Vorbei an den Gegebenheiten
MGMT verweigern sich mit "Congratulations" allen Erwartungshaltungen
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Vorbei an den Gegebenheiten
MGMT verweigern sich mit "Congratulations" allen Erwartungshaltungen
14.04.2010 Vermutlich stellten sich MGMT das alles ein bisschen anders vor, als sie anfingen, Musik zu machen. Andrew VanWyngarden und Ben Goldwasser haben sich aber mit den Gegebenheiten abgefunden, zumindest an jenem Tag. Interview Nummer 19, also. 19 Mal die gleichen Fragen zum dieser Tage erscheinenden zweiten Album "Congratulations" beantworten. 19 Mal höflich sein. 19 Mal erklären, dass das mit den Hits, den Kids, den Stirnbändern alles nur ein riesiges Missverständnis sei. Denn MGMT, die mit den Singles "Kids" und "Time To Pretend" vom Album "Oracular Spectacular" die wohl meistgespielten Indiedisco-Hits der letzten beiden Jahre vermeintlich flockig aus dem Ärmel schüttelten, haben genau darauf überhaupt keine Lust mehr.
Das Gute ist, dass das mit "Congratulations" betitelte zweite Album der Band sich keinerlei Mühe macht, das zu verheimlichen. Vorab-Vermutungen oder -Behauptungen vor allem der britischen Poppresse, es würde sich bei den neuen Songs der New Yorker nicht einmal mehr um Popmusik handeln, sind natürlich Unsinn, oder wie Goldwasser sagt, "ein falsches Zitat, das sich immer weiter verbreitet hat". Aber der Pop ist weniger simpel als zuletzt und geht an der bisherigen Zielgruppe völlig vorbei.
Man dürfe, so Goldwasser, nicht vergessen, dass ausgerechnet oben erwähnte Hits die beiden Songs waren, die sie als Erstes schrieben - vor fünf, sechs Jahren, als sie noch auf dem College waren. Als es für sie schon etwas Besonderes war, mit einer Indiepop-Band wie Of Montreal zu touren und der Blickwinkel auf das Musikbusiness vielleicht ein bisschen ironischer war. "Einen Hit schreiben zu wollen, ist doch eine eigenartige Idee. Seit wann entscheidet der Künstler selber, was ein Hit ist? Das funktioniert vielleicht in einer perfekten Fantasiewelt", erklärt Andrew VanWyngarden.
Heute ist der Pop von MGMT ein anderer. Einer, der laut Band vor allem auf Albumlänge funktionieren soll. Aber auch einer, der etwas abseitigere Dinge, im Übrigen auch Leute abfeiert. "Brian Eno" heißt ein Song, und beide betonen sie höflich ihren Respekt für den Roxy-Music-Altmeister - auch für seine aktuellen Produktionsarbeiten etwa mit Coldplay. "Er war für uns wirklich sehr wichtig. Wir hoffen extrem, das ihm unser Album gefällt. Mit ihm eines Tages zusammenzuarbeiten, zu sehen, wie sein Gehirn funktioniert - das wäre eine feine Sache. Und diese Coldplay-Songs habe ich echt häufig als Ohrwurm", erklärt VanWyngarden.
"Song For Dan Treacy" ist eine Hymne an die britische Band Television Personalities, deren immer so zerbrochener Mix aus Psychedelic und Postpunk sicher einen gehörigen Einfluss auf "Congratulations" ausübte und mit deren titelgebenden Sänger man gerne auch mal herumhängt. "Er war etwas peinlich berührt von der Tatsache, dass wir einen Song nach ihm benannt haben. Ich glaube, er findet ihn durchaus gut, aber er gibt es nicht so wirklich zu. Verstehe ich aber. Ich würde mich da auch eigenartig fühlen. Andererseits schreibt er ständig über andere", sagt Ben Goldwasser und lacht. "Darum geht es uns auch. Über Dinge zu schreiben, die tatsächlich passieren. Über Leute, die tatsächlich existieren", fügt VanWynegarden hinzu. Der dritte Name, der unbedingt zu nennen wäre, ist der von Pete Kember. Der als "Sonic Boom" bekannte Mitbegründer der Shoegaze-Legenden Spacemen 3 produzierte "Congratulations".
Warum all das Namedropping? Weil es die einzige Sache ist, über die MGMT sich gerne unterhalten und weil dieses Nerdtum sie auch ein Stück weit definiert. Wirft man Bands in den Raum, an die einen Songs erinnern, merken sie sich die Namen, erkundigen sich nach deren Songs und Platten. Gleichzeitig hoffen sie, dass andere es ihnen nachtun. "Ich fände es schon schön, wenn jemand, der unsere Platte hört, sich anschließend mit den Television Personalities oder Spacemen 3 beschäftigt", sagt Goldwasser. "Ich glaube auch, dass gerade die neuen Stücke für viele Hörer etwas mehr Sinn machen würden, wenn sie die Einflüsse kennen würden."
Und dann ist da noch die Sache mit dem Leak. "Congratulations" fand sich etwa drei Wochen vor Veröffentlichung gänzlich