Wie in den guten alten Zeiten
Mando Diao veröffentlichten "Above And Beyond"
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Wie in den guten alten Zeiten
Mando Diao veröffentlichten "Above And Beyond"
23.11.2010 Die Zeiten ändern sich - und die Orte auch. Wurde das wohl berühmteste "MTV Unplugged"-Konzert aller Zeiten, der Nirvana-Auftritt im Jahre 1993, noch in einem der wichtigsten Fernsehstudios New Yorks aufgenommen, ist die Reihe mittlerweile eine fast ausschließlich deutsche Angelegenheit. Und so laden Mando Diao an jenem Abend nicht nach New York, Los Angeles oder Stockholm, sondern nach Berlin, in ein recht klein wirkendes Studio in Tempelhof. Der Weg ist ab dem S-Bahnhof mit Kreide markiert und führt vorbei an Kneipen, die "Endstation" heißen und Discount-Märkten. Dass es irgendwann zu regnen beginnt, ist beinahe unverschämt symbolisch. Das Format, das kann man so sagen, hat seit den Frühneunzigern an Bedeutung verloren. Unplugged-Auftritte von eigentlich elektrifizierten Rock-Acts sind dieser Tage nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Vor allem aber ist MTV kein Musiksender mehr, sondern Teil einer Senderfamilie, die ab nächstem Jahr größtenteils nur noch gegen Gebühr empfangbar sein wird.
Natürlich haben die Schweden die guten Zeiten noch miterlebt. Vielleicht kann man sogar sagen, dass die guten Zeiten die Schweden prägten. Sänger Björn Dixgard nennt auf die Frage, welches Konzert der Unplugged-Reihe ihn am nachhaltigsten beeindruckte, wie aus der Pistole geschossen Nirvana, die sie in ihren ersten Jahren - wie wohl jede Alternative-Schülerband des Kontinents - ausgiebig durchcoverten. Dass sie das Angebot eines Unplugged-Konzerts sofort wahrnahmen, hat indes andere Gründe. Vielleicht Pflichtbewusstsein: Immerhin fünf Studioalben nahm die Band bisher auf, das letzte, "Give Me Fire", schoss aus dem Stand an die Spitzenposition der Albumcharts, am Mega-Hit "Dance With Somebody" kam 2008 keiner vorbei, der ein Radiogerät besitzt.
Vor allem aber sah die Band in der Akustik-Show eine Art Fortbildungsmaßnahme: "Es macht Spaß, so ein Konzert zu inszenieren. Zu zeigen, wie die Songs auch klingen können und zu überlegen, was man anstelle der E-Gitarren reinbringt. Außerdem kann man seine Fehler nicht mehr verstecken. Man hat also auch den Antrieb, sein Bestes zu geben", erklärt Björn und lacht. Vor allem machte es der Band aber Spaß, Gäste einzuladen. So sagte in letzter Minute eine absolute Legende zu: Kinks-Mann Ray Davies sang gemeinsam mit Mando Diao eine nicht ganz perfekte, aber beseelte Version des Kinks-Hits "Victoria".
Neben Davies sind vor allem zwei weitere Mitwirkende nennenswert: einmal Beatles-Intimus Klaus Voormann. Der ist zwar ein ganz schön guter Bassist und Produzent (was wenige wissen: Er ist der Mann hinter dem Trio-Hit "Da Da Da"), aber eben auch Grafiker und Zeichner. Und so, wie er seinerzeit das Cover des großen "Revolver"-Albums entwarf, saß er bei Mando Diao mit Stift und Papier neben der Bühne und skizzierte den Auftritt. Die Ergebnisse finden sich im Artwork des Albums wieder.
Weiter mit dabei: Juliette Lewis. "Als ich 13, 14 war, fand ich sie ganz schön heiß. Wenn sie sich nicht für eine musikalische Laufbahn entschieden hätte, wäre sie jetzt sicher eine der wichtigsten Schauspielerinnen Hollywoods. Sie wäre ein absoluter Celebrity", sagt Björn. "Sie war aber das Gegenteil. Keine Diva, wir hatten wirklich eine gute Zeit mit ihr. Wir probten, tranken ein paar Bier an der Bar und bestritten am nächsten Tag den Auftritt."
Für den wurde übrigens eigens ein Lagerfeuer auf der Bühne installiert. Auch sonst bemühte sich die Requisite, schuf hinter den Musikern Räume, die einen Bezug zur Laufbahn der Band hatten. Etwa ein Hotelzimmer, oder ein Proberaum. Mando Diao mögen es, wenn man sie darauf anspricht - denn tatsächlich sah der erste Proberaum der Band dem Bühnenbild recht ähnlich. "Er war noch ein Stück kleiner", sagt Björn. "Vielleicht zehn Quadratmeter. Man konnte sich kaum umdrehen." Notiz am Rande: Das Haus gehörte den Eltern des 2003 ausgestiegenen Keyboarders Daniel Haglund. "Wir nahmen dort unser komplettes Album auf. Es hatte ein echtes Homemade-Feeling. Hätte nur gefehlt, dass Daniels Mutter uns noch zum Abendessen hochruft!"
Dieser Tage arbeiten Mando Diao in großen Studios. Etwa in den Stockholmer Räumlichkeiten, in denen schon ABBA an ihren Songs feilten. "Das war ganz hervorragend. Ein altes Kino, in dem die Atmosphäre fast geisterhaft war." Nötig sei das nicht. "Wir haben's gerne etwas abgeranzt und dafür etwas mehr Zeit", gesteht Basser Carl-Johan Fogelklau und grinst.
Trotz Nummer-eins-Albums bleiben Mando Diao eben eine Rock'n'Roll-Band. Eine, die dringend Urlaub benötigt, wie der Bassist sagt: "Wir brauchen Zeit, um etwas anderes zu machen. Wir müssen mal runterkommen. Etwas mehr Zeit haben. Einige Tage mal nicht nur Mando Diao, sondern nur wir selbst sein." Fans müssen sich aber wohl keine Sorge machen: "Ich denke, dass wir im nächsten Jahr wieder ins Studio gehen." ~ Jochen Overbeck (teleschau)
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