Kings of Leon

Heute England, morgen die Welt


Der unaufhaltsame Aufstieg der melancholischen Malocher Kings Of Leon

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Heute England, morgen die Welt

Der unaufhaltsame Aufstieg der melancholischen Malocher Kings Of Leon

19.09.2008 Attitüde muss man sich leisten können. So wie sich Caleb und Matthew Followill mit Cocktails bewaffnet zur Mittagszeit auf einer Londoner Hotelcouch fläzen, ist man auf das angenehmste an 70er-Jahre Rocker-Klischees erinnert, wie sie etwa Cameron Crowes semibiografischer Schwank "Almost Famous" so schön vorführt. In Wahrheit sind Sänger Caleb sowie Vetter und Gitarrist Matthew nämlich nicht nur ganz sympathische, wenngleich etwas übernächtigte Kerle, wie sich im Gespräch erweist. Ihre Kings Of Leon sind vermutlich auch die gegenwärtig aufregendste Rock-Attraktion des Planeten. Wo sich andere mit breitbeinigen Retro-Posen kompromittieren, beweist "Only By The Night" - der mehr als würdige Nachfolger des monolithischen "Because Of The Times" (2007) - die Ausnahmestellung des Quartetts aus Nashville, Tennessee.

In England zumindest, wo die Predigersöhne seit ihrem Debüt "Youth And Young Manhood" von 2003 verehrt werden wie nirgendwo sonst, sieht man das so. Eindrucksvoller Beleg ist das Kings-Of-Leon Konzert in der randvollen Londonder Brixton Academy vom Vorabend, das eine Schar elektrisierter Karohemdenträger bis in die letzte Reihe frenetisch bejubelt.

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Ist es etwas Besonderes für Euch, in England zu spielen, wo Ihr seit jeher so eine verlässliche Fan-Basis habt?

Matthew Followill: Ja, auf jeden Fall. Als wir unsere Karriere begannen, war es im Publikum hier auch schon wahnsinnig laut, man fühlte sich mittendrin. Aber gestern war es fast schon, als würde man wiedergeboren, wirklich großartig.

Caleb Followill: Es tut auch dem Selbstwertgefühl gut, wenn man sieht, dass man eine Zeit weg war und die Leute immer noch die Kings Of fucking Leon lieben. So viel Zuneigung zu erfahren, macht einen noch ehrgeiziger, eine tolle Show zu spielen.

Ihr macht Musik mit einer spezifisch amerikanischen Signatur. Es ist immer wieder verwunderlich zu sehen, das britische Hörer diese Eigenheit offenbar besser verstehen als amerikanische ...

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Caleb: Ja, das ist verrückt. Wenn man hier das Radio anstellt, dann klingen all die Songs so dezidiert britisch wie ein Gespräch unter Engländern. Wenn dann ein Song von uns läuft, fällt der komplett aus dem Rahmen. Es passt irgendwie gar nicht, aber trotzdem haben sie uns vom ersten Tag an geliebt. Es gibt viele andere tolle amerikanische Bands, die es nicht nach Europa schaffen.

Andererseits steht ihr damit in einer langen Tradition amerikanischer Acts, die vorwiegend in England gehört wurden: Die Walker Brothers, die Ramones, Television und viele andere. Habt Ihr das Gefühl, dass sich dieses Ungleichgewicht in Eurem Fall ein wenig verschoben hat?

Matthew: Definitiv. Wir hatten gerade unsere erste Cover-Story in den USA. Und inzwischen spielen wir drüben Konzerte in einer Größenordnung wie zu unserem zweiten Album hier. Einmal sogar vor 10.000 Leuten.

Caleb: Ja, die Dinge entwickeln sich. Wir werden immer noch nicht so oft im Radio gespielt, aber man kann nicht leugnen, dass unsere Fanbasis drüben rapide anwächst. Unsere neue Single hat zur Veröffentlichung tatsächlich Weezer und Linkin Park abgehängt.

Gratuliere! Wenn Ihr Linkin Park abhängt, ist die Welt vielleicht wirklich ein Stück weit besser geworden.

Matthew: Oh Mann, das kannst du laut sagen ...

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Caleb: Für eine Weile waren die unangreifbar. Jetzt sagen wir: "All right, we beat you, sons of bitches!"

Sprechen wir über Euer neues Album, "Only By The Night". Das nimmt einerseits den Faden des experimentellen Vorgängers auf. Andererseits ist es weniger finster und wieder etwas songorientierter geraten. Würdet Ihr da zustimmen?

Caleb: Ja schon, wir verfeinern unser Handwerk. Deshalb würde ich schon sagen, dass unsere Songs mehr Struktur besitzen, als die des letzten Albums. Das war sehr offen, viele Lieder hatten keinen wirklichen Anfang und kein wirkliches Ende. Wir haben einfach angefangen und dann irgendwann ausgefadet. In der Konsequenz konnten wir viele der Songs nicht live spielen. Denn dort kann man sie ja nicht ausfaden.

Ihr wurdet zitiert, dass Ihr Euch von einigen selbst aufgestellten Regeln befreien musstet. Hat man nicht immer ein Konzept, eine Idee im Kopf, wenn man eine Platte macht?

Caleb: Ja, absolut. Früher hatte ich ein ganz klares Konzept im Kopf, und hätten wir das nicht umgesetzt, wären wir wohl heute nicht hier. Nur dieses Mal ging es eher nach der Maxime: Wenn einer eine Idee hat, probieren wir sie aus, egal, was daraus wird. Das ist, glaube ich, der einzige Aspekt, in dem wir unsere Regeln verändert haben. Hinzu kommt, dass wir früher nicht zu Hause, sondern in Los Angeles aufgenommen haben. Da hat man nicht diese Freiheit. Wir wohnen buchstäblich eine Minute vom Studio entfernt.

