24 Hours

Dass die Anbiederung an musikalische Trends nur bedingt funktioniert, zeigte sein letztes Album "Mr. Jones" aus dem Jahr 2002. Von Fugees-Kopf Wyclef Jean produziert, wagte Jones damals - wahrscheinlich vom Erfolg seines Comeback-Albums "Reload" animiert - Ausflüge in modernen R&B, HipHop und Dancehall. Und nicht nur seine Rap-Einlagen bewegten sich auf "Mr. Jones" am Rande der Peinlichkeit. Das Album floppte - und das völlig zu Recht. Dass er mit "24 Hours" jetzt versucht, an den Sound der 60er-Jahre anzuknüpfen, ist sicherlich die wesentlich weisere Entscheidung. Bezüglich des Erfolgs dürfte ihm die Tatsache hilfreich sein, dass der ihm ureigene Soul-Pop ganz nach dem Geschmack des derzeitigen Pop-Zeitgeists ist.

Und so klingt sein neues Album - sicherlich auch dank des englischen Produzentenduos Future Cut (Lily Allen, Estelle, Kate Nash) - wie eine frisch Botox-behandelte Neuauflage seiner größten Hits. Nachdem der "Tiger" sich und dem Hörer schon im Opener seine anhaltende Virilität versichert hat, gibt Jones zunächst auch in Songs wie "Feels Like Music" und der Single "If He Should Ever Leave You" den niemals alternden großen Soul- und Pop-Entertainer. Und auch wenn er keine "Sex Bomb" mehr sein will, als funky "Sugar Daddy" geht er tatsächlich auch mit 68 noch durch.

Das wirklich Bemerkenswerte an "24 Hours" sind aber die Zwischentöne, für die Jones teilweise erstmals selbst als Songwriter verantwortlich zeichnet. Im getragenen Slow-Motion-Funk von "The Road" entschuldigt er sich explizit bei seiner Frau: "I know I caused you pain / Left you shattered on the ground." Das gospelartige Springsteen-Cover "The Hitter" erzählt von den Niederschlägen des Lebens. Höhepunkt des Albums ist allerdings der abschließende düstere Trauermarsch "24 Hours", in dem Jones über den Tod und die Zeit, die ihm noch bleibt, räsoniert.

Insofern ist das Album auch in seiner Gesamtheit eine Ansage: Der "Tiger", sein Bühnen-Alter-Ego ist immer noch jederzeit sprungbereit, Tom Jones sich aber seines Alters bewusster denn je.