Ist es nicht ein Traum, wenn der große Bruder die kleine Schwester in den Spielzeugladen mitnimmt und ihr jeden Wunsch erfüllt? Benjamin Biolay, vom Wunderkind zur Vaterfigur der französischen Nouvelle-Chanson-Szene gereift, jedenfalls nahm Coralie Clément an die Hand. Die Geschwister stöberten und alberten herum, probierten alle greifbaren Kinderinstrumente aus und kamen mit einem - in den meisten Momenten - fröhlichen Album aus dem Laden. "Toystore" heißt die dritte Platte der 26-jährigen Französin und verblüfft neben der Unbeschwertheit auch mit dieser seltsamen Lebensweisheit, die Kindern manchmal eigen ist. ~ Andreas Fischer (teleschau) aufklappen »
Die Geschichte mit dem Spielzeugladen mag erfunden sein, aber wenn 22 Instrumente im Booklet stehen - darunter Kinderzimmerklassiker wie Xylophon, Triangel und Melodica - dann darf die Fantasie schon mal Purzelbäume schlagen. Zumal Coralie Clément genau das auf "Toystore" tut. Das Düstere, manchmal Schwermütige des Vorgänger-Albums "Bye Bye Beauté" ist verschwunden. Bittersüß gibt's - wie im herrlich kindlichen "Le Baiser Permanent" - nur noch mit ganz wenig bitter, und überhaupt darf's ein bisschen naiver sein. Was durchaus positiv ist und selbstredend ohne Plattitüden zu bemühen geschieht. Aber das ist ja klar, wenn die Geschwister aus der Nähe von Lyon ins Studio gehen.
Bis auf "La Reine Des Pommes" - ein Cover eines 1983 entstandenen Chansons der Belgierin Lio - hat Biolay alle Songs geschrieben, produziert und auch selbst eingespielt. Sein Finesse und sein Witz beim Schreiben hat in der Stimme seiner Schwester die perfekte Abnehmerin. Von lieblich und sanft über spöttisch bis melancholisch und wissend - das Leben findet sich hier in einem Dutzend wunderschöner Chansons wieder. Nicht komplett, natürlich nicht. Aber irgendwie sind es doch die essenziellen Momente, die sich im fröhlichen "C'est La Vie" wiederfinden und dem traurigen "Je Ne Sens Plus Ton Amour". Letzteres ist ein hinreißendes Duett mit Etienne Daho, der in den 90er-Jahren auf immer wieder überraschende Weise mit den Konventionen des Chansons brach. Eine hübsche Gemeinsamkeit, die er da mit Coralie Clément hat. Auch sie ist lässig und charmant, kümmert sich nicht um Erwartungen, lässt sich lieber von Unbeschwertheit und Neugier zu einem ausgezeichneten Album inspirieren. Ein Kind im Spielzeugladen könnte nicht mehr Freude haben.