Emmylou Harris

Gefühl und Glaubwürdigkeit


Emmylou Harris veröffentlicht "Hard Bargain"

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Gefühl und Glaubwürdigkeit

Emmylou Harris veröffentlicht "Hard Bargain"

22.04.2011 Was ist das Erfolgsgeheimnis von Emmylou Harris? Ist es alleine ihre Stimme, die bereits bei ihrem Debütalbum "Pieces Of The Sky" (1975) die Musikwelt verzauberte? Vielleicht. Dass die heute 64-Jährige zu den Ikonen der US-Country- und Folkmusik zählt, liegt aber auch an ihren musikalischen Partnern. Sie musizierte mit Größen wie Bob Dylan und Neil Young, mit jungen Folk-Eleven wie Conor Oberst, arbeitete mit Pop-Produzenten wie Daniel Lanois (U2) und Songwriter-Rabauken wie Ryan Adams. Und dann besitzt Harris noch eine Qualität, die auf ihrem neuen Album "Hard Bargain" wieder einmal zu Tage tritt: Sie besitzt die Fähigkeit, Songs - dieses Mal von Karen Brooks, Merle Haggard oder Ron Sexsmith - wunderbar zu adaptieren. Im Gespräch offenbart die Grande Dame aber, was wirklich für sie zählt: Authentizität und Gefühl.

Musikalische Ikone, die Stimme der US-Country-Musik, einzigartige Künstlerin - in all den Jahren wurden Ihnen schon viele Titel verliehen. Lesen Sie eigentlich alles, was über sie geschrieben wird?

Emmylou Harris - S

Harris: Nicht mehr, nein. Früher habe ich manchmal Kritiken gelesen. Aber wenn du den guten Glauben schenken willst, musst du das bei den Verrissen auch. Deswegen habe ich das aufgegeben.

Sie machen seit fast 40 Jahren Musik. Sind Sie zufrieden, wenn sie zurückblicken?

Harris: Natürlich hoffe ich, dass ich einige Dinge richtig gemacht habe, dass ich Freude geschenkt habe. Und auch wenn ich ein gesegnetes Leben führe, weiß ich doch, dass das Leben hart sein kann. Wir sollten also versuchen, so gute Menschen zu sein, wie wir nur sein können.

Sie haben Ihr neues Album in nur vier Wochen aufgenommen, mit Produzent Jay Joyce und Multiinstrumentalist Giles Reaves. Das Ergebnis ist sehr puristisch und authentisch.

Emmylou Harris - E

Harris: Danke! Nun, wir nannten uns "das dynamische Trio!" (lacht) Jay kannte die Songs schon vorher, und gemeinsam erarbeiteten wir alternative Versionen, falls wir noch etwas Zeit hätten und etwas aufgreifen wollten. Ganz zum Schluss haben wir dann "Hard Bargain" von Ron Sexsmith eingespielt, den wir alle lieben.

Und "Hard Bargain" ist nun sogar das Titelstück ihres neuen Albums. Wie kamen Sie auf diesen Song?

Emmylou Harris: Ich verfolge Rons Karriere seit einer Weile, denn seine Lieder sind anrührend schön, traurig und ehrlich. Ron hat eine berührende Stimme, er singt sehr ungewöhnlich und trifft mich ins Herz. Er ist auch ein netter Kerl. Dieser Song rotierte schon seit einiger Zeit auf meiner Favoritenliste. Jetzt kam ich endlich dazu, ihn zu adaptieren.

Haben Sie ihn mal getroffen?

Harris: Ja. Er ist so schüchtern, dass er kaum ein Wort herausbringt. Auf der anderen Seite ist er ziemlich groß. Selbst, wenn er aus Unsicherheit zu Boden blickt, schaut man ihm noch immer in die Augen! (lacht) Ron ist ein liebevoller, toller Mann. Wir haben uns auf einer gemeinsamen Tour oft unterhalten. Und immer noch denke ich, dass ich ihn kaum kenne.

Wie darf man es sich eigentlich vorstellen, wie und wo Sie Ihre eigenen Songs schreiben? Romantisch auf der Terrasse ihres Landhauses?

