Wer Richard Ashcroft und die wiedervereinigte Band The Verve bei einem der Sommerauftritte sah, dem fiel es vielleicht auf: Zumindest die Live-Aktivitäten schienen dem Briten nur mittelmäßig Spaß zu machen. Es war eine überschaubar spannende Recycling-Geschichte, die im Rahmen aller Erwartungen stattfand und in einem arg lustlos genölten "Bitter Sweet Symphony" gipfelte. Das Beruhigende: "Forth", das - man ahnt's - vierte Album von Richard Ashcroft und Band, hat damit nicht allzu viel zu tun. The Verve ruhen sich nicht auf irgendetwas aus. Sie versuchen auch nicht, das zu beenden, was sie mit "Urban Hymns" 1997 einläuteten, nämlich die Übernahme des Mainstreams, die Perfektion der Popballade. Stattdessen orientiert das Kreativduo Ashcroft / Nick McCabe sich, sieht man von einigen Ausnahmen ab, am Frühwerk. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
So baut bereits der Opener "Sit And Wonder" einen Spannungsbogen auf, der eher die immer schon vorhandene latente Liebe zum Muckertum betont als die Melodie. Das Schlagzeug Peter Salisburys, der den Originaldrummer Simon Tong ersetzt, ist es, das den Song prägt und in der Zeit ansiedelt, in der das Verve-Debüt "A Storm in Heaven" entstand (1993). Querverweise dorthin finden sich immer wieder, erkennbar bereits an der Länge der einzelnen Songs: Die fünf Minuten, die werden hier kaum unterschritten. So sind das frappierend an Jason Pierce und seine Spiritualized erinnernde "Valium Skies" und das sechsminütige "Judas" astreine Dreampop-Songs, auch das etwas kryptische "I See Houses" oder "Noise Epic" mit seinen acht Minuten könnte ohne Weiteres vor zwölf Jahren entstanden sein.
Den oft genug etwas penetranten Pop seiner Soloplatten scheint Ashcroft indes nicht durchgekriegt zu haben. Lediglich die Single "Love Is Noise" baut auf einem wirklich einfachen Schema auf - und ist deshalb vielleicht der prägnanteste, aber sicher nicht das stärkste Lied des Albums. Das findet sich ganz am Ende: "Appalachian Springs" schlägt einen Bogen zurück zum ersten Song und sagt vielleicht so einiges über diese Reunion aus: "I took a step to the left, i took a step to the right. I keep it together", singt Ashcroft hier. Man darf gespannt sein, ob das mit dem Together so klappt: Medienberichten zufolge ist die Stimmung zwischen Ashcroft und McCabe erneut auf dem Tiefpunkt.