Es ist immer noch ziemlich leicht, The Killers furchtbar großkotzig, überkandidelt, vielleicht sogar arrogant zu finden. Denn auch auf ihrem dritten Album "Day & Age" legt es die Band aus Las Vegas immer noch mit jedem einzelnen Ton darauf an, die nächste große Stadionrocknummer zu werden. Gelingen soll dieses Unterfangen natürlich, ohne künstlerische Kompromisse einzugehen. Und Konformität soll um jeden Preis vermieden werden. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Das zeigt sich rein optisch, wenn man sich das schultergepolsterte und gefederte Paradiesvogel-Sakko ansieht, mit dem sich Sänger Brandon Flowers aktuell stets gerne präsentiert. Hinsichtlich der Songs auf "Day & Age" muss man dem Quartett allerdings zubilligen, dass ihnen der Spagat zwischen großspurigem Pop-Glamour und eigenwilligem Glam-Pop viel besser gelingt als auf dem Vorgänger "Sam's Town".
Zu Anfang hallt die damalige Absicht, ein bodenständiges Rock-Album der Marke Springsteen aufzunehmen, noch einmal weit entfernt nach. Denn in "Losing Touch" tauchen tatsächlich einige kernige Riffs und das einzig nennenswerte Rock-Gitarrensolo des Albums auf. The Killers scheinen aber richtig erkannt zu haben, dass ihnen im Zweifelsfall das Glitzer-Outfit besser steht als der Blaumann. Und so werden die Rockismen des Openers herrlich mit einem tief dröhnenden Tenor-Saxophon konterkariert, klingt "Losing Touch" im Endeffekt mehr nach Bowies "Absolute Beginners" als nach den Working-Class-Hymnen des Bosses.
Das darauf folgende "Human" trägt dann bereits voll und ganz die Handschrift von Produzent Stuart Price. Stets geschmackssicher im Umgang mit Versatzstücken aus Disco und 80er-Jahre-Pop, schneidert er dem Song ein denkbar einfaches, aber passendes Synthie-Gewand und unterlegt das ganze mit einem Disco-Fox-Rhythmus. Das Ergebnis ist ein ganz heißer Kandidat auf das "Peinlichstes Lieblingslied des Jahres". Für Menschen, die nicht in solchen Kategorien denken, ist "Human" schlicht ein ziemlich unwiderstehlicher Ohrwurm.
Aber die eigentliche Stärke von "Day & Age" besteht darin, dass es sich The Killers und Stuart Price nicht an allen Stellen so einfach machen. "Joy Ride" ist zurückgelehnter, New-Wave-Funk der Marke Franz Ferdinand, "This Is Your Life" hingegen wartet mit Männerchören und marschierendem Basslauf auf und erinnert an die Pop-Momente der Talking Heads. Dazwischen gibt es natürlich immer wieder pathetischen Glamrock, der in Synthie-Pop-Kitsch abzurutschen droht. Aber insgesamt lässt sich festhalten: The Killers haben sich für "Day & Age" die richtigen Bezugspunkte gesucht. Und werden den Spagat schaffen, die Stadien der Welt rocken, ohne als billige U2-Kopie zu enden.