etwas voraus. Auch wenn man es beim Betrachten ihrer Fotos kaum glauben mag: Spiteri ist gar keine Nachgeborene, sondern tatsächlich ein Kind der 60er-Jahre.