Kaiser Chiefs

"Ich werde hier keine Namen nennen"


Die Kaiser Chiefs mögen es immer noch schön simpel

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"Ich werde hier keine Namen nennen"

Die Kaiser Chiefs mögen es immer noch schön simpel

20.10.2008 Mit roten Bäckchen läuft Kaiser-Chiefs-Sänger Ricky Wilson durch den Raum, schleicht an seine Tasche und steckt eine DVD hinein. Dann blickt er sich um, fragt: "Machen wir jetzt ein Interview?". Nicht jetzt, aber bald. Bevor er den Raum verlässt, ruft er: "Wühl ja nicht in meiner Tasche herum." Da sitzt man nun, den Blick auf dieses kleine ziehbare Köfferchen mit roten Rollen gerichtet, wartet, dass Ricky Wilson und sein lockenköpfiger Bassist Simon Rix zurückkommen, um Fragen zum dritten Album zu beantworten. Nur um dann festzustellen, dass die Speerspitzen der englischen Indie-Welle weniger über "Off With Their Heads" denn über Metallica und Plastikumverpackungen von CDs reden. Immerhin gibt es zum Schluss ein Geständnis. Soviel vorneweg: Es ist nicht, dass ihnen ihr Überhit "Ruby" inzwischen auf die Nerven geht.

Ich hab ja nicht geschaut, aber was hätte ich Diffamierendes in Deiner Tasche finden können?

Kaiser Chiefs - I

Ricky Wilson: T-Shirts, Unterhosen und Socken. Mehr wäre da nicht zu finden gewesen.

Das dachte ich mir, schließlich müsst Ihr ein unglaublich langweiliges Privatleben haben. Ihr wolltet ein Jahr Pause machen, stattdessen gebt Ihr euch den Stress ein Album aufzunehmen.

Wilson: Privatleben, ja. Privatleben ist tatsächlich schwierig zu definieren, denn es ist alles so verquickt mit den Kaiser Chiefs. Aber das ist nichts Schlimmes. Denn ich verdiene mit meinem Hobby Geld. Es gibt keinen besseren Beruf, jedenfalls für mich. Abgesehen von den Interviews.

Warum?

Kaiser Chiefs - D

Wilson: Ich habe heute schon so viel geredet, dass ich mich ab und an frage: Meine ich das denn wirklich, was ich gesagt habe - und die Antwort ist Nein (grinst).

Es ist furchtbar, nicht betrunken zu sein und Dinge zu sagen, die man nicht meint.

Simon Rix: Die Geschichte ist die: Du nimmst ein großartiges Album auf, und zur Belohnung musst du in aller Frühe aufstehen und den ganzen Tag reden.

Wilson: Aber wir wollen nicht so viel jammern über die Unannehmlichkeiten. Wir haben nur nie behauptet, dass wir gut sind im Interviews geben oder im Posieren für Fotos. Daran haben wir uns immer noch nicht gewöhnt.

Und so richtig Geld verdienen lässt sich auch mit einem noch so brillanten Album nicht mehr, oder?

Rix: Nein. Der beste Weg, Geld zu verdienen ist einen Song für einen Werbespot oder einen Klingelton zu verkaufen.

Kaiser Chiefs - T

Wilson: Unsere Regel hieß immer, dass wir uns dem verweigern. Ich will keine Band verurteilen, die diesen Weg gegangen ist. Die Zeiten haben sich verändert, so ein Schritt kann natürlich helfen, es zu schaffen. Ich bin nur stolz, dass wir das nicht gebraucht haben.

Rix: Wir gehen raus, spielen, weil wir zu den etablierten Bands gehören wollen und davon überzeugt sind, dass wir die Besten sind.

Wilson: Gleichzeitig verurteilen wir niemanden, der sich die Musik kostenlos irgendwo herunterlädt, brüllen nicht wie andere Bands, deren Namen ich nicht nennen werde, dass die Leute verklagt werden müssen (zeigt schweigend auf ein Metallica-Poster). Ladet es runter, das ist das gleiche Prinzip wie in "Jurassic Park": Wenn das Leben einen Weg findet, wird es auch der Musik gelingen.

