Nein, lustig macht sich inzwischen niemand mehr über Susan Boyle. Dass sie den Spitznamen "Paula Potts" bekam, verdankt sie lediglich dem Umstand, dass sie - genau wie Paul Potts in der ersten Staffel - mit ihrem Auftritt die Jury und das Publikum der englischen Supertalent-Ausgabe "Britain's Got Talent" in Erstaunen versetzte. Eine 48-jährige Schottin, ohne Traummaße, mit durchschnittlichem Gesicht und einer kleiner Portion Wahnsinn in den Augen singt "I Dreamed A Dream" aus dem Musical Les Misérables. Sie gewinnt in der Fernsehshow und bricht schon jetzt mit ihrem gleichnamigen Debüt alle Rekorde. ~ Nina Becker-Göpner (teleschau) aufklappen »
Sie rührte alle zu Tränen: Wohl nicht nur, weil ihre Stimme tatsächlich etwas sehr Berührendes in sich trägt, sondern auch weil der Überraschungsmoment so packend ist, wenn diese eher am Rande der sozialen Gesellschaft stehende Frau ihre klare Stimme zum pointierten Gesang anhebt. Denn die Botschaft ihres Auftritts war schließlich, dass in jedem - egal, wie unbedeutend er sich fühlt - etwas ganz Besonderes stecken kann. Und da Geschichten, die wie Boyles ungewöhnliche Karriere zu Herzen gehen, an Weihnachten besonders gefragt sind, verwundert es nicht, dass Susan Boyles Debütalbum in Großbritannien zu den am schnellsten verkauften Alben dieses Jahres zählt.
Aber nicht nur die Person Susan Boyle und ihre Stimme sorgen für hohe Verkaufszahlen, auch die Mischung der Songs trägt gewiss dazu bei. "Wild Horses" von den Rolling Stones, "Daydream Believer" von den Monkees, das unverwüstliche "Amazing Grace" und selbstverständlich "I Dreamed A Dream" - Gefühle pur. Und sogar "You'll See" von Madonna ist dabei, welches Susan all denjenigen widmet, die sie unfair behandelt haben. Sie widmet gerne, und so dankt sie ihrer verstorbenen Mutter, der sie versprochen hatte, eines Tages "jemand zu sein". Ein Eisklotz, wer jetzt nicht sentimental wird. Zudem weiß Hit-Produzent Steve Mac (auf sein Konto gehen 50 Nummer-Eins-Hits unter anderem von Westlife, Boyzone, Kelly Clarkson und Leona Lewis) ganz genau, wie das Rentier läuft, und hat als letzten Song auch noch "Silent Night" drauf gepackt - da kann das Fest der Liebe kommen. Denn abgrundtief hassen kann man Susan Boyle eigentlich kaum.