"James Blunt kann ihm nicht das Wasser reichen", freuen sich US-Fans über ihr aus Britannien importiertes Talent Teddy Thompson. Und: "Man hört, dass er ein Sohn von Linda und Richard Thompson ist". Das war früher. Nun versucht Teddy Thompson, aus dem Schatten der Eltern zu treten, die aufgrund ihrer Solo- und Fairpoint-Convention-Alben immerhin als britische Folk-Legenden gelten dürfen. Und so bewegt sich der junge Künstler mit seinem vierten Album "A Piece Of What You Need" von seinen rechtschaffenen Mann-mit-Gitarre- und betulichen Country-Pfaden weg, hin zu neuen Ufern. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Da Thompson in eine britische Sufi-Hippie-Kommune hinein geboren wurde und dank der abgeschotteten Lebensweise bis zu seinen Teenagerjahren nie etwas anderes als Musik von Chuck Berry, Buddy Holly und Co. gehört hatte, fand seine musikalische Entwicklung ausschließlich auf der Basis von Musik bis 1970 statt. Um sich zu emanzipieren, zog Teddy nach L.A., was zur Folge hatte, dass er eine Zeit lang wie ein US-Folkmusiker klang, später sogar wie ein waschechter Cowboy: Das Album "Upfront & Down Low" enthielt seine liebsten Countrysongs.
Diesmal bewegt sich Teddy Thompson in eine andere Richtung, er wählte als alleinigen Produzenten Marius de Vries (Madonna, Björk, Massive Attack, Neil Finn) aus, den er 2002 über seinen Kumpel Rufus Wainwright kennengelernt hatte. Wer bei Thompson nun aber hippen Pop erwartet, liegt falsch, ausschließlich "A Piece Of What You Need", der Titeltrack, könnte dieser Erwartung entsprechen. Ansonsten geriert sich Thompson als relaxter Westcoast-Rockmusiker, der sich mit Glanzlichtern aus anderen Sparten schmückt. Dabei kann es durchaus nachdenklich zugehen ("Where To Go From Here"), aber auch völlig radiobelanglos ("In My Arms", "Don't Know What I Was Thinking").
Durch viele Songs weht ein frisch-grüner Wind, der vorher durch Van Morrisons Studio geblasen hat. Dann wieder erinnert sich Thompson an die alten Tage in der Hippie-Kolonie, wo seine Alten vermutlich mal "Easy Rider" gesehen haben, rutscht aber schnell auch gerne in den Truckerklang, der ihn früher angezogen hat. Für beispielsweise "Can't Sing Straight" schrieb er dem Landstraßensound einen humorigen Text und ein grandioses Brass-Outro à la New Orleans-Jazz dazu, das den Song wieder aufwertet. Auch Schnulzen "(Slippery Slope"), exaltierte Britrocker mit Kinks-Anleihen ("Jonathan's Book"), temporeiche Fröhlich-Schunkler mit Crowded-House-Appeal ("One Of These Days") und ein Zwinkeraugen-Tom-Waits-Walzer ("Turning The Gun On Myself" - der beste Song) sind im Angebot. Am Besten sind allerdings Thompsons Texte, tief oder sarkastisch, voll von echtem Leid und Selbstreflexionen oder einfach herrlich böse - als Wortbildermaler ist er Spitze. Thompson ist so auf einem guten Weg, kreativer und findiger als zuvor, aber immer noch sehr konventionell. Aber aus dem Schatten solcher Eltern herauszutreten, ist auch nicht leicht.