Keine Sorge, mit der Anlage ist alles in Ordnung. Das seltsam dünne Quietschen, das da aus den Boxen quillt, ist die klanggewordene Verzückung aus den Kehlen Tausender Mädchen, die kurz vor dem Beginn des Tokio-Hotel-Konzerts in Mailand stehen. Als schließlich nach eineinhalb Minuten die Musik einsetzt, ist man dafür richtig dankbar. Clever gemacht. Aber Tokio Hotel bemühen sich mit ihrer DVD "Humanoid City Live" tatsächlich, sich nicht länger als reines Teenie-Phänomen zu präsentieren, sondern als ernst zu nehmende Rockband. Das allerdings funktioniert nur bedingt. ~ Sabine Metzger (teleschau) aufklappen »
Schon wenn Frontmann Bill Kaulitz mit dem Opener das Publikum auffordert: "Make some noise", klingt seine eigene Stimme etwas zu schwachbrüstig, um ordentlich Lärm zu machen. Besonders deutlich wird das noch einmal bei dem Rührstück "Zoom Into Me", wobei da nicht nur die Stimme, sondern auch die Tonsicherheit eine Rolle spielt. Allerdings amüsiert das Stückchen durchaus, und zwar durch den vermutlich sinnfreisten Einsatz von Pyrotechnik der jüngeren Konzertgeschichte: Während Bill Kaulitz auf einem Barhocker balladiert, spielt sein Bruder Tom den ruhigen Pianopart - auf einem Klavier, das ganz gemütlich vor sich hinzubrennen beginnt.
Ansonsten aber beweist die Band durchaus Gespür für die große Geste und das richtige Maß an Theatralik, das vom Publikum auch gefordert wird. Wenn etwa Frontmann Bill zu "Phantom Rider" auf einem gigantischen Motorrad auf die Bühne kommt, sind die jungen Mädchen wieder einmal vor Begeisterung kaum zu halten. Und vielleicht reicht das ja. Für den Moment. Ob Tokio Hotel je den Absprung zum erwachseneren Publikum schaffen werden, bleibt auch nach "Humanoid" zweifelhaft.
Die DVD zeichnet sich durch ordentliche Technik aus: Zwar gibt es keine Surround-Version, doch die Bässe sind satt, es kracht und wummert ordentlich aus den Boxen. Auch das Bild kann sich sehen lassen: fein und scharf, dazu hervorragende Schwarzabstufungen - angesichts der schwarzen Lederkluft des Frontmanns auch bitter nötig. Die Extras sind zwar mit einer Galerie und einer Kurzdoku sparsam gehalten, aber durchaus sinnvoll und informativ.