Stilles tiefes Wasser
Nach dem Schicksalsschlag: Corinne Bailey Rae meldet sich mit "The Sea" zurück
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Stilles tiefes Wasser
Nach dem Schicksalsschlag: Corinne Bailey Rae meldet sich mit "The Sea" zurück
29.01.2010 Es war ein Start nach Maß: Im Jahr 2006 gelang der britischen Soulsängerin Corinne Bailey Rae mit der Single "Put Your Records On" und ihrem selbst betitelten Debüt der unerwartete Durchbruch. Sie wurde von der BBC zur Newcomerin des Jahres ausgerufen, Kritiker waren durchweg begeistert, Rae stürmte weltweit die Charts. Der Anfang einer Weltkarriere? Leider nicht. Der plötzliche und immer noch nicht vollständig aufgeklärte Tod ihres Mannes Jason Rae im März 2008 warf alle Pläne über den Haufen. Führte aber vielleicht aber auch zu einem kreativen Schub für das zweite Album "The Sea" der 31-Jährigen, welches viele zarte und traurige Songs, aber auch einige beinahe fröhliche Uptempo-Nummern enthält.
Ist die See für Sie ein dunkler und bedrohlicher Ort oder etwas Beruhigendes?
Corinne Bailey Rae: Einer der Gründe, warum ich "The Sea" als Titel für das Album gewählt habe, war, dass er so viele Deutungsmöglichkeiten erlaubt. Sie ist der Ursprung allen Lebens und gleichzeitig kann die See Leben nehmen. Die See hat auch etwas Grüblerisches, sehr stark und überwältigend eben. Ich bin aber gar nicht sicher, was es genau ist und habe keine feste Definition oder ein klares Verständnis dafür.
Der Albumtitel lässt somit genug Raum für richtige oder falsche Interpretationen. War das Absicht?
Rae: Ich mag es gar nicht, Sachen generell zu blockieren, man braucht schließlich Platz zum Atmen. Deswegen schreibe ich ja Songs und keine Aufsätze oder Fachbücher oder so was. Es ist eine völlig andere Art sich auszudrücken, es darf ruhig mysteriös oder gar spirituell werden. Vielleicht sind die Texte der Songs alles, was du zu einem bestimmten Thema zu sagen hast, oft musst du das dann erklären und kommst vielleicht mit einer Erklärung, die gar nicht wirklich zutrifft, weil du nicht weißt, wie du es sonst ausdrücken sollst. Deswegen schien "The Sea" in seiner vieldeutigen Art auch der richtige Titel für das Album.
Auf der einen Seite scheint die Platte düster und leidenschaftlich zu sein, daneben gibt es auch optimistische Uptempo-Songs. Spiegelt das Ihren derzeitigen Gemütszustand wieder, im einen Moment traurig, dann wieder überglücklich?
Rae: Ich glaube nicht, dass ich wirklich innerhalb von ein paar Minuten die Stimmung derartig wechseln kann. Als ich mit dem ersten Album im Gepäck Konzerte spielte, entstand das Bedürfnis, mehr von dem, was ich fühle, auszudrücken, über viel mehr unterschiedliche Dinge Texte zu schreiben und unterschiedlichere Musikstile zu verwenden. Beim ersten Album fing ich viele intime Momente ein, aber es gab nichts Aggressives. Ich komme ja aus einem Indie-Gitarrenband-Umfeld, da liebte ich diese Live-Grenzerfahrungen und wollte etwas davon zurück ins Set bringen. Ich wollte ganz bewusst mehr rockige Sachen haben.
Hätten Sie damals jemals gedacht, dass "Put Your Records On" so ein Hit werden würde und Sie aus der Existenz als Soul- und Jazz-Musikerin in die Popwelt katapultieren würde?
