Christopher Cross

Musik mit Klingglöckchen-Garantie


Welche Weihnachts-CDs der Saison 2008 echte Festlaune verbreiten und von welchen man besser die Finger lassen sollte

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Musik mit Klingglöckchen-Garantie

Welche Weihnachts-CDs der Saison 2008 echte Festlaune verbreiten und von welchen man besser die Finger lassen sollte

21.11.2008 Spätestens Ende Oktober fluten sie die Verkaufskanäle: Weihnachts-CDs und winterromantische Soundfiles, die das jahreszeitliche Bedürfnis nach akustischer Behaglichkeit zu stillen suchen. Wer beim Online-Primus "Amazon" die Suchbegriffe "Christmas" und "Musik" eingibt, stößt auf beachtliche 20.949 Treffer. Allein das Sondieren der in diesem Jahr neu erschienenen Klangware bedeutet, sich durch Dutzende weihnachtlicher Silberlinge oder deren digitaler Entsprechung zu hören. Dabei gilt es, zwischen wirklich neuer Musik, mehr oder weniger kreativen Samplern und altem Wein in neuen Schläuchen zu unterscheiden. Denn eines müsste selbst dem ungeübten Musikkäufer klar sein - neue Weihnachtslieder von Elvis oder Frank Sinatra gibt es seit Jahren nicht wirklich. Dafür eine Reihe wirklicher Weihnachtsdebüts renommierter US-Stars. In diesem Jahr treten unter anderem an: Aretha Franklin, Sheryl Crow, Al Jarreau, Melissa Etheridge und ein fast vergessener Superstar der Achtziger, Christopher Cross.

In den USA gilt es keineswegs als peinlich, ein "Season"-Album aufzunehmen. Eher gehört es dort fast schon zum guten Ton, mindestens einmal in der Karriere ein Weihnachtsalbum zu veröffentlichen. Selbst über jeden Zweifel erhabene Songwriter wie Aimee Mann oder Rufus Wainwright ("The McGarrigle Christmas Hour", 2005) lieferten in den letzten Jahren wunderschöne Beispiele. Manns "One More Drifter In The Snow" (Ada Global/Rough Trade) von 2006, eine Kollektion aus ganz und gar unkitschigen Interpretationen klassischer amerikanischer Weihnachtslieder und zwei Eigenkompositionen, wurde in diesem Jahr in einer um das Joni-Mitchell-Cover "River" erweiterten Version neu veröffentlicht.

Christopher Cross - G

Verblüffenderweise das erste Weihnachtsalbum ihrer langen Karriere hat die 66-jährige Aretha Franklin aufgenommen. "This Christmas Aretha" (Rhino/Warner) ist ein überbordendes Soul- und Gospelmachwerk, das die eher opulente Version von Weihnachten abfeiert. In Gänsehautversionen von "Silent Night" oder "Ave Maria" zeigt die "Queen of Soul", wie lang man Vokale dehnen kann, ohne dass die melodische Spannung verloren geht. Das von mit allen Wassern gewaschenen Studiomusikern wie Nathan East (Bass), Ricky Lawson (Gitarre) oder dem 11-köpfigen "Fire Choir" aufgenommene Album ist ein wahrhaft weihnachtliches Soulmenü: fett und süffig, aber auch beeindruckend lecker.

Ebenfalls zum ersten Mal im weihnachtlichen Liederdienst unterwegs: Sheryl Crow. "Home For Christmas" (Universal) lässt vor allem zu Beginn wenig Zeit für saisonale Gefühlsduseligkeit. Fingerschnippende und von funkig-bluesigen Bläsersätzen durchsetzte Versionen von "Go Tell It On The Mountain", "The Christmas Song" oder "White Christmas" kurbeln eher die Lust zur Teilnahme am Weihnachtsgeschäft an, als zum meditativen Rückzug zu bewegen. Trotzdem macht das Album vor allem in der ersten Hälfte Laune, bevor gegen Ende etwas zu sehr dem balladesken Liedgut gefrönt wird - nicht unbedingt Crows Stärke, hier wird es trivial.

