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Verblüffende Zufriedenheit


Das Berliner Duo 2raumwohnung veröffentlicht "Lasso"

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Verblüffende Zufriedenheit

Das Berliner Duo 2raumwohnung veröffentlicht "Lasso"

31.07.2009 Tommi Eckart erzählt, dass Iggy Pop kürzlich ein Jazzalbum aufgenommen hat. Eins, das weder er noch Inga Humpe schon gehört haben. "Komm, das kaufen wir morgen", sagt daraufhin Inga und man kommt sich vor, als säße man rein zufällig bei einem privaten Gespräch. Sie sind ein schönes Paar, wie sie da am Holztisch einer Berliner Strandbar sitzen, wirken zeitlos. Inga Humpe sogar alterslos. Tommi Eckart und sie sind seit neun Jahren Arbeitspartner bei 2raumwohnung und noch länger ein Paar. Man hat den Eindruck, dass das Berliner Elektro-Pop-Duo zusammen harmoniert. Wenn sie über ihre Anfänge und das neue Album "Lasso" sprechen, lässt sich erahnen, warum das Duo funktioniert.

Neue Lieder scheint Ihr traumwandlerisch zu kreieren. Aber wie findet Ihr den Albumtitel dazu?

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Inga Humpe: Wir haben uns hingefühlt: "Der letzte Abend auf der Welt" erschien uns zu dramatisch, "Überall rein" zu anzüglich und aggressiv. "Lasso" ist ein Begriff, den jedes Kind kennt. Wir wollen die Leute einfangen und mitnehmen. Dazu kommt die zweite Bedeutung "Lass so, wie es ist", sieh's mal locker.

Lass es so, wie es ist, bleib locker: Wie verhält sich das bei Euch, wer gibt bei Entscheidungen eher nach?

Humpe: Das kann man so nicht sagen, Tommi tut immer so soft, aber (zeigt lachend einen Vogel) ...

Tommi Eckart: Musikalische Ideen kann man nicht durchsetzen, indem man stur darauf beharrt. Und wenn man schon den Ersten nicht überzeugen kann ...

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Humpe: Wenn er sagt "Tut mir leid, das hört sich nicht so an, wie du denkst", dann stimmt das.

Seid Ihr demnach tatsächlich mit allen bisherigen Songs aus neun Jahren zufrieden?

Humpe: Doch, das ist so. Könnte ich besser programmieren und wäre Tommi Sänger, gäbe es vielleicht mehr Komplikationen bei uns, so aber sind wir aufeinander angewiesen. Es geht um Vertrauen. Ich bin ja letztlich dankbar, dass er mir sagt, wie meine Worte für ihn klingen.

Eckart: Dazu kommt: Keiner von uns hat den Anspruch, dass unsere Musik perfekt ist, sie ist von Menschen gemacht. Ich denke auch mal ein Jahr später: Hu, da haben wir aber ganz schön auf den Karton gehauen. Das würde ich heute vielleicht nicht mehr machen. "Lasso" sollte ein ruhiges Album werden, dann beschloss Inga: "Keine Impulskontrolle". Also ließen wir uns vom ursprünglichen Konzept nichts verbieten und das Album wie einen Baum wachsen. Wir sind eben Jäger und Sammler.

Viele Eurer Songs entstehen in Kooperationen mit anderen. Die Spannendste ist die mit Annette Humpe. Dabei wolltest Du mit Deiner Schwester doch erst mit 65 eine Band gründen.

Humpe: Es ist ja keine Band. Als sich das Rädchen bei "Und ich dreh" noch nicht drehte, hatte Annette eine gute Idee für den Song, die wir aufgenommen haben. Das ist viel schöner, wenn Zusammenarbeit ohne großen Überbau passiert, von wegen "Achtung, die beiden machen ein Album". Dann hat man ja schon keine Lust mehr. Vielleicht machten wir das instinktiv, um zu sehen, ob es funktioniert. Und das hat es, nicht nur mit uns sondern zu dritt.

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Tommi und Du, Ihr lebt seit 15 Jahren zusammen, arbeitet zusammen. Was macht Ihr, wenn Ihr streitet und öffentlich auftreten müsst?

