Bootsy Collins

"James Brown war wie ein Vater für mich"


Bootsy Collins veröffentlicht "Tha Funk Capital Of The World"

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"James Brown war wie ein Vater für mich"

Bootsy Collins veröffentlicht "Tha Funk Capital Of The World"

22.04.2011 Bunt ist seine Lieblingsfarbe. Das liebste Material die Paillette. Sein Hut ist pink, knallpink, einige Sterne prangen auf dem glitzernden Stoff. Bootsy Collins hat einen pendelnden Gang, und es muss ein lustiges Bild gewesen sein, als der Bassist, einer der letzten verbleibenden Funkgötter durch Berlins leere Straßen lief. Wegen der NATO-Außenministerkonferenz waren die Straßen weiträumig gesperrt und auch der in Schale geworfene Weltstar aus Ohio kam nicht weiter. Außer zu Fuß. So schlurfte er ins Hotel, machte sich kurz frisch und kam nach einigen Minuten die Wendeltreppe seiner Suite herunter. Willkommen in der wundersamen Welt von Bootsy Collins, der seinem neuen Album ganz ungeniert den Titel "Tha Funk Capital Of The World" gibt.

Sein Hemd ist zwar dunkelblau, aber auch da verirrten sich viele bunte Farben hinein, seine Hose ist weit und voller Schnallen. Er lächelt und überträgt ein positives, angenehmes Gefühl auf andere. Denn es ist ein erfreutes Lachen, gefolgt von einem "Hey!", das sich zur Begrüßung lange durch den Raum zieht, als hätte Bootsy Collins Jahre auf diesen Moment gewartet.

Bootsy Collins - D

Er ist heute sehr früh aufgestanden, der Nagellack musste ja auch noch trocknen. Und wer konnte ahnen, dass er in sein Hotel zurücklaufen musste. "Nein, ich stehe nicht gerne so früh auf", erklärt er in einem freundlichen Tonfall, als würde er zwei Stück Zucker in seinen Kaffee ordern. Er erzählt davon, dass die Straße sein Feind sei.

Warum? Nun, eine Tournee etwa sei anstrengend - und das nicht wegen der Auftritte: "Da gibt es so viele unangenehme Seiten: Ist das Hotel fertig? Nein, ist es nicht. Also hängst du noch drei Stunden herum. Dann ist der Flieger zu spät. Diese unerwarteten Dinge machen wenig Spaß. Wenn das fluppen würde", er schnalzt mehrfach mit den Fingern und lacht, "dann wäre das in Ordnung."

In der "Hauptstadt des Funk" läuft der Verkehr da schon runder. Kein Wunder, denn jene ist niemand anders als Collins selbst. "Ich habe mich erinnert, wo ich herkomme, was mich ausmacht", sagt der Mann, der sich auf dem Zweiersofa so breit macht, dass er es eigentlich komplett ausfüllt über den Titel seines Albums. "Ich gebe, was ich in mir trage. Und ich spüre die Hauptstadt des Funk in mir drin. Überall wo ich hingehe, habe ich das dabei. Ich habe mir all die Nuancen in mir angeschaut und überlegt: Wie nenne ich dieses Paket? Funk Capitol!" Er hebt den Daumen - und grinst.

Wie er so dasitzt, drängt sich die Frage auf, ob er einen Bootsy für die Bühne erfunden hat. Gibt es neben dem schillernden Musiker noch einen anderen, normaleren William Collins, wie der beinahe 60-Jährige eigentlich heißt? Die Frage ignoriert er, er kann wohl nichts Ungewöhnliches daran finden, dass er hier auf dem Sofa mit einer goldenen Sonnenbrille sitzt, die den Blick auf seine Augen versperrt. Auf der Gesamtfläche der Gläser prangen zwei Sterne, ganz ähnlich wie auf dem Albumcover.

Bootsy Collins - L

Lieber redet der Funk-Großmeister da schon über sein großes Vorbild: James Brown. Ein Thema, bei dem er förmlich aufblüht. 1968 gründete Collins mit seinem Bruder Phelps - Spitzname "Catfish" - die Funkband The Pacemakers. "Wir waren die jungen Wilden aus Ohio", lacht er. Ihr Rhythmusgefühl habe ihnen damals einen ganz guten Ruf eingebracht - den James Brown zwei Jahre später erhörte. Denn er war auf der Suche nach neuen Mitmusikern, da seine Bandmitglieder dem "Godfather Of Soul" aufgrund finanzieller Streitigkeiten die Gefolgschaft gekündigt hatten.

"Wenn wir hörten, James Brown kommt in die Stadt, haben wir uns hingesetzt und gewartet und gewartet, bis es so weit war. Und über die Plattenfirma landete ich bei James Brown", erzählt Collins. Er empfand "Unmengen an Respekt und Bewunderung". Mehr noch: "Er war der Superheld!"

Und einmal in Fahrt, plaudert Collins aus dem Nähkästchen: "James Brown war wie ein Vater für mich, und ich wollte für ihn der Beste sein, das aus mir rausholen, was ich kann. Er tat mir sehr gut, besonders weil ich von Haus aus keinen Vater hatte. Dieser Mann hat mich eine Menge Disziplin gelehrt, denn ich war jung und machte eine Menge Dummheiten. Er war streng im Umgang mit anderen, ein strukturierter Mensch. Für mich war das genau richtig."

Nun schließt sich der Kreis zum Anfang doch noch. Denn das zweite musikalische Thema ist seine eigene, die Rubber Band, die es seit Mitte der Siebziger gab und die eigentlich aufgelöst war. Doch: "Ich habe bei diesem Album alte Bandmitglieder geholt, aber auch neue. Die Frage war, ob ich die Band vermisse: Was ich nicht vermisse, ist der Kopfschmerzpart. Das ist das Gleiche wie die Dinge, die ich vorhin über das Touren gesagt habe. Wenn es nur um das gemeinsame Auftreten geht: Ja, wunderbar, ja, ich vermisse das. Aber Rausgehen und Musik machen ist nur ein Teil des Ganzen. Höchstens 25 Prozent. Dieses Rumgehänge und Gewarte dazwischen drückt dem schönen Teil die Luft ab."

Nun gut, bei all dem Stress: Wie wäre es mit der Rente, Mister Collins? "So richtig komplett wird das nicht funktionieren, denn die Musik wird immer ein Teil von mir bleiben. Ich engagiere mich gern anderweitig. Wir unterrichten in einer Schule Bass, damit die Kids sehen, dass es cool ist, mit anderen zusammenzuarbeiten. Das hat sich verloren seit meiner Zeit, die Kids wollen heute lieber alleine an ihrem Computer rumdaddeln. Ich möchte das Gefühl wieder ein bisschen populärer machen, zusammen in einer Band zu spielen, miteinander zu sprechen."

Man solle bitte nicht vergessen, seine Stiftung zu erwähnen, mischt sich seine Frau und Managerin Patti Collins schließlich ein. Natürlich nicht, ist schließlich eine gute Sache, dass jedes Kind sein eigenes Instrument bekommen soll und Bootsy Collins dafür mit seinem guten Namen steht. Und woher sein Lachen auch rührt, weiß man nach dem Ende des Gesprächs immer noch nicht genau. Aber es macht gute Laune. Er ist ein freundlicher und putziger Mensch, diese "Hauptstadt des Funk". ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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