Anthony Hamilton ist ein Soulsänger der alten Schule. Seine stilistischen Referenzpunkte sind Soulbarden der 60er- und 70er-Jahre wie Sam Cooke, Curtis Mayfield oder Al Green. Mit seinem dritten Album "The Point Of It All" legt der frühere Friseur eine Scheibe vor, die zeitloser nicht sein kann. ~ Daniel Heim (teleschau) aufklappen »
Anthony Hamiltons Gesang ist gospelnah, kräftig in den tiefen Stimmlagen und zerbrechlich-dünn, wenn er sich den hohen Oktaven nähert. Seine Stimme ist komplett und so nah an den musikalischen Idolen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung dran, dass das Prädikat "retro" nicht gelten kann. Natürlich liegt dieser klassische Zugang vor allem an den von James Poyser und Kelvin Wooten geschriebenen Arrangements. "News" etwa, mit seinen hinterher hinkenden Pianoanschlägen und dem willkürlich gesetzt wirkenden Bass steckt knöcheltief in den Siebzigern und könnte problemlos in einen Blaxploitaion-Soundtrack eingefügt werden, auch im Nachhinein. Mit "The Day We Met" stellen die Produzenten und der Sänger, dank des schlicht eingespielten Schlagzeugs und des gesampleten Pianos den Bezug zu HipHop her.
Der Großteil der Kompositionen lehnt sich aber an Spielarten der Vergangenheit an, ohne sie zu kopieren: Memphis Soul, Detroit Soul, Motown oder Southern Soul. "Praying For You (Superman)" vermengt Country-Elemente mit Gospel-Gesang, bevor es sich zu einem astreinen Blues verlangsamt. "The Point Of It All" ist eine wunderbare Platte, die an die Tradition der Klassiker anknüpft, die die Grundlage für den HipHop von heute noch immer maßgeblich prägen.