Humpe: Ich bin früher mit meiner alten Band verstritten auf die Bühne gegangen, das geht heute gar nicht mehr. Egal, was ist, vor dem Auftritt musst du dich zurücknehmen, vor dem Auftritt scheiß ich auch niemanden an. Das kannst du alles hinterher diskutieren.

Eckart: Denn das nimmt dir nur Energie weg. Auch wenn es keiner merken würde, ist uns das wichtig. Wir stehen hinter der Bühne, machen ein indianisches Verbindungsritual. Die Herzen müssen beim Auftritt offen sein.

Das bedeutet, die gute Atmosphäre, die Eure Lieder ausstrahlen, ist live also immer echt?

Humpe: Ja. Das ist so.

Ich würde gerne mal einen Blick zurückwerfen: Was war bei Dir, Inga, eigentlich vor 2000?

Humpe: "Planet Oz", mein letztes Soloalbum, erschien glaube ich um 1990 rum, fünf Jahre später kam dann mein Debüt mit Bamby heraus, einem englischen Techno-Pop-Projekt, seinerzeit von meiner Schwester produziert. Danach habe ich mich ein paar Jahre mit der Plattenfirma gestritten. Ich war so wütend und beleidigt, eine furchtbar schwierige Zeit.

Verging Dir da nicht die Lust auf Musik?

Humpe: Nein, eben gerade nicht. Ich war motiviert. Es war wichtig, dass ich in dieser Zeit weitergearbeitet habe, wenn auch ohne zu veröffentlichen.

Hattest Du damals schon Deine heute geltende Maxime, keine negativen Lieder herauszubringen?

Humpe: Ja. Ich finde, es gibt so viel Zorn in der Welt, das muss man nicht noch schüren.

Vor drei Jahren verbrannte Inga für die Band so viel Energie, dass es nicht mehr gut tat. Könnt Ihr inzwischen rechtzeitig Stopp sagen?

Eckart: Konzerte sind wirklich total schön, sie kosten aber auch Energie, und am Montag sitzt du dann wieder über E-Mails und am Telefon. Ich kenne bei mir solche Schübe, in denen geht die ganze Lebensfreude auf Null runter, wie ein Ball, der auf den Boden klatscht: Peng! Sie kommt dann auch zurück, aber manchmal ist das wie eine kleine Depression.

Humpe: Ich habe aus diesem Jahr ohne freies Wochenende gelernt, auch wenn ich damals nicht bemerkte, dass ich eine Grenze überschritten und an meinem Burn-out vorbeigeschlittert bin. Es war toll, und ich dachte: ja, weiter, weiter - doch ich war wie eine Straßenbahn, die nicht mehr in der Schiene fährt, sondern irgendwo herumholpert. Jetzt habe ich Antennen entwickelt, die mich warnen. Wir machen Pausen, kommen zum Beispiel gerade aus den Bergen, waren drei Tage wandern.

Ist Dir private Zeit wertvoller geworden als vor ein paar Jahren?

Humpe: Oh ja, Entspannung, Privatleben hat mich vor ein paar Jahren überhaupt nicht interessiert. "Wer braucht das denn", dachte ich. Ich habe nur verwertet, fand alles langweilig, bei dem es nicht um Musik ging. Aber man lernt durch Übertreibung. Vor der Erfahrung kann einen keiner bewahren. Hör Dir den Song "Rette mich später" dazu an. Aber, da ich das noch lange machen möchte - und ich möchte das gerne noch lange machen (abwartender Blick zu Tommy, Lachen) ...

Nächstes Jahr gibt es 2raumwohnung zehn Jahre. Das war nicht zu erwarten, als es losging, oder?

Eckart: Vor 2raumwohnung standen wir für Techno, haben also sämtliche Regeln gebrochen, als wir plötzlich mit den schrammelnden Uptempo-Nummern ankamen ...

Humpe: ... für die wir schon 1997 auf Lanzarote angefangen haben zu arbeiten. Damals entstanden die ersten Songs wie "Ich und Elaine".

Eckart: Allerdings, da haben wir gestritten ...

Humpe: ... weil ich so hoch gesungen habe.

Eckart: Ich fand das so einen durchgeknallten Song (schlägt die Hand vor die Augen), die totale Fehlentscheidung. Den kann kein Mensch aushalten, dachte ich mir. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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