Rix: Das Beste ist immer noch ein Album im Laden zu kaufen, dann sieht es so aus, wie du es erwartest, mit Artwork. Alles, was umsonst ist, ist nichts wert. Vor einer Woche habe ich eine CD geschenkt bekommen, die ich bisher nicht ein Mal angehört habe. Ich will sie kaufen und aufreißen.

Wilson: Genau da hat die Plattenindustrie das wahre Problem. Ich habe mir neulich drei CDs gekauft und im Auto zehn Minuten erfolglos damit verbracht, das Plastik abzubekommen, unter anderem von der neuen Martha Wainwright. Danach habe ich das Radio angemacht.

Ihr habt gerade gesagt, Ihr würdet nie einen Song verkaufen ...

Wilson: Das kommt darauf an, bietet mir einer 50 Millionen Pfund für "Ruby", dann werde ich darüber nachdenken. Es gibt Deals, die in Ordnung gehen. Jack White von den White Stripes hat für Cola Werbung gemacht und dazu gesagt: Ich trink das am liebsten, was spricht also dagegen?

Ich unterbreche jetzt mal die Werbung. Ihr habt ein neues Album gemacht, "Off With Their Heads". Wessen Köpfe sollen abgerissen werden?

Wilson: Jedem seiner. Es ist immer das Gleiche: Wir haben bis zum Schluss keinen Titel fürs Album, aber zum Ende muss einer her. Man kann da eine Menge reininterpretieren.

Auch über Noel Gallagher, der Euch vor Kurzem öffentlich als öde beschimpft hat?

Wilson: Nein, eigentlich nicht. Ich würde gerne aufhören, Oasis zu helfen ihre Platten zu verkaufen und nicht über sie reden. Ja, ihre Interviews geben was her, die werden gedruckt. Alle wären verärgert, würden sie aufhören mit unflätigen Äußerungen.

Euer erstes Album war eine Sammlung von Songs, das zweite war im Fluss, führte von einem Lied zum nächsten. Was zeichnet das dritte aus?

Wilson: Dass Analysen nicht unsere Stärke sind. Wir haben beim ersten Album nicht ans zweite gedacht und beim zweiten nicht ans dritte. Für mich stehen wir am Anfang, sind Frischlinge, und wir wollen auch wie eine neue Band klingen. Ob es brillant ist, ist eine andere Frage. Entscheidungen wurden getroffen, und es ist kein Lebenswerk. Elf Songs, die Arbeit eines Jahres. Mit 35 Minuten ein machbares Pensum.

Euer Ziel ist also immer noch, wie Ihr das mal schlicht formuliert habt, nichtdepressive Musik, die die Leute unterhält.

Wilson: Absolut. Wir hätten machen können was wir wollen. Und wir haben gemacht, was wir wollten: statt der geplanten Pause dieses Album. Kein Tag ohne Kaiser Chiefs ...

Rix: Die ersten Bands, die mit uns aufkamen und größer waren als wir existieren schon nicht mehr.

Wie wichtig waren die beiden neuen Produzenten Elliot James und Mark Ronson für das Album?

Wilson: Sehr wichtig. Ganz ohne väterlichen Rat entstand eine Spielplatzstimmung, Leichtigkeit, aus der im Studio Effektivität wurde. Bei diesen Aufnahmen arbeitete jeder außerhalb seines Gebietes. Mark hat nie eine Indieband produziert, Elliot bisher noch keine so große Band gemacht wie uns. Und unser Mixer Andy Wallace wird eigentlich mehr mit amerikanischem Rock in Verbindung gebracht. Dieses Wildern in neuen Revieren kam dem Album zugute. Komisch finde ich nur, dass alle was zu Mark Ronson wissen wollen, eigentlich ist doch Elliot James der Celebrity.

Ronson ist dieses Jahr sehr angesagt. Aber so gesehen finde ich Andy Wallace den wichtigsten Mann.

Wilson: Das ist Mixing. Davon verstehe ich nichts. An diesem Punkt der Produktion bekomme ich immer Panik, weil ich keine Ahnung habe, was diese Typen mit den Songs machen. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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