Nichts Passiert

Zumindest inhaltlich ist der Deutschland-Vierer bisweilen um klare Verhältnisse bemüht. Der Titeltrack, eine etwas platte und offensichtliche Politikerschelte, eröffnet für das vielschichtige Albummotto eine weitere Lesart: "Ihr seid die ganze Zeit am Reden, aber nichts passiert". So, so. "Nicht mein Problem", ein ähnlich gelagerter Fall, soll wohl in einem Aufwasch irgendwie aufrütteln - gegen Massenkündigungen, Abzockermentalität, Kinderverwahrlosung, den Klimawandel - was die Volksseele halt zum Kochen bringt.

Natürlich könnte man der Band ihre Plattitüdenlyrik über die Ohren ziehen, ein bisschen beißen sich auch die schnuffigen Weltfluchtfantasien hier mit der bemüht aufrechten Sozialschelte dort. Schwerer wiegt jedoch, dass Silbermond ihrem musikalischen Talent nicht überall über den Weg trauen. So wirkt hier vieles ein bisschen ausgedacht: der Synthie-Groove in "Tanz aus der Reihe", die vorhersehbaren Gastauftritte von Jan Delay und dem unvermeidlichen Verschlimmbesserer Xavier Naidoo. Ein Stück wie "Nichts mehr" greift mit seinen effektheischerischen Crossover-Riffs in die untersten Klischeeschubladen der 90-er und weist die Wahlberliner als die Schülerband aus, die sie doch längst nicht mehr sind. Und gewiss bringt sie der Paulo Coelho zitierende Gutmenschenkitsch "Krieger des Lichts" nicht weiter.

Doch stellen es Silbermond auch mehrfach richtig an. "Ich bereue nichts" ist eine simple, aber glaubwürdige Ballade, die die musikalischen Mittel der Band gut dosiert. Der Opener "Alles Gute" glänzt als freundlich-optimistische Hymne mit markanten Toms und flächigen Gitarren - ein Widerhall ihres euphorisierenden Schlagers "Meer sein". Man muss nicht alles können, nicht alle verfügbaren Genre in ein Album einfließen lassen. Nicht mit jedem befreundeten Musiker kooperieren. Wenn Silbermond das begreifen und ihre Stärken demnächst besser fokussieren, ist ihnen noch einiges zuzutrauen. Bis dahin ist gleichwohl nichts dramatisch Schlimmes passiert.