Wer bei Pizzen immer nur den knusprigen Rand isst, wird sich beim aktuellen Train-Album bestens aufgehoben fühlen. Die Band veröffentlicht mit "Save Me, San Francisco" ein Album, das nur an Anfang und Ende genießbar ist. Denn in der Mitte sitzt ein fetter Schmalzklops, garniert mit lahmen Lyrics, theatralischen Vocals und süßlichen Streichern. Die Band, allen voran Sänger Patrick Monahan, beherrscht zwar ihr Handwerk, doch das nutzt wenig, wenn das Rezept nicht stimmt. ~ Sabine Metzger (teleschau) aufklappen »
Der Einstieg wirkt mit "Save Me, San Francisco" noch eher trocken: Der Titeltrack ist eine solide, aber nicht besonders aufregende Country-Rock-Hymne an die Westküstenstadt. Die erste Single "Hey, Soul Sister", die in den deutschen Radios schon länger rauf- und runtergenudelt wurde (mit entsprechendem Chartserfolg), ein luftiges Stückchen Sommerpop, ist ebenso leicht verdaulich.
Wirklich interessant wird es aber mit "I Got You", das einem ähnlichen Konzept folgt wie Kid Rocks penetrantes "All Summer Long": Man nehme einen alten Südstaatenklassiker und mische ihn sorgfältig unter den eigenen Song. Da aber Train mit "Black Water" von den Doobie Brothers wesentlich feinere Zutaten verwenden und dem White-Trash-König in Sachen Songwriting einiges voraus haben, ist das Ergebnis diesmal wirklich gelungen.
Danach beginnt der unaufhaltsame Abstieg. In "Parachute" gibt's mit Lyrics, in denen die Angebetete natürlich einem Engel gleicht, schon einen ersten Vorgeschmack auf die kommende Trief-Attacke, obwohl sich die Streicher hier noch vornehm im Hintergrund halten. Doch schon "This Ain't Goodbye" verzichtet auf jegliches Feingefühl und schmalzt mit boybandwürdigen Backgroundgesängen und eben Violinen los, während sich Monahans Stimme in beinahe schon schmerzhafte Höhen schwingt. So bleibt es auch in den nächsten Songs, nur gelegentlich gewähren etwas knackigere Strophen kurze Erholung. Besonders hinterhältig ist "Words", das mit Gesang und Gitarre sehr schlicht beginnt, nur um in dem Moment, in dem sich erste Hoffnungen auf einen Rocksong breitmachen, schon wieder mit Streichern alles zunichtezumachen. Der Song gipfelt in einem derart ekstatischen Finale komplett mit Orchester und Gospelchor, dass man fast schon an Selbstironie glauben mag.
Wer nun aber von verschwenderischen Arrangements und süßlichen Melodien derart übersättigt ist, dass er "Breakfast in Bed" ablehnt, verpasst tatsächlich etwas. Mit einem ruhigen, aber hypnotischen Beat und zurückhaltendem Gesang, der zum Ende hin der Band die Bühne ganz überlässt, vollziehen Train eine sehr angenehme Kehrtwende gegenüber den vorangegangenen Tracks. Und versöhnen so sehr mit dem Album, dass das abschließende "Marry Me" mit gnädigen Augen betrachtet werden kann. Butterweich vielleicht, aber wenigstens keine Geige weit und breit. Darauf einen Magenbitter.