Mut und Wobbelfrequenzen
Das britische Quartett Late Of The Pier gehört zu den Neuentdeckungen des Jahres 2008
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Mut und Wobbelfrequenzen
Das britische Quartett Late Of The Pier gehört zu den Neuentdeckungen des Jahres 2008
19.12.2008 Andrew Faley kann sein Glück immer noch nicht ganz fassen: "Es war einfach großartig. Er ist zu einer unserer Shows gekommen und innerhalb von ein paar Tagen war für uns alles anders und er unser Produzent." Die Rede ist von Star-DJ Erol Alkan, der die junge Band Late Of The Pier für sich entdeckt und unter seine Fittiche genommen hat. Andrew, in der Band laut Positionsbeschreibung für "Mut und Wobbelfrequenzen" zuständig, sitzt in seiner Küche in Castle Donington, einem kleinen Ort in der Nähe der englischen Stadt Nottingham und redet atemlos über den noch frischen Erfolg seiner Band, die mit ihrem Debütalbum "Fantasy Black Channel" für einiges Rascheln im Blätterwald sorgte.
Die gerne mal hysterischen englischen Poporgane riefen Late Of The Pier sowohl zu einer Art Arctic-Monkeys-Nachfolgeband als auch zum neuen "New Rave"-Wunder aus. Ganz abgesehen davon, dass solche Vergleiche immer hinken und zu bemüht sind, wird ihnen beides nicht gerecht. Sie sind zwar mit Anfang 20 nur wenig älter als die Arctic Monkeys zum Zeitpunkt ihres Durchbruchs, ihre zusammengewürfelte Tanzmusik klingt aber komplett anders als deren atemloser Indierock. Und auch wenn es stimmt, dass ihr Sound rau, tanzbar und elektronisch ist, sind Late Of The Pier etwa von den Ballerbeats des französischen New Rave-Labels Ed Banger doch weit entfernt. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als "Sonic Rock".
Einfacher ist da schon die "geschichtliche Einordnung". Denn die Entstehung von Late Of The Pier klingt fast wie aus dem Lehrbuch für Schülerbands abgeschrieben: Vier Freunde, die zusammen in einem winzigen kleinen Kaff in der Nähe einer auch nicht so besonders aufregenden Stadt abhängen, kiffen, Videogames spielen, viele Platten hören, ein bisschen programmieren - und dann zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Ihre ersten Liveauftritte spielten die Jungs auf Schülerpartys in und um Nottingham. "Es war wie ein Rausch. Wir sind da hochgegangen und die Kids haben einfach angefangen zu tanzen und sind ausgerastet. Die waren so jung, die haben sicher nichts getrunken oder eingeworfen. Normalerweise spielt man hier ja vor Publikum, das am Anfang des Abends schon 20 Pillen drin hat", erzählt Faley und gibt gleich darauf zu: "Wir müssen eigentlich immer noch lernen live zu spielen."
Eines zeichnet die Musik von Late Of The Pier jedoch schon heute aus: Sie ist durchaus eingängig und eigenständig, schaut durch ein Prisma in die Musik- und Popkulturgeschichte. Man kann dort Radiohits der 80-er entdecken, die Platten ihrer Eltern, aber vor allem auch den Soundtrack ihrer frühen Teeniejahre: Faley erzählt, dass Fatboy Slim und "alles, was die 90er-Jahre so kommerziell gemacht und verschmutzt hat" sie direkt beeinflusst. Ebenfalls großen Einfluss hat aber auch die Tatsache, dass die Musik von Late Of The Pier in den Wohnzimmern der vier Bandmitglieder entsteht. Sie haben noch nie zusammen in einem Proberaum gestanden und bevor sie Erol Alkan begegneten, auch kein Studio von innen gesehen. Den Produktionsprozess beschreibt Faley ironiefrei: "Wir hängen rum und machen Unsinn, reden Quatsch, einer nimmt was auf, spielt damit, dann loopen wir was, produzieren ein bisschen und hängen wieder herum. Es ist als ob sowieso alles passiert, was passieren soll. Alle Ideen sind immer schon da."
Dass der propagierte Dilettantismus auf der einen Seite Selbstzweck mangels Beherrschen der Instrumente ist, auf der anderen Seite aber definitiv den Weg zu einer nächsten Platte, einem größeren Musikprojekt weist, macht die Musik der vier noch interessanter - selbst an Stellen, wo die tanzbare, treibende Mischung an Stilen oftmals etwas wirr wirkt. "Samuels Stimme ist für uns bloß ein weiteres Instrument", erklärt Andrew, die Texte seien spaßiger Nonsens. Alles im Wohnzimmer kann für sie zum Instrument werden und diese werden auch oft untereinander gewechselt, so weigern sie sich Besetzungslisten anzugeben und nennen auf Verlangen teilweise erfundene Instrumente.
Das angerichtete Chaos an Sounds, Samples, Zitaten und Ideen wirkt trotzdem selten unaufgeräumt, eher passend und sympathisch. Der Mix, den die Jungs aushecken, hat offensichtlich auch die Regisseure ihrer Musikvideos begeistert. Die ergänzten visuell, kamen aber nicht in die Versuchung, die Musik von Late of the Pier groß zu übersetzen oder neu zu interpretieren. In "Focker" werden die vier in einem winzigen Raum von einem Musikroboter attackiert. "Das ist so ein cooles und schickes Video", freut sich Faley. "Es ist mit einer Kamera aus den 70-ern gedreht und transportiert trotzdem eine 80er- und 90er-Jahre-Stimmung. Wir lieben das Video. Genauso wie den Clip zu unserer Single 'Heartbeat.'"
Darin stolpern und stürzen sie durch Fantasywelten, historische Kulissen und über verschiedene Planeten. Faley, dem man während des ganzen Gesprächs die Begeisterung für so viele unterschiedliche Dinge anhört, ist, während er noch von den Drehs berichtet, mit seinen Gedanken wahrscheinlich auch schon wieder bei den nächsten Ideen, dem nächsten Lied und dem nächsten Konzert. Und deswegen drängt es ihn dann auch zurück in besagtes Wohnzimmer, in dem er wieder rumhängen und auch ein bisschen produzieren wird. ~ Nina Scholz (teleschau)
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