Als von diesem Verdacht befreit gilt der Jazz, der sich ob seines zur Komplexität neigenden Phänotyps nicht unbedingt für eine Interpretation volkstümlicher Weihnachtslieder eignet. Zwei sehr unterschiedliche Jazz-Alben von Al Jarreau ("Christmas", Rhino/Warner) und der Akustikformation Quadro Nuevo ("Weihnacht", GLM/Soulfood) beweisen, dass es doch geht. Vokalakrobat Al Jarreau, siebenfacher Grammy-Gewinner, schafft auf seinem schön ausbalancierten "anspruchsvollen" Weihnachtsalbum überraschend stilsicher die Gratwanderung zwischen komplex groovenden Arrangements und der Bewahrung einfacher melodischer Schönheit.

Der in Weltmusik-Kreisen bekannten deutschen Formation Quadro Nuevo gelingt es hingegen, mit Klarinette, Psalter und Bouzouki alten Weihnachtsliedern kreative neue Gewänder zu verpassen, die auf eine gar subtile Art mitreißen. Ihre rudimentäre Glockenspiel-Version von "Stille Nacht" muss man einfach gehört haben. Ein Geheimtipp für das geschmackvollste Weihnachtsalbum des Jahres!

Christopher Cross - A

Nicht immer geschmackssicher, aber in verblichenen Jahrzehnten überaus erfolgreich waren die US-Künstler Christopher Cross und Melissa Etheridge. Bei Cross' Anfang der Achtziger freigesetzten kalifornischen Songperlen ("Ride Like The Wind") fragte man sich schon damals, wie kitschig das Schöne sein darf. Insofern passt ein Weihnachtsalbum wie die Faust aufs Auge zur dünnsten bewegenden Stimme der Pop-Geschichte. "A Christopher Cross Christmas" ist Balsam für die gestresste Seele, nur das an die Ästhetik der Wildecker Herzbuben gemahnende Cover wünscht man seinem ärgsten Feind nicht.

Ob man Melissa Etheridges "A New Thought For Christmas" (Universal) überhaupt als Weihnachtsalbum bezeichnen soll? Das aus vielen Eigenkompositionen bestehende Blues- und Rockröhrenalbum will laut Etheridges "offenen Brief" an die Hörer das Gefühl von Weihnachten feiern, ohne religiöse Riten gutzuheißen. Leider blieben bei diesem Versuch sowohl weihnachtliche Gefühle als auch musikalische Originalität auf der Strecke - ein Album nur für Fans.

Bliebe die Front der Klassik/Pop-Crossover Künstler, die ihr nach Besinnlichkeit lechzendes Publikum Jahr für Jahr mit einem üppigen Tonträgerangebot versorgt. Neben besonders gruseligen Weihnachtsalben von Sarah Brightman ("A Winter Symphony", EMI) und den Schreikünstlern "The Ten Tenors" ("A Not So Silent Night", Warner) sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass die bekanntesten Zisterzienser-Mönche der Welt ihr Erfolgsalbum "Chant - Music Für Paradise" - Platz 5 der Popcharts - nun noch einmal inklusive einer Extra-CD mit gregorianischen Gesängen weihnachtlicher Prägung veröffentlichen. Da die für Laienohren nicht besonders abwechslungsreiche Gregorianik jedoch keine "bekannten Melodien" enthält, muss vor der Verwechslung dieses Album mit klassischer Weihnachtsmusik gewarnt werden - die Mönche starten also wie immer "außer Konkurrenz".

Drollig liest sich die Beschreibung des Albumdebüts der irischen Geistlichen "The Priests" ("The Priests", Sony BMG): drei Brüder in den Vierzigern, die neben ihrer seelsorgerischen Tätigkeit nunmehr auch dem gemeinsamen Gesangstalent nachgehen. Wer jedoch spirituell angehauchten Folk zur sparsamen Gitarrenbegleitung erwartet, liegt falsch. "The Priests" ist ein üppig orchestriertes Klassikalbum, das dem gepflegten Belcantogesang verpflichtet ist. Im April 2008 wurde der Plattenvertrag der "Priests" symbolträchtig auf den Stufen der Londoner Westminster-Kathedrale unterzeichnet. In jenem ist vertraglich festgehalten, dass die Brüder im Falle des Todes eines Gemeindemitgliedes von jeglichen Auftritten und Promotion-Aktivitäten freigestellt sind. Ihre CD mit 14 spirituellen Klassikern wie "O Holy Night" oder "Benedictus" tut hingegen immer ihren durchaus beseelten Dienst für Freunde klassischer Sangesopulenz. ~ Eric Leimann (teleschau)


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