Sobald erste Meldungen über ein in naher Zukunft erscheinendes neues Mars-Volta-Album in die Datennetze dieser Welt eingespeist werden, geht die Anzahl der Beiträge in Fan- und Musik-Foren exponential in die Höhe. Das unberechenbare Neo-Prog-Kollektiv um Cedric Bixler Zavala und Omar Rodriguez-Lopez gab schon seit ihrem ersten Longplayer "De-Loused In The Comatorium" (2003) eine gute Zielscheibe ab. So viel Kritiker- und Musiknerd-Elogen die Band auch bekommt - sie halten sich in etwa die Waage mit Verrissen und leidenschaftlichen Beschmähungen. Bei "Octahedron" wird dies nicht anders sein. ~ Constantin Aravanlis (teleschau) aufklappen »
Aber gerade das scheint die Truppe zu motivieren, immer exponiertere Tonträger zur generieren. Ging es in den ersten beiden Alben noch um die konzeptionelle Umsetzung tragischer Biografien enger Freunde, versuchten sie sich auf dem dritten Werk "Amputechture" (2006) an der Interpretation von Ketzerei, Dämonenverehrung und Intoleranz.
Der Nachfolger "The Bedlam In Goliath", in dem diabolische, surreale und parallel-weltliche Erlebnisse in und um den Mars-Volta-Kosmos mit einem Hexenbrett dargelegt wurden, setzte den Hörern den bisher thematisch mystischsten Brocken Information vor.
Umso spannender die Frage in welche Richtung sich nun das fünfte Prog-Happening "Octahedron" bewegt. Ums kurz zu machen: Auch dieses Mal gehen The Mars Volta ihren Weg unbeirrt weiter und machen wieder einmal das, was man wohl am wenigsten von ihnen erwarten würde. Sie nehmen eine entschlackte, ja fast schon akustisch klingende Platte auf, die sich lyrisch mit dem Verschwinden von Menschen und Gefühlen befasst. Die nach oben offene Experimentierfreude, die auf unzähligen Audio-Spuren konserviert wurde, und die unermüdlich Haken schlagenden Frickel-Arrangements, die zeitnah zwischen Art-Rock, Salsa, Punk, Jazz oder gar Metal unberechenbar variieren können, nehmen sich auf "Octahedron" ihre wohlverdiente Auszeit.
Natürlich wechseln The Mars Volta anno 2009 in ihren Songs immer noch genug Harmonien und Akkorde, das man sich damit wochenlang beschäftigen könnte. Doch der meist nüchterne Aufbau der acht Stücke und das allgegenwärtige Im-Zaum-Halten der spielerischen Energie machen aus "Octahedron" eine fast schon meditative Erfahrung. Einzig das unter vier Minuten gehaltene "Cotopaxi" prescht linear und ohne Vorwarnung aus den Startblöcken und zeigt, welch eine Bereicherung der Chili Peppers-Gitarrist John Frusciante im Bandgefüge war und ist. Gerne hilft er immer wieder bei Studioaufnahmen als Ideen- und Ratgeber aus. Besonders schön ist das im letzten Drittel des finalen Stücks "Luciforms" zu hören, dort darf - nach all der Disziplin - nach Herzenslust improvisiert und gejamt werden.
Egal, ob man The Mars Volta liebt oder hasst - man muss zugestehen, dass sie zu den spannendsten, kreativsten und produktivsten Bands im Rockgeschäft gehören.