Schnee in Irland
Enya veröffentlicht "And Winter Came"
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Schnee in Irland
Enya veröffentlicht "And Winter Came"
07.11.2008 Ein bisschen eigenartig ist der Abend dann doch: Tänzer des Staatsballett Berlin haben eine eigene Choreografie entwickelt, die sie nun zu sechs neuen Songs von Enyas neuem Album "And Winter Came" darstellen. Danach führt ProSieben-Moderator Steven Gätjen routiniert wie bei einer Autohauseröffnung durch den Rest des Abends. Enya erzählt ein bisschen etwas, Produzent Nicky Ryan und seine Ehefrau Roma, die für die Texte verantwortlich zeichnen, ebenfalls. Dann das übliche Get Together. Die ganze Platte hört man nicht, ebenso wenig singt Enya. Macht die mit über 60 Millionen verkauften Tonträgern erfolgreichste Künstlerin Irlands ja nie. Sie ist anwesend, das muss ausreichen. Ein eigenartiges Konstrukt.
Sie saßen in der ersten Reihe, als ein Ensemble zu Ihrer Musik eine Ihnen bis dato fremde Choreografie vorgeführt hat - kommt man sich da nicht wie ein Zaungast vor?
Enya: Ich würde es etwas anders ausdrücken. Es hat ein bisschen von dem Druck genommen, der bei so einer Veranstaltung für gewöhnlich auf mir lastet. Ich - und vermutlich auch die anderen Zuhörer - waren abgelenkt, haben sich auf diese wunderbaren Tänze konzentriert. Normalerweise bin ich bei solchen Terminen ungemein nervös. Ich versuche, an den Gesichtern der Anwesenden zu erkennen, ob und wie gut ihnen die neue Musik gefällt, und verspüre tatsächlich so etwas wie Angst. Diesmal vergaß ich das so ein bisschen, weil ich so von den Tänzen fasziniert war. Die Musik und das Visuelle haben gut kommuniziert. Das war für die vielleicht ein bisschen wie ein Videodreh: Sie haben das, was der Song gebraucht hat, auf ihre Art und Weise umgesetzt. Ihr Ausdruck war toll, besonders bei "My Time Flies" - ihre Gesichter haben genau das ausgesagt, was auch der Song transportiert.
Sie mögen Ballett ...
Enya: Ja, sehr. Nicky fragte mich unlängst, wie ich es denn fände, etwas ... Klassisches aufzunehmen, ein einziges, langes Stück. Ich sagte ihm, was ich besser fände: ein Ballettstück! Als wir dann hörten, dass unsere Plattenfirma Warner das Ganze mit Tänzern umsetzen wollen würde, war ich begeistert, weil ich einmal einen Einblick bekommen würde. Ich habe auch selbst einmal Ballett getanzt, aber nur für kurze Zeit. Ich habe Ballett schon als Kind geliebt.
Haben Sie schon genug Distanz zu der Platte, um sie beurteilen zu können?
Enya: Ich denke schon. Das ist natürlich ein Prozess. Vor einigen Wochen habe ich schon eine Runde Interviews gegeben, da war ich mit dem Album noch nicht einmal fertig. Das war ein ganz blödes Gefühl, ich saß da, beantwortete Fragen zu meiner Musik und ging anschließend sofort ins Tonstudio, um weiter daran zu arbeiten. Das ist jetzt erst einmal vorbei. Ich habe sozusagen die letzten i-Tüpfelchen gemacht und die Musik endlich so gehört, wie man sie hören sollte: am Stück und nicht jeden einzelnen Song 20, 30 Mal hintereinander. Es ist ein ganz anderer Prozess und bereitet mir Freude.
Neigen Sie in der Rückschau zu Selbstkritik? Wie beurteilen Sie heute Ihre alten Platten?
Enya: Ich sehe sie als Zeichen der jeweiligen Zeit, der damaligen Gegenwart. Es sind kleine Geschichten, die als Ganzes ein Tagebuch ergeben. Wenn ich jetzt "Watermark" höre, erkenne ich, wo ich vor 20 Jahren stand. Ich denke an die damaligen Einflüsse, aber auch an mein Leben zurück. Das ist meine Geschichte, das ist mein Leben, das plötzlich wieder so nahe ist. Deshalb würde ich nie darüber nachdenken, Dinge zu verändern.
