"Inception", der raffinierte Psycho- und Traum-Thriller von Christopher Nolan, lässt derzeit die Menschen darüber diskutieren, in wie weit es realistisch ist, dass sich Spione in die Träume der Menschheit hacken. In wie weit man den Faden verliert, wenn man Leonardo DiCaprio als Teamleiter Cobb von Traumebene zwei zu Ebene drei switcht. Dass sich Nolan für seinen Soundtrack für Hans Zimmer entschied, mag eine Hilfe dabei sein, sich nicht zu verlieren - denn dessen Musik wummert professionell und stereotyp durch die Traumebenen hindurch. ~ Kati Hofacker (teleschau) aufklappen »
Bereits bei "Batman Begins" und "The Dark Knight" arbeiteten Nolan and Zimmer zusammen, Nolan weiß also, was er an Zimmer hat. Dunkle, wummernde, tiefe Töne, die jede Art von Emotionalität oder gar Femininität schnell im Keim ersticken, bieten die Basis. Nolan und der Kinogänger bekommen Massenware von der Stange, die aber brav ihren Dienst tut. Egal, ob sich Zimmer sich für "Dream Is Collapsing" mit Bruckner'schen Auflösungen, wummerndem Komplettorchester und Glockenschlägen dem Klischee alles Üblen und Bösen hingibt, oder ob er für seine Traumwelten die Harmonik Richtung Ganztonleitern à la Debussy auflöst. Ob er zu traurige Themen, filmisch wie musikalisch, in herzerreißendem Moll auskleidet ("Waiting For A Train"): Das alles hat er selbst schon früher schon gemacht. Trotzdem passt der Score hervorragend zum Film, ist omnipräsent und kaum von der Handlung zu trennen.
Tiefe Pauken begleiten die nach oben wandernden Zwölfton-Akkorde der kleinen Streicher ("529841"), die - wie immer, wenn es disharmonisch wird - Bedrohung darstellen. Melancholie trägt das Cello ("Paradox"), und wenn ein Track "Mombasa" heißt, dann ballern natürlich afrikanisch angehauchte, jedoch elektronisierte Trommeln. "Mein Ziel für diesen Score war es, eine komplette akustische Welt zu erschaffen, in die das Publikum eintauchen kann. Große Klangwellen, die die verschiedenen Traumebenen miteinander verbinden und trotzdem einen simplen emotionalen roten Faden bieten." Diesen jedoch sucht man vergeblich, erst im letzten Track, "Time", kommt so etwas wie eine Melodie auf. Dafür ist jene aber besonders schön und wurde zwei Tracks vorher, am Ende des über neunminütigen "Waiting For A Train" schon einmal kurz vorgestellt. Tief, melodisch, tragisch. Das Stück entpuppt sich sowieso als kleine Wundertüte, denn auch das Thema aus "Dream Is Collapsing", das man dann dort erst als wiederkehrendes Thema erkennt, aber auch Edith Piafs "Je ne regrette rien" werden dort aus dem Hut gezaubert. Zimmer hat gute, versierte und routinierte Arbeit geleistet, ob man den Score aber als CD besitzen muss, ist fraglich.