Sollte sich jemand nicht ganz im Klaren über die Bedeutung Neil Youngs für den amerikanischen Indie-Rock sein, dieses Album gäbe ein mustergültiges Lehrbeispiel ab. Zu nasalem Twang feiert ein flüchtiges Kollektiv, das auf den schönen Namen Unbunny hört, jene melancholische Americana-Variante, die sich fast bruchlos in den stets grenzautistischen Kodex der Independent-Nerds übertragen lässt. Ihr Album "Snow Tires" hat auf dem weiten Weg in die alte Welt schon einige Jahre auf den Buckel. Bereits 2004 erschien das fünfte Werk der Band aus Seattle in den USA und mit vierjähriger Verspätung sowie zwei Bonustracks im Gepäck nun auch hierzulande. ~ Jens Szameit (teleschau) aufklappen »
In chinesischen Restaurants, Kunsthäusern und Waschsalons konzertieren Unbunny dem Vernehmen nach bevorzugt. Und in diesen sonderbaren Venues gedeiht die kauzige, scheue Tristesse dieser Schattengewächse vermutlich am allerbesten. Hört man "Snow Tires", spürt man förmlich, wie die eingangs konzisen Indie-Perlen unter der Bürde des Weltschmerzes zerfließen. "FM" hantiert noch charmant mit einem Kinderchor, ehe ein traumverlorenes Geplänkel einsetzt. "Pink Lemonade" ist ein schleppendes Lamento, "Snow Tires" eine kraftlose Melancholie zur Akustikgitarre. Und so nisten sich Unbunny zusehends genügsamer im eigenen Elend ein, als versänke man willfährig in einer selbstmitleidigen Sumpflandschaft namens Indie-Pop.
Mit der ultimativen Selbstbezichtigung "X" endet die trist-glückselige Nabelschau: "I'm still a fraud / I'm still a fake / I'm self-absorbed / I don't talk straight / I'm full of shit / I'm full of lies / I can't be trusted", und so geht das noch eine Weile weiter. Doch so wie die wundervollen "Casserole", "Nothing Comes To Rest" und das erwärmende "I Leave Stones Unturned" die schönsten Sentimente von Grandaddy und Built To Spill verquicken, wird man jäh gewahr, dass die zugehörigen Referenzplatten auch schon zehn Jahre oder älter sind. Gäbe es die heimlichen Unbunny tatsächlich nicht schon selbst so lange, man müsste dies eine sehr junge Form von Retro nennen.