Sonic Syndicate, ein Medikament für alle Lebenslagen. Vielfach anwendbar, ohne Nebenwirkungen, zumindest für die junge Generation. Wo juckt es denn? Unter den schwarz bemalten Fingernägeln? Im schüttelfähigen Haupthaar? Kribbelt es im Bein oder tränen die Augen? Kein Problem. Hilfe naht. "We Rule The Night". Und alles wird gut. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Metalcore oder Melodic Death, die früheren Diskussionen über die Einordnung der Senkrechtstarter dürften sich mit ihrem dritten Studioalbum vorerst erledigt haben. Denn häufig will keine der beiden Bezeichnungen passen; etwaige Vergleiche mit Bands wie Soilwork oder In Flames treffen nur noch punktuell. Die zahlreichen Kritiker aus der vornehmlich ernsthafteren Metal-Ecke wird das natürlich nicht beruhigen. Im Gegenteil: Dass hier ein Cremetöpfchen serviert wird, dessen Inhalt ebenso risikofrei wie breit anwendbar ist, dürfte das Knurren und Murren verstärken.
Die erste Single "Revolution, Baby" schockt mit seinem Refrain nicht das besungene System, sondern Hörer der alten Schule. "Turn It Up" geht noch weiter: Mit elektronischen Beats und einer unbedingten Tanzbarkeit wird das eigene Verfallen in die Ungnade gefördert. Freilich nicht ohne Augenzwinkern, was den Song im Umfeld von "We Rule The Night" zu einem erfrischenden Höhepunkt werden lässt. Und die lässige Pop-Rock-Nummer "My Own Life" steht diversen amerikanischen Mainstream-Hits in nichts nach.
Apropos geografische Zuordnung - die Schweden bekamen frisches Blut von der Insel: Nathan J. Biggs heißt der neue Mann am Mikrofon. Jahrgang 1986 ist er und laut Aussage der Band wahrscheinlich das Beste, was Sonic Syndicate seit der Entdeckung der verzerrten Gitarren passieren konnte. Auch er wird ein Grund sein, warum die fünf Herren plus Bass-Dame noch lange nicht am Ende ihrer Aufwärtsbewegung angelangt sind. Ihre beeindruckenden Zahlen beziehen sich nicht auf Plattenverkäufe, sondern auf Facebook-Freunde. Entsprechend weit gestreut sitzt die Klientel: Der eine kann getrost die schwarzen Accessoires aus dem Schrank holen. Der nächste seine Mähne schwingen. Der dritte zieht sich einzelne Songs in seinen bunten Sommer-Mix. Dass Allheilmittel nicht unbedingt die wirksamsten Medikamente sind, steht auf einem anderen Blatt.