Nur weil ihr damaliger Lebensgefährte Dominique A - selbst ein gefeierter Sänger in Frankreich - sie eindringlich ermutigte, hat sich Françoiz Breut überhaupt ans Mikrofon getraut. Das war vor mehr als zehn Jahren und bescherte der Nouvelle-Chanson-Szene den ersten weiblichen Star. Den großen Chansonschreibern war sie Muse - für die ersten drei Breut-Alben haben sie alle geschrieben: Biolay, Dominique A, Jérôme Minière. Für ihren neuen, den vierten Longplayer "A l'aveuglette" hat Breut nun ihre Arbeitsweise komplett geändert: Die Texte stammen sämtlich von ihr, die Musik entstand in Zusammenarbeit mit ihrer langjährigen Tourband. ~ Andreas Fischer (teleschau) aufklappen »
Diese Änderung des kreativen Prozesses - einer bis dahin als Fremdinterpretin aufgetretenen Sängerin - könnte durchaus als Experiment bezeichnet werden. Andererseits ist es ein ganz natürlicher Prozess, die künstlerische Evolution der Françoiz Breut, ihr neugieriges Öffnen einer neuen Tür. Die führt zu einem hinreißend-melancholischen Album, das trotz seiner Vielfalt erstaunlich homogen ist. Breut spielt mit verschiedenen Ebenen, erweitert mit dezenten Einflüssen aus Sixties, Elektro und Rock den Begriff des Chansons.
Das knallt dann auch mal - recht klassisch, einfach und geradeheraus. Trotzdem bleibt nach 107 Sekunden "Nébuleux bonhomme" vor allem Françoiz Breuts Stimme: ihre spröde Zärtlichkeit, ihre zeitlose Eleganz. Sie ist eine Inspiration, immer gewesen. Markant, selbstbewusst, stark - und zerbrechlich. Man muss ihr einfach folgen, egal wohin. Weil sie immer zur Sehnsucht führt. Es sind diese Kontraste, die "A l'aveuglette" so bemerkenswert machen. Ein Chor der Engel führt in "2013" ein, eine Zukunftsvision aus dem Leben ihres Kindes, die zärtlicher nicht vorgetragen werden kann. Im Gegensatz dazu ein Song über Dünkirchen. Wie anders kann der sich auch anhören, als ein düster, karg und mit minimalistischem Stimmaufwand in die Welt gespucktes "Dunkerque"? Darin liegt reine Poesie, faszinierend und fesselnd. Eine Poesie, die perfekt passt zum November mit seinem Nebel und die selbst im Trüben diese Sehnsucht findet, die Françoiz Breut weckt.