Emmylou Harris - E

Harris: (lacht) Nein, ich arbeite lieber drinnen! Ich habe mir ein Musikzimmer eingerichtet. Ich genieße die Ruhe zu Hause, wenn ich schreibe. Es inspiriert mich aber auch, wenn ich unterwegs bin und auf Tour im Hotelzimmer schreibe. Im Grunde ist es mir nicht wichtig, wo ich schreibe. Wichtiger ist, dass ich mit meinen Gedanken allein bin.

Welche Gedanken beschäftigen Sie?

Harris: Sind wir nur geboren, um zu sterben? Was genau ist das Leben? Gibt es einen Gott? Es gibt so viele Mysterien, Geheimnisse, auf die ich keine Antwort habe. Lassen wir es also einfach geschehen! Es steckt mit Sicherheit mehr hinter unserer Existenz, als wir es uns vorstellen können. Aber das werden wir wohl nie erfahren. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als jeden Tag einen Fuß vor den anderen zu setzen, und so gut, aufrichtig und bewusst zu leben, wie wir nur können.

Sie haben nicht nur mit Neil Young und Bob Dylan, sondern auch mit jungen Songwritern wie Ryan Adams und Conor Oberst gearbeitet. Was glauben Sie, warum die mit Ihnen musizieren wollten?

Emmylou Harris - D

Harris: Ich habe keine Ahnung! Ich denke, sie mögen wohl meine Stimme und die Art, wie ich mit jemandem gemeinsam singe. Aber es liegt nicht an mir das einzuschätzen. Natürlich haben solche Kollaborationen meinen Coolness-Faktor bei der jungen Generation um einige Punkte angehoben. Ich mag die Jungs, sie sind wie meine Kinder. Sie bringen die Musik weiter, geben ihr einen neuen Dreh.

Das Country-Genre erlebt ohnehin gerade ein ziemliches Revival.

Harris: Ja, ich finde es faszinierend, dass die jungen Musiker die Tradition schätzen und trotzdem etwas schaffen, das neu und individuell ist. Genau so sollte es sein. Es geht nicht darum zu kopieren, was Hank Williams tat. Du kannst es nicht. Und solltest es auch nicht. Junge Künstler haben die Verantwortung, etwas Neues zu schaffen und sich selbst zu erfinden, ohne zu vergessen, welche Musik dies überhaupt ermöglicht hat. Ich finde es wundervoll, dass diese Jungs ihren Durst am Brunnen der Vergangenheit löschen.

Hören Sie denn Rock- und Alternative-Musik? Was gefällt Ihnen aktuell?

Harris: Als ich letztes Jahr auf Tour war, bekam ich ein paar junge Bands als Support angeboten - darunter The Low Anthem. Ich holte sie an Bord und freute mich, wie wundervoll sie live sind. Ich habe sie in die Grand Ole Opry geholt. Ich fühlte mich wie eine Mutter und kündigte sie dem Publikum an: "Dies sind meine Kinder, ich hoffe, ihr mögt sie!"

Und wie war es?

Harris: Viele Zuschauer, die diese Band nie zuvor gehört und wohl sonst nie gesehen hätten, standen am Ende auf und gaben ihnen stehende Ovationen. Und andersherum habe ich so ein junges Publikum in den "Tempel" der Country Music gebracht, in den sie sonst wohl nie gegangen wären. Wenn durch mich die Welten zusammenkommen, Neues und Altbewährtes, Jung und Alt, dann freue ich mich.

Haben Sie ein Erfolgsgeheimnis? Ist es vielleicht, dass Sie sich stets treu geblieben sind?

Harris: Das Geheimnis liegt darin, deiner inneren Stimme zu folgen und sie herauszulassen, dich zu trauen, sie nach außen zu zeigen. Das verlangt eine Menge Vertrauen, zu dir selbst und zu dem Song. Du musst den Text und seine Aussage wirklich glauben, egal, ob das deine eigenen Worte sind oder die eines anderen Autors. Es geht am Ende nur um Glaubwürdigkeit, Wahrheit und Gefühl. ~ Stefan Woldach (teleschau)


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