Nun war die Hinwendung zum düsteren Pop der 80er-Jahre bei Tiger Lou, mit bürgerlichem Namen Rasmus Kellerman, schon immer systemimmanent. Auf "A Partial Print" gibt es eine Stelle, wo sie ungezügelt durchbricht: "The more you give, the less you have to carry", raunt er zu Beginn der Platte zu einem Schlagzeug, das Grüße aus der Gruft absendet. Anschließend schleppen sich die Gitarren wie weiland bei den Sisters Of Mercy in den zweiten Song. Zeitgeist, schon klar. Und auch eine böse Vorahnung. Denn die schönste Seite des Tiger Lou war schließlich immer die, die dem leicht elektrisierten und in seinem Pathos irgendwo zwischen A-ha, Muse und Radiohead verorteten Popsong verpflichtet war. ~ Jochen Overbeck (teleschau) aufklappen »
Wirft man einen Blick in die Linernotes, erkennt man, woher diese musikalische Tieferlegung kommt: Den finalen Mix erledigte der Amerikaner Sean Beavan, der in der Vergangenheit mit Nine Inch Nails und Marilyn Manson zusammenarbeitete. Handschrift, ick hör dir trapsen.
Doch sollte man sich nicht übermäßig sorgen. Tiger Lou führt den Hörer so früh zwar nicht unbedingt in die Irre, aber doch auf einen Nebenkriegsschauplatz. Schon der dritte Song "So Demure" packt andere Dinge aus, etwa die eklektische Gesangslinie und die bei Kellerman ja immer dazu gehörenden Computerbeats. Auch im weiteren Verlauf von "A Partial Print" bleibt der Schwede diesen Koordinaten treu, steigert sich aber: So ist "Odessa" ein erster Höhepunkt, der Atmosphäre mit flirrender Kirchenorgel generiert und durch das wirklich Herz zerreißende Schlagzeugspiel von Pontus Levahn eine Struktur gewinnt, die schon unheimlich dynamisch ist. "Trails Of Spirit" spielt ähnliche Trumpfkarten wie weiland "The Loyal", "Coalitions" zeigt Dynamik, und am Ende kommt's noch einmal ganz dicke: "A Partial Print" braucht knappe zehn Minuten. Mag man albern finden, funktioniert aber, nicht zuletzt, weil Streicherwände, flirrende Synthies und fast mathematisch strukturierte Loops dem Ganzen die notwendige Statik geben.