"And Winter Came" hat ein Eispferd auf dem Cover, außerdem jede Menge Schnee - Ist das pure Romantik oder tatsächlich irgendwie artverwandt mit dem irischen Winter?
Enya: Oh, es gibt in Irland durchaus einen sehr prägnanten Winter. Ich bin direkt an der Küste aufgewachsen. Die Witterung war im Winter immer extrem. Viele graue Tage, viel Regen, aber auch viel Sturm, der vom Atlantik hereinwehte. Das ist ein Aspekt, den ich sehr genieße. Ich werde nicht depressiv oder so. Das ist ungemein inspirierend, egal, ob man jetzt nur einen Spaziergang macht, oder ob man an Musik arbeitet.
Aber schneit es in Irland?
Enya: Nun, wir haben natürlich nicht diese ganz harten, kalten Winter, die Sie vielleicht vom Festland gewohnt sind. Aber es ist durchaus so, dass von Zeit zu Zeit Schnee fällt. Wenn der Wind dreht, wenn es kälter wird, dann fällt durchaus Schnee. Ich erinnere mich gut an meine Kindheit, daran, dass wir Schneemänner bauten. Aber das Bild hat natürlich noch eine sehr viel tiefere Ebene. Ich in diesem weißen Kleid, so eine Art Schneekönigin. Und dann ist das Pferd eben noch das Zeichen eines griechischen Wintergottes.
Eigentlich planten Sie, ein Weihnachtsalbum aufzunehmen. Warum wurde daraus nichts?
Enya: Nun, wir haben vor einigen Jahren in den USA schon einmal Weihnachtssongs veröffentlicht. Daher kam dann die Idee, eine ganze Platte zu machen. Aber irgendwie wäre das den Fans drüben gegenüber unfair gewesen, weil ein Teil des Materials für sie ja bereits bekannt gewesen wäre. Nach mehreren Jahren darf man schon ein komplett neues Album erwarten. Und vor allem kam dann der Winter. Und ich fing an, Lieder zu schreiben, die eben etwas breiter aufgestellt waren, die ganze Jahreszeit zu thematisieren. Deshalb ist es jetzt eine Platte geworden, auf der sich beides findet.
Sieben Jahre sind seit dem letzten Album vergangen - hat die Plattenfirma nicht gedrängelt?
Enya: Das Verblüffende ist, dass sie das bei uns noch nie getan hat. Künstler erzählen ja manchmal von dem Druck, den ihr Label auf sie ausübt - der ist mir völlig fremd. Unsere Meinung ist die einzige, die zählt. Wenn wir eine Platte aufnehmen, ist sie fertig, wenn sie fertig ist. Punkt. Wir spielen sie dem Label vor, und das ist dann nicht eine Einladung zu irgendeiner Art der Diskussion, sondern eine fertige Tatsache. Wir haben uns da nie reinreden lassen, ebenso wenig wie über die Verwendung unserer Musik. Egal, ob in Filmen oder Serien oder Werbespots, wir haben die komplette Kontrolle. Das schätzen wir schon sehr. Ich möchte auch entscheiden, wie ich dargestellt werde, wie die Plattencover aussehen. Würde der Teil jemals wegbrechen, würde da jemand im Studio rumhängen und sagen, dass der Song aber etwas zu lang sei, das wäre ein riesiges Problem.
Interessieren Sie sich für die aktuelle Musikszene? Hören sie viel Popmusik?
Enya: Absolut. Mich sprechen Stücke an, die eine starke Melodie haben. Man erkennt einen guten Popsong schnell, man erkennt ihn daran, dass man sauer ist, ihn nicht selber geschrieben zu haben. Ich bewundere all diese Bands, die das können, ob das Coldplay sind oder die Ting Tings.
Was raten Sie jungen Bands?
Enya: Sie sollen sich durchsetzen, sie sollen machen, was sie fühlen, machen zu müssen. Und sie sollen sich von ihrem Umfeld anfeuern lassen. Ich hatte damals Nicky und Roma, die mir viel Mut gemacht haben. Man darf sich nicht unterkriegen lassen, die Musik ist jedes Risiko wert. Natürlich ist es schwierig, Marken zu setzen. Aber das Gefühl, etwas geschaffen zu haben, ist wunderbar - erst recht, wenn es etwas ganz Neues ist. Es darf keine Beschränkungen geben. ~ Jochen Overbeck (teleschau)
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