"Ich strebe nach künstlerischer Hochklassigkeit"

Anna Maria Kaufmann über ihre Rolle als "Musical Diva"

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"Ich strebe nach künstlerischer Hochklassigkeit"

Anna Maria Kaufmann über ihre Rolle als "Musical Diva"

26.12.2008 Musical-Fans kennen sie seitdem sie die Hauptrolle in Andrew Lloyd Webbers "Das Phantom der Oper" spielte, Opern-Fans schätzen sie als hervorragende Sopranistin. Und selbst Fußball-Fans ist der Name Anna Maria Kaufmann geläufig, so oft wie kanadisch-deutsche Sängerin schon die Nationalhymne bei Länderspielen sang. Im kommenden Jahr begeht die vielfach gefeierte Sopranistin ihr 20-jähriges Bühnenjubiläum und geht mit ihrem kürzlich veröffentlichten Musical-Album "Musical Diva" auf große Tour.

Ihre CD heißt "Musical Diva". Sehen Sie sich selbst als Diva?

Anna Maria Kaufmann: Es ist ein ironischer Touch dabei. Ich bin ein sehr bodenständiger, normaler Mensch, vielleicht habe ich aber ein ganz klein wenig die Aura, weil ich mehr von der Klassik komme. Wenn schon, dann sehe ich mich im positiven Sinne als Diva und nicht als abgehobene Künstlerin. Ich strebe nach künstlerischer Hochklassigkeit. Es gibt Opern-, Soul- und jetzt Musical-Divas.

Laut einer Studie der Musikwirtschaft war das Musical 2007 die beliebteste Veranstaltungsform.

Anna Maria Kaufmann: Darüber habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht, aber das ist natürlich schön.

Wie erklären Sie sich das?

Anna Maria Kaufmann: Sicher hat es damit zu tun, dass es nicht nur eine Show mit Tanz und toller Musik ist, sondern mit einer Story. Alle großen Komponisten haben immer versucht, Geschichten zu erzählen - ob Verdi, Puccini oder Mozart. Das waren auch kontroverse Geschichten, die teilweise kritisiert wurden, aber die die Massen bis heute lieben. Von der Oper über die Operette bis zum Musical hat sich diese Entwicklung eigentlich fortgesetzt.

Es gibt heute fast kein Thema, das nicht zum Musicalstoff verarbeitet wird. Was halten Sie davon?

Anna Maria Kaufmann: Es ist ein Weg, eine Geschichte auf die Bühne zu bringen und viele Menschen zu erreichen. Ich finde die Geschichte, die in "Across the Universe" mit Beatles-Songs erzählt wird, zum Beispiel sehr spannend, weshalb ich auch Musik davon auf meiner CD singe. Für die habe ich bewusst auf Klassiker wie "Cabaret" oder "Chicago" verzichtet, die ich ja früher auch gesungen habe, und lieber aktuelles Repertoire aus "Mamma Mia!" oder dem Udo Jürgens-Musical "Ich war noch niemals in New York" ausgewählt. Ich wollte die modernen Stücke, weil ich die schön finde. Der grandiose Michael Kunze hat für mich beispielsweise den Song "Verlass mich nie" auf Deutsch getextet. Es handelt sich um ein Lied, das Madonna im Film "Evita" sang, das aber nicht im Musical "Evita" vorkommt.

Michael Kunze hatte schon "Das Phantom der Oper" übersetzt, mit dem Ihre Karriere vor 20 Jahren begann. Warum haben Sie mit der CD sich selbst und diesem Jubiläum Tribut gezollt?

Anna Maria Kaufmann: Zum Jubiläum wird es im nächsten Jahr eine Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz geben. Die CD widme ich der großartigen Zeit, die ich damals als total Unbekannte erlebte. Ich hatte Musik, Gesang und Tanz studiert, hatte aber nur einzelne kleinere Engagements. Dann ging mein Traum in Erfüllung, als ich nach dem Vorsingen die Rolle in "Phantom der Oper" bekam - und dann noch neben Peter Hofmann, dem weltberühmten Star. Ich wurde quasi über Nacht bekannt, so ähnlich wie Paul Potts heute, jedenfalls in Deutschland. Ich wollte eigentlich mit Peter Hofmann ein Duett auf der CD singen, aber er ist leider zu krank. Mit einem anderen Kollegen, Deutschlands Musicalstar Uwe Krüger, hat es geklappt.

Hatten Sie nie die Idee, sich in der Popmusik zu versuchen?

Anna Maria Kaufmann: Ich bin in Kanada mit Pop und Countryrock aufgewachsen, doch als ich nach Deutschland kam und studierte, war mein Traum die Oper. Da ich sehr vielseitig bin, passte ich jedoch ebenso in klassische Musicals wie "Phantom der Oper", Oper und auch Crossover Pop. Durch meine klassische Ausbildung kann ich meine Stimme sehr wandeln.

Traditionelle Opernfreunde sind nicht glücklich, wenn Klassik verpoppt wird. Wie sehen Sie das?

Anna Maria Kaufmann: Ich habe großen Respekt für die Klassik und ich finde nicht, dass man unbedingt etwas verpoppen muss. Doch selbst die großen Klassikstars von Domingo bis Pavarotti gehen in den Crossover-Bereich. Auch Bernstein hatte keine Scheu, er komponierte Musicals und er war der erste Dirigent, der Mahler wiederbelebt hat. Es gibt eben Menschen, die vielseitig begabt sind. Wichtig ist, dass man auf der Bühne die Leistung bringt, die die Rolle erfordert und dass man sich treu bleibt.

Viele Fußballfans kennen Sie als Sängerin der Nationalhymne vor Länderspielen. Sie sind quasi die deutsche Pionierin auf dem Gebiet!

Anna Maria Kaufmann: Es war immer mein Kindheitstraum, die Nationalhymne zu singen. In Kanada ist es bei Sportwettkämpfen und offiziellen Veranstaltungen üblich, dass berühmte Sänger und Sängerinnen die Hymne vortragen. 1994 gab es ein Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Kanada und Deutschland in Toronto und ich bekam die Möglichkeit, beide Hymnen singen zu dürfen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die deutsche Hymne nicht mit Text gesungen. Der DFB war jedoch einverstanden, und so habe ich voller Stolz vor dem Länderspiel die beide Hymnen a capella gesungen. Bei der Europameisterschaft 1996 in London und bei der Weltmeisterschaft 2002 in Südkorea durfte ich ebenfalls auftreten.

Hätten Sie gern mal zusammen mit der Nationalmannschaft gesungen?

Anna Maria Kaufmann: Wenn sie mich fragen würden, vielleicht. Aber ich schaue lieber zu, wenn sie Fußball spielen, als sie singen zu hören. ~ Thomas Lietz (teleschau)

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