Ist man da nicht verleitet, sich dauernd ablenken zu lassen, wenn man quasi zu Hause arbeitet? Geht das nicht zulasten der Konzentration auf die Sache?

Matthew: Ganz im Gegenteil. Wenn man daheim ist und morgens aufwacht, hat man direkt Angst, den Tag unnütz verstreichen zu lassen. Wir nehmen uns nicht mal am Wochenende frei.

Caleb: Wir hassen freie Wochenenden. Wir arbeiten richtig hart, und wir lieben das. Es macht die Sache einfach komfortabel, wenn man im eigenen Bett schläft und nicht in irgendeinem Hotelzimmer. Es verleiht deiner Arbeit ein vertrautes Flair, es fühlt sich gut an.

Auf der neuen Platte ist ein Song, der ziemlich aus dem Rahmen fällt: "Use Somebody". Der klingt fast, als hätte Brian Eno ihn produziert.

Caleb: Ah, ich liebe Brian Eno ...

Gestern vor der Show lief auch ein Eno-Track. Vermutlich kein Zufall ...

Caleb: Nein, ich höre tatsächlich wahnsinnig viel Brian Eno. Ich hoffe, das hört man raus. Wenn uns jemand mit ihm in Verbindung bringt, ist das ein cooles Kompliment.

Auch einige andere der neuen Songs vermitteln etwas sehr Ausgeglichenes. Reflektiert das Euer jetziges Empfinden?

Caleb: Naja, wir waren betrunken ...

Das bringt uns allerdings zu einer Anekdote: Danach sollst Du, Caleb, die meisten Songs unter Schmerzmitteleinfluss geschrieben haben, nachdem Du Dir bei einer Prügelei mit Deinem Bruder Nathan die Schulter ausgekugelt hattest. Klingt wie ein ausgedachter PR-Gag ...

Caleb: Nein, das ist eine wahre Geschichte. Mir wurden Pillen verschrieben, nachdem ich an der Schulter operiert wurde. Irgendwann hätte ich sie absetzen können, aber ich fühlte mich so gut mit ihnen. Und ich hatte wirklich sehr viele übrig.

Kommt es häufiger vor, dass Ihr Brüder Euch in die Wolle kriegt?

Caleb: Nicht gerade oft, aber es kommt vor. Wir werden älter und hoffentlich erwachsener. Nun ja, ehrlich gesagt hätten wir uns gestern Abend fast geprügelt.

Das war doch ein gelungener Abend ...

Caleb: Jeder tolle Abend zieht eine große Feier nach sich, und jede Feier endet bei uns in einem großen Saufgelage. Es gab einen Kommentar von Nathan, der mir nicht gefiel. Danach ist jeder auf sein Zimmer gegangen.

Eure Songs leben ja von einer gewissen Spannung und Leidenschaft. Wirken sich Streitereien in der Band womöglich sogar produktiv aus?

Caleb: Oh ja. Wir sind alle von einem ziemlichen Konkurrenzdenken getrieben. Wir sind eine große Familie. Meine Großmutter hat fünf Jungs großgezogen. Und die haben auch alle Jungs bekommen. Da will jeder immer der Beste sein. Wenn wir eine Familienfeier haben, kommen hundert Leute. Dann wird die Nationalhymne gesungen, Hufeisen geworfen und es gibt ein riesiges Feuer - man wird verrückt dabei. Dieses ganze Konkurrenzdenken schwappt sicher auch auf unsere Musik über.

Es ist verwunderlich, dass jemand, der stets seine Familie um sich hat wie Du, Lieder über Themen wie Einsamkeit und Heimatlosigkeit schreibt.

Caleb: Ich bin on the road aufgewachsen, aber ich sehnte mich immer nach einem Zuhause. Der Grund, warum ich mich so einsam fühlte, war der, dass ich nie Beziehungen aufbauen konnte - sei es zu Mädchen oder Freunden. Wir waren ja immer auf der Durchreise. Das passierte so oft, dass ich irgendwann aufhörte, es zu versuchen. Wenn ich jemanden traf, den ich nett fand, war ich sehr reserviert und habe das für mich behalten. Das ist mir ein bisschen anhaften geblieben, wie ein Stigma. Wenn ich heute einen Drink nehme und einen Song schreibe, kehre ich wieder an diesen einsamen, heimatlosen Ort zurück. Das hatte immer schon viel mit Entertainment zu tun. Wenn man jemanden zum ersten Mal trifft, gibt man sich lustig und nett. Fast wie ein Clown, aber nur für den Moment.

Irgendwie bleibt Dir dieses Schicksal treu. Jetzt bist Du viele Wochen auf Tour, wieder von Ort zu Ort getrieben ...

Caleb: Ja, und ich glaube, der Happy-Clown-Aspekt ist derjenige, der unsere Musik für viele Menschen so zugänglich macht. Ganz egal, wie sie sich verändert, in dem Punkt bleibt sie immer identisch. ~ Jens Szameit (teleschau)


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"Auf Partys geben wir noch immer Gas!"

Es gab einen Moment in den letzten beiden Jahren, der die Gemütslage der Kings Of Leon wie vielleicht kein anderer aufzeigte. Nachdem ihnen mit ihrem vierten Album "Only By The Night" und den Hitsingles "Sex On Fire" und "Use Somebody" der internationale Durchbruch gelungen war, spielte das US-Rockquartett 2009 auf dem Reading-Festival - und Sänger Caleb Followill beschimpfte das Publikum, das seiner Meinung nach nur wegen der zwei Hits dort gewesen wäre. Noch vor der Veröffentlichung von... mehr »


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