Konstantin Wecker

Auftritte sind ein Freudenfest


Konstantin Wecker liebt München, trotz alledem - und macht darüber eine neue CD

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Auftritte sind ein Freudenfest

Konstantin Wecker liebt München, trotz alledem - und macht darüber eine neue CD

26.09.2008 Eine schlagkräftige Mischung aus Anarchie und Nostalgie, aber auch eine deftig-herbe Liebeserklärung an München - das alles ist Konstantin Weckers neue CD mit dem etwas verschrobenen Titel "Gut'n Morgen Herr Fischer! - Eine bairische Anmutung", die soeben erschienen ist. Zwischen Valentins "oiden Rittersleit" und Transrapid entstand ein bunter, duftender Lieder-Blumenstrauß. Ein Nebenbeiprodukt, wie Wecker selber sagt, dem man jederzeit die Freude beim Machen anmerkt. Das alles geschah im April, als es mal regnete, mal wieder die Sonne schien, im Sekundenwechsel. Was der April darf, das sei der Kunst nicht verboten, so haben sich Wecker und seine Musiker gedacht und so frisch und frech eine anarchische bairische Revue zusammengemixt.

Ihre letzte CD, "Am Flussufer", die 2004 erschien, war sehr poetisch, fast dadaistisch und ziemlich anspruchsvoll, um nicht zu sagen intellektuell. Haben Sie sich davon jetzt mit Absicht abgewandt? Andererseits ist die neue Platte ja auch alles andere als politisch besonders engagiert.

Konstantin Wecker - A

Konstantin Wecker: Ich wollte mal eine CD machen, die die Welt nicht verändert. Ursprünglich hatte wir ja im Studio etwas ganz anderes vor, das sich dann aber zerschlagen hat. Es war alles gebucht, die Musiker waren da, eine Superband. Da haben wir uns gesagt. "Jetzt machen wir irgendetwas." Ich wollte immer schon mal eine rein bairische CD aufnehmen. Also haben wird Münchner Lieder mit alten Songs von mir gemixt.

Wie kommt's, dass die CD nun ausgerechnet "Gut'n Morgen Herr Fischer!" heißt, genau wie der erste Song?

Wecker: Das ist ein einfaches, anarchisch blödelndes Lied, ein Spottlied auf die Münchner Isarfischer aus alter Zeit. Ich habe es im "Münchner Liederbuch" gefunden, das das Stadtarchiv zur 850-Jahr-Feier Münchens mit schönen Begleittexten herausgegeben hat. Wir haben das Lied etwas wild bearbeitet und gedacht: Das passt zur neuen CD, die ja einfach mal ein Abschweifen ist, eine Mischung aus Volksmusik und Rock 'n Roll mit vielen relaunchten Liedern von mir.

Es ist schon überraschend, dass diese Mischung klappt, von den "oid'n Rittersleit" bis zu den Rock 'n Roll-Befindlichkeiten in "So a saudummer Dog" oder "Anna R. Chie".

Konstantin Wecker - E

Wecker: Die alten Songs wieder auszugraben und neu zu arrangieren, das hat den Musikern und mir viel Freude gemacht. Die "Rittersleit" vom Valentin wollte ich unbedingt dabei haben. Etwas vom Valentin im Original, es sind wirklich seine Texte. Die Hot Dogs haben das ja alles so verwurschtelt.

In den 16 Songs kommt vor allem Ihre Liebe zu München durch. Die Stadt kriegt aber auch ihr Fett weg, sie wird als "Hure" und als "oide Schnoin" besungen.

Wecker: Ja, in dem Lied von Sepp Raith aus den 70er-Jahren. Das hat damals viel Ärger gemacht, und es passt immer noch. Dass München mal die "Hauptstadt der Bewegung" war, das sollte man nicht vergessen. Das Lied spiegelt genauso wie "Wieder dahoam" mein Verhältnis zu München wider. Trotz allem fühle ich mich zu meiner Heimatstadt immer wieder hingezogen. Ich wurde 1947 im Stadtteil Lehel geboren.

Ein Stadtteil, der heute fest in den Händen der sogenannten Schickeria ist.

Wecker: Damals war das ein ganz rustikaler Stadtteil. Da hatten es die Anwälte noch nicht verschönert. Inzwischen ist alles verkauft. Die Isar war damals meine Gegend, da gab es alles, was man sich als Kind erträumt, es war wirklich wie in einem München-Dorf.

Eines der schönsten Lieder ist das über "St. Adelheim", also das Zuchthaus Stadelheim.

Konstantin Wecker - K

Wecker: Ich habe dieses Münchner Volkslied ein bisserl abgeändert, aus einer gewissen Kompetenz heraus. Vor zwölf Jahren habe ich ja, damals wegen Drogenbesitzes, das Zuchthaus von innen kennengelernt. Inzwischen habe ich genügend Abstand, um es zu besingen.

Sicher kein angenehmer Aufenthalt.

Wecker: Die Wasserkübel aus dem Lied gibt es nimmer. Mittlerweile haben sie auch dort fließendes Wasser. Aber Gefängnis bleibt Gefängnis. Ich werde nie vergessen, wie mein Zellennachbar abends beim Sonnenuntergang immer die letzte Strophe des "Adelheim"-Liedes mit Inbrunst zum Fenster hinaus gesungen hat. Es war bewegend.

Sie waren politisch immer sehr engagiert. Sind Sie immer noch so aktiv?

Wecker: Ich engagiere mich weiter friedenspolitisch, innerhalb der Initiative "Kultur des Friedens". Diesem Kreis gehören Musiker wie Theodorakis und Mercedes Sosa an, Wissenschaftler wie Eugen Drewermann. Eines meiner dringlichen Anliegen ist aber auch die Hospiz-Bewegung. Hospize sind ein Segen für die Menschheit. Ich weiß das, seitdem meine Mutter im Hospiz der "Barmherzigen Brüder" in München sterben durfte.

Sie haben vor zwölf Jahren nochmal geheiratet, haben zwei Kinder, neun und elf Jahre alt. Was bedeutet für Sie das fortschreitende Alter?

Wecker: Ich genieße die Routine, die ich mir im Laufe der Jahrzehnte erworben habe. Ich habe so viel an Widrigkeiten erlebt, mir kann heute nichts mehr passieren. Als junger Mann musste ich mich oft fragen: "Ist das Publikum mir womöglich feindlich gesinnt?" Jetzt sind meine Auftritte eher ein Freudenfest. Wahr ist aber auch, dass man sich mit zunehmendem Alter über die Vergänglichkeit der Dinge mehr Gedanken macht. Es ist eine Katastrophe, dass das Alter häufig damit verschwendet wird, sich jugendlich zu trimmen. Das Alter bietet doch die Chance zu vermehrter geistiger Betätigung. Wer im Alter nicht philosophischer wird, dem ist leider nicht zu helfen.

(Die CD "Gut'n Morgen Herr Fischer! - Eine bairische Anmutung" erschien bei "Sturm & Klang", Vertrieb "Alive". Nach Konzerten in München startet Konstantin Wecker mit dem Programm "Was keiner wagt" mit Jo Barnikel - "auf zwei Bösendorfer Flügeln" - eine vierwöchige Tournee, die am 07. Oktober in Halle / Saale beginnt und über Bremen, Berlin, Dresden und Magdeburg nach Stuttgart führt.) ~ Wilfried Geldner (teleschau)


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