Irgendwie ist man ja schon fast froh: Britney Spears scheint wohl aus dem Gröbsten raus zu sein. Nach desaströsen öffentlichen Auftritten, Drogengerüchten, einem Fahrerflucht-Prozess und dem Sorgerechtsstreit mit Ex-Ehemann Kevin Federline konnte man die Sängerin ja eigentlich nur noch bemitleiden. Jetzt lässt sie in Interviews wissen, dass ihre Ehe ein Fehler war. Dass sie inzwischen gesünder lebt als jemals zuvor. Und dass sie sich wünscht, dass ihre Söhne Sean Preston und Jayden James eine normale Kindheit durchleben. Ist Britney vielleicht wirklich auf dem Weg der Besserung? Ihr Album "Circus" lässt diesen Schluss musikalisch nicht zu. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Ihr letztes Werk "Blackout", das erst vor gut einem Jahr veröffentlicht wurde, lebte ja vor allem von seinem Überraschungseffekt. Nach all den Skandalen hätte kaum noch jemand erwartet, dass Britney tatsächlich noch Musik macht. Oder besser: Musik mit sich machen lässt. Und die zahlreichen Auszeichnungen, mit denen MTV den tief gefallenen Superstar kürzlich überhäufte, sind eigentlich auch nur durch die allgemeine Verwunderung erklärbar. Oder als verspäteter Dank zu interpretieren, schließlich hat auch der Musiksender vom Leben und Leiden Britneys stets mehr als profitiert.
Dass nun mit "Circus" bereits das nächste Album ohne jegliche musikalische Substanz erscheint, ist aber sicher nicht ihre Schuld. Beim Hören beschleicht einen eher der Verdacht, dass ihre Plattenfirma mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, das immer noch marktfähige Produkt Britney weiterhin an den kaufkräftigen Mann und ohnmachtsfähigen Teenager zu bringen. Verstärkt wird dies noch durch die Cover-Optik, die eindeutig an vergangene Zeiten als unschuldige und mädchenhafte Pop-Prinzessin erinnern soll.
Dass sich nicht nur professionelle Pop-Songwriter, sondern zunehmend auch ernst zu nehmende HipHop- und R&B-Künstler am Dance-Trash-Chic der 90er-Jahre bedienen, sei dem Album noch zu Gute gehalten. Was die Produzenten auf "Circus" an Beats und Melodien zur Verfügung stellen, ist aber denkbar einfache Massenware. Die heulenden Synthies und der Bumm-Tschak-Rhythmus der Single "Womanizer" gehen noch in Ordnung, spätestens nach drei Songs sind jegliche Unterscheidungsmerkmale verschwunden. Einzig Britneys Gesang erinnert ab und an noch daran, wessen Album hier eigentlich zu hören ist - verschwindet aber allzu oft hinter diversen Stimmeffekten.
Insofern ist der Privatperson Britney nur zu wünschen, dass sie tatsächlich wieder zu einer - bei ihrer Vergangenheit wie auch immer gearteten - gewissen Normalität zurückfindet. Und sie sich dann wieder eingehend mit ihrer Musikkarriere beschäftigt. Denn nach "Circus" kann es auch damit eigentlich nur besser werden.