Rae: Nein, damit habe ich natürlich überhaupt nicht gerechnet. Der Song ist ja, obwohl er auf eine gewisse Art populär wurde, immer noch jazzy und enthält viele Akkordwechsel. Das klang für mich alles so gar nicht nach einem Rezept für einen Charterfolg. Und auf einmal sollte ich mit Madonna um die Nummer eins der Hitliste kämpfen. Es war amüsant, seltsam und aufregend zugleich. Plötzlich genoss ich das Privileg, Teil einer Welt zu sein, in die ich gar nicht reinzupassen versuchte und ich wartete ab, was danach wohl passieren würde.
Und was passiert nun? Wenn das Album kein Erfolg werden sollte?
Rae: Dann ist das auch in Ordnung. Das Ziel des Albums war, gute Songs zu schreiben, mich selbst auszudrücken und dafür einen bestimmten Sound hinzukriegen. Die große Aufmerksamkeit motiviert mich nicht. Ich hatte schon immer das Gefühl, so etwas wie eine Außenseiterin zu sein - in der Schule und im ganzen sozialen Umfeld. Ich mochte nie die Dinge, die andere mochten, oder trug die Klamotten, die alle anderen hatten. Ich bin nicht daran gewöhnt, populär zu sein.
Sie spielen Gitarre, schreiben Ihre Songs selbst und haben "The Sea" co-produziert. Wie schwierig ist es heute, als Künstler selbstbestimmt und kreativ und doch zugleich erfolgreich zu sein?
Rae: Ja, so etwas ist selten. Ich denke da an eine Ausnahme wie Prince, dessen Laufbahn auch eher ungewöhnlich ist. Denn oft ist es ja so, dass es einen Künstler gibt, ein paar Songschreiber, einen bekannten Produzenten und ein Label, das das alles zusammenbringt, um es populär zu machen. Die drei Letztgenannten spielen dabei alle auf demselben Popularitätslevel, sind ein Garant für möglichst große Aufmerksamkeit. Es ist viel seltener, dass Leute sich dafür entscheiden, die Songs selbst zu schreiben, das Ding selbst zu produzieren, Ideen durchzusetzen und dem Ganzen einen eigenen Sound aufzudrücken. Ich wollte auch nicht, dass man mir diese Aufgaben abnimmt, nur um es kommerziell noch erfolgreicher zu machen, das würde sich einfach nicht so anfühlen, als ob es dann noch ein Teil von mir wäre.
Die britische Zeitung "The Guardian" verglich Ihre Stimme mit Billie Holiday und Lauryn Hill. Motivieren Sie solche Lobeshymnen?
Rae: Naja, das ist so eine journalistisch-versteckte Art, dir ein Kompliment zu übermitteln und das nehme ich natürlich gerne an. Als ich noch jünger war, habe nie in der Öffentlichkeit gesungen, weil ich fand, dass meine Stimme unkonventionell klang. Es war keine Chorstimme, und in den Schulchor passte ich damit auch nicht richtig rein. Erst als Teenager bekam ich mehr Vertrauen in meine Stimme und traute mir mehr zu. Aber ich finde es immer noch erstaunlich, dass Leute meine Stimme mit denen von solch großen Sängerinnen vergleichen.
Apropos Sängerinnen ... Sind sie neugierig, was die vermeintlichen Soul-Pop-Konkurrentinnen machen? Wie das neue Album von Sade klingt? Oder ob Amy Winehouse irgendwann doch noch eine dritte Platte fertigstellen wird?
Rae: Ich weiß gar nicht, ob ich eine der beiden Personen favorisieren würde, ich mag beide sehr gerne. Die ganze Sade-Sache wird komplett von Sade kontrolliert, ihre Band ist fast immer noch die gleiche wie zum Beginn ihrer Karriere. Auf die Platte freu ich mich, ich mag ihren Gesang. Gleichermaßen bin ich der Meinung, dass Amy eine großartige Sängerin ist und auch eine ziemlich gute Songschreiberin, das wird fast immer vergessen. Ich liebe ihre Ideen und würde mich auch sehr darüber freuen, Neues von ihr zu hören. ~ Klaas Tigchelaar (teleschau)
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