Wie ich darüber hinwegkam: Das titelgebende Motto des neuen The-Roots-Albums darf man getrost wörtlich nehmen. Im Falle des Kollektivs um Drummer Ahmir "?uestlove" Thompson und Rapper Tarik "Black Thought" Trotter darf es sogar in mehrerer Hinsicht als zielführende Weisung verstanden werden. Die wichtigste Nachricht, die bezüglich "How I Got Over" in die Welt getragen werden sollte, ist aber, dass The Roots endlich wieder einen Schritt Richtung Zugänglichkeit machen - sowohl was die musikalische Ausrichtung angebelangt, aber auch die Art, wie hier die erneut sozialkritischen Themen behandelt werden. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Ein kurzer Blick zurück: Mit "Things Fall Apart" (1999) und der Single "You Got Me" (feat. Erykah Badu und Eve) gelingt der 1987 gegründeten Band der Durchbruch, drei Jahre später mit "The Seed 2.0" ein weltweiter Hit. The Roots spielen bei großen Rockfestivals, begeistern das Publikum als HipHop-Band mit organischem Sound, fast hippie-esken Liveshows, bei denen die Mitglieder der Band Sets für ausufernde Instrumental-Improvisationen nutzen. Es folgten drei Alben, die den dort neu gewonnenen Hörer womöglich etwas vor den Kopf stießen. Der Zugang zum fast schon hermetisch abgeriegelten und trostlosen Soundkosmos von The Roots fiel - trotz hervorragender Alben - etwas schwer.
"How I Got Over" hingegen ist in jeder Hinsicht ein Hoffnungsschimmer: Sicher, im Titeltrack klagt die Band einmal mehr die Rücksichtslosigkeit der Ellenbogengesellschaft an. The Roots ziehen aber hier den nicht versöhnlichen, aber doch aufmunternden Schluss: "Someone has to care." Sich kümmern, Verantwortung übernehmen: In ein ähnliches Horn stößt auch "Now Or Never", dass zu persönlichem Wandel zum Besseren aufruft, ungeachtet der Tatsache, dass die Welt sich womöglich zum Schlechteren wendet. Damit einher geht auch ein musikalisch versöhnlicherer Ton.
Schon der Opener "A Peace Of Light", in dem die drei Sängerinnen der Experimental-Rocker Dirty Projectors gastieren, stellt mit leichtem Acid-Jazz-Flair und deren engelhaftem Chorgesang ein Licht am Ende des Tunnels dar. Überhaupt erinnert vieles auf "How I Got Over" wieder an den verführerischen, durch Soul, Funk und Jazz geprägten Sound früherer Roots-Tage. In diesen jederzeit organischen Sound fügen sich auch Folk-Ikone Joanna Newsom ("Right On") und die Indie-Supergroup Monsters Of Folk ("Dear God V2.0") per Sample nahtlos ein. Kurzum: The Roots haben ihre dunklere Phase überwunden und machen eigentlich wieder alles richtig. Jetzt müsste die Welt nur endlich wieder auf sie hören.