Es ist immens beruhigend zu wissen, dass auch in Zeiten von Myspace, Hypemachine und Co. virales Marketing und Blog-Abfeierei nicht die einzigen Mittel sind, um als Band eine gewisse Öffentlichkeit zu erreichen. Die Avett Brothers machen seit über zehn Jahren gemeinsam Musik - rechnet man ihre frühere Band Nemo dazu, sind es sogar 15. Irgendwann entschieden sie sich für die Ochsentour: Ohne größere Pausen reisten sie durch die Vereinigten Staaten, zwischendurch veröffentlichten sie eine Handvoll CDs. Sie wuchsen langsam, aber sie wuchsen. Die letzte Platte, "The Second Gleam", schaffte es schließlich ohne jede Promotion in die amerikanischen Albumcharts. Nach einer Tour mit der Dave Matthews Band wurde Rick Rubin auf die Band aufmerksam - "I And Love And You" ist das Ergebnis dieser Zusammenarbeit. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Und es ist bemerkenswert, was der Meisterproduzent aus Scott und Seth Avett und ihrem Bassisten Bob Crawford herauskitzelte. Was vorher oft Richtung Indifferenz pendelte und sein Herz ein Stück zu sehr auf der Zunge trug, wurde von ihm offenbar auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. In Songs wie "The Perfect Space" zeigt sich, wie sehr das der Band nutzte: Geschickt wechselt das Lied die Stimmungen und Tempi, ohne deshalb zerrissen zu wirken.
Dabei beherrschen die Avett Brothers auch die simple Melodie an sich, einfach inszeniert mit Gitarre, Banjo und Klavier. Das reicht, um den Zweigesang der beiden hinreichend zu illustrieren. Vergleiche zu finden, ist gar nicht so einfach. Manchmal muss man an die ähnlich benannten Felice Brothers denken ("Ten Thousand Words"), an anderer Stelle klingen die Brüder wie eine rurale Variante von Ben Folds Five ("I And Love And You"). Gemein ist den Songs allerdings eine Energie, die durchaus verrät, dass man sich früher einmal für Punkuck interessierte. Dass das schönste Stück der Platte ein angeschmutzter Boogie namens "Kick Drum Heart" ist, in dem sich die Stimmen schon auch mal überschlagen dürfen, passt da gut.