Die dreifache Grammygewinnerin Tracy Chapman gilt seit 1988 als folkinspiriertes Sprachrohr der Mittellosen, "Talkin' bout A Revolution" oder "Fast Car" sind die Hymnen der Unterdrückten und Elenden schlechthin. Seit Joan Baez kleidete keine Frau mehr ihre entrüstete Systemkritik in so schöne, leise Töne. Mit Chapmans Album "Our Bright Future" und einer Europatournee kehrt die Musikerin nun zurück auf die internationalen Bühnen. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Trostlosigkeit, finanzielle Probleme, Armut. Kurz: Die Kehrseite des schillernden American Dream waren stets die Themen dieser leisen Kämpferin. Und eigentlich stellt man sich Tracy Chapmans Kindheit in Cleveland/Ohio öde und traurig vor. Doch immerhin lernte sie als Kind Gitarre und Klavier spielen, schrieb Shortstorys und konnte dank eines Stipendiums Anthropologie und Amerikanistik bis zu ihrem Major-Abschluss studieren. Mit 23 Jahren bekam sie 1987 durch Beziehungen eines Studienkollegen einen Plattenvertrag und brachte beachtete, aber unverkäufliche Songs heraus.
Mit einem Donnerhall - genau gesagt mit dem Konzert zu Nelson Mandelas 70. Geburtstag im Sommer 1988 - kannte sie auf einmal die ganze Welt. Hunderte Millionen sahen und hörten sie "Talkin' Bout A Revolution" singen, die schüchterne junge Frau mit hochgezogenen Schultern, nur von ihrer Gitarre begleitet. Und alle Welt riss sich plötzlich um die Afroamerikanerin mit dem weißen Sound. 20 Jahre ist das nun her. Ihre typische sparsame Instrumentierung, die sanfte Gangart und eine gehörige Portion Kritik sind - trotz des Titels - weiterhin die Zutaten ihrer Lieder. "The First Person On Earth" malt sogar ein düsteres Weltuntergangsszenario und in "Save Us All" serviert sie dazu dezente Religionskritik.
Trotzdem klingt musikalisch immer mal wieder eine gemütliche Wärme wie ein knisterndes Kaminfeuer durch manche Songs. "Sing For You" mit der harmlosen "Doo doo doo doo"-Gesangslinie, dem sparsamen Klavier und der fast schon rockigen Bridge erhitzt erkaltete Winternasen. Auch das ironische "I Did It All" wirkt erstaunlich lässig, fröhlich und schwingt im Dreiertakt. Aber ansonsten findet sich leider kaum ein rechter Hit auf diesem trotzdem liebevoll komponierten und eingespielten Album. "Rück zur Seite, Norah, Tracy zeigt uns wieder mal, wie es geht", titelt die britische Zeitschrift "Record Collector", obwohl auch die Schreiber dort den Mangel an starken Melodien bemerken. Chapman aber weiß, wo ihre Stärken liegen und umschifft in der leicht blutleeren Produktion mit Joni-Mitchell-Mann Larry Klein sorgfältig und vorsichtig jede Art von Überraschung oder musikalischer Aufregung.