Was hätte wohl noch alles vom Elektronik-Musiker Wolfgang Riechmann aus Düsseldorf kommen können, wäre er nicht kurz vor Erscheinen dieses Albums im Jahr 1978 erstochen worden? Nur drei Wochen vor Veröffentlichung der LP wurde Riechmann in der Düsseldorfer Altstadt Opfer eine Messerattacke. Ein Betrunkener stach ihm in die Brust, angeblich im Ärger über den Wirt seiner Stammkneipe. Somit blieb "Wunderbar" die einzige Veröffentlichung unter Riechmanns eigenem Namen, die das kleine Label Bureau B nun - zusammen mit einer ganzen Reihe alter und teilweise verschollener deutscher Elektronik-Platten - wiederveröffentlicht. ~ Klaas Tigchelaar (teleschau) aufklappen »
Klanglich bewegt sich "Wunderbar" natürlich astrein im Kosmos der Synthesizer-Anfangstage. Als die elektronischen Klangerzeuger in ihrer Gestalt noch riesig und in der Soundausbeute winzig waren, dafür aber unnachahmlich warm klangen. Es flirren die erwartbaren weichen Teppiche zu fiependen Leadsounds, der Takt oft nur von einem dumpfen Klopfen im Hintergrund herangetragen. Sechs lange und - wie man heute wohl sagen würde - sphärische Geräusch-Meditationen mit betörenden Sequencer-Einstellungen und äußerst minimalistischen Schlagzeugfiguren. Hin und wieder darf in der Ferne eine Stimme mitsummen, ansonsten herrschen die Urahnen der Synthesizer. Das klingt auf eine spannende Art antiquiert, hängt zeitweilig stark der wesentlich berühmteren Berliner Schule nach (Tangerine Dream) und eckt gefühlvoll bei den Düsseldorfern von Neu! und Kraftwerk an - mit Michael Rother von Neu! und Wolfgang Flür von Kraftwerk war Riechmann musikalisch ja zuvor auch aktiv.
Was vor 30 Jahren wahrscheinlich geheimnisvoll und modern klang, wirkt heute angenehm abstrakt, hat aber diese interessante und immer kuschelig anmutende Eigenständigkeit, die schon beim ersten Ton eine klare Einordnung der Entstehungszeit möglich macht. Und die Songs kommen langsam das Alter, in dem sie nun plötzlich eine gewisse altertümliche Faszination hervorrufen. Riechmanns "Wunderbar" passt da perfekt rein und sollte bei gewissenhaften Krautrock- oder Antik-Elektro-Fans nicht in der Sammlung fehlen.