"Wir sind ja genauso scheiße"

Die Reggae-Pop-Formation Culcha Candela verbinden Party mit Problembewusstsein

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"Wir sind ja genauso scheiße"

Die Reggae-Pop-Formation Culcha Candela verbinden Party mit Problembewusstsein

28.08.2009 Culcha Candela sind im Stress. Natürlich, das ist immer so, kurz vor der Veröffentlichung eines neuen Albums. Aber diesmal ist die Lage doch ein wenig anders: Die siebenköpfige Band aus Berlin feierte ihren großen Durchbruch schließlich erst mit dem letzten Album. Folglich ist das Medieninteresse an "Schöne neue Welt" - und damit der Stresspegel - jetzt um einiges höher. Kein Problem, sagt Sänger Itchyban, ganz relaxed im Auto zwischen zwei Terminen: "Wir stecken das wunderbar weg. Wenn man etwas erreicht hat, dann darf man sich nicht darauf ausruhen. Man muss immer noch mehr reinstecken, mehr insistieren, mehr arbeiten." Dementsprechend beginnt die Tour schon im September, kurz nachdem das Album in den Regalen gelandet ist. Die Kraft für diesen Marathon schöpft die Band aus zwei Quellen: "Wir mögen, was wir machen, das gibt einem total viel Power und Selbstbestätigung. Ansonsten holen wir uns die Kraft natürlich von unseren Musen. Frauen wirken total regenerierend."

"Schöne neue Welt" ist, wie seine Vorgänger auch schon, ein Mix aus reinen Partynummern und politisch engagierten Liedern. Der Titeltrack greift so ziemlich jedes Problem auf, das der Gesellschaft zur Zeit zu schaffen macht: Umweltverschmutzung, Klimakatastrophe, Überwachungsstaat, Schönheitswahn - und die Ignoranz der Partygesellschaft. Nur: Ob die das überhaupt mitbekommt, ist zweifelhaft. Stattdessen werden die meisten den Song wahrscheinlich schlichtweg zum Tanzen nutzen. Macht nix, meint Itchyban. "Wir glauben, dass wir in doppelter Hinsicht gewonnen haben: Der Song funktioniert unabhängig von der Message auch musikalisch sehr gut und die Leute können dazu tanzen und feiern. Wenn sie dann genauer hinhören und es vielleicht auch verstehen, finden sie's noch geiler." Denn wenn Culcha Candela auch ihre Botschaft an den Mann bringen wollen, Missionare wollen sie keine sein. Im Gegenteil: Sie zählen sich selbst eher zu den armen Sündern. "Es ist ja auch selbstironisch gemeint. Wir arbeiten da nicht mit dem Zeigefinger, das törnt die Leute ja ab. Wir beziehen uns auch selbst mit ein, wir sind auch Teil dieser maroden Gesellschaft. Wir sind ja genauso scheiße."

Immerhin arbeitet die Band fleißig daran, dass die Welt ein bisschen besser wird - und das hat sich mittlerweile auch herumgesprochen. "Wir kriegen jede Woche zig Anfragen für Benefizaktionen. Da suchen wir sehr gewissenhaft aus und machen nur, was wir für richtig halten und wo wir uns auch zeitlich engagieren können. Einfach mal so schnell eine Message oder ein Statement raushauen, das würden wir nie machen", erklärt Itchyban. Doch selbst bei sorgfältiger Auswahl kommt noch eine Menge zusammen: Beiträge zu Benefiz-Samplern und Auftritte bei Konzerten für einen guten Zweck stehen immer wieder auf der Tagesordnung, dazu kommen Aktionen wie das symbolische Verteilen Goldener Schallplatten an Jugendliche, die sich gegen Rassismus einsetzen. Gerade der letzte Punkt betrifft Culcha Candela auch persönlich: Alle Bandmitglieder haben, wie es im politisch korrekten Beamtendeutsch so schön heißt, einen Migrationshintergrund. Uganda, Polen, Kolumbien und Korea sind ihre Herkunftsländer. "Wir sind ja selbst schon ein politisches Statement!", meint Itchyban. "Wir zeigen der Welt da draußen, dass es seit sieben Jahren sieben verschiedene Typen mit unterschiedlicher kultureller Herkunft und Sozialisation miteinander aushalten - und zwar auf friedliche Art und Weise."

Culcha Candela auf Deutschland-Tournee

23.09., Rostock, Stadthalle

24.09., Kiel, Halle 400

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25.09., Bremen, Pier 2

26.09., Bielefeld, Ringlokschuppen

28.09., Dortmund, Westfalenhalle

29.09., Köln, E-Werk

30.09., Wiesbaden, Schlachthof

01.10., Mannheim, Maimarktclub

03.10., Stuttgart, Beethovensaal

06.10., München, Tonhalle

09.10., Würzburg, Posthalle

11.10., Fulda, Wartenbergoval

12.10., Dresden, Schlachthof

13.10., Hannover, Capitol

14.10., Hamburg, Docks

18.10., Berlin, Arena ~ Sabine Metzger (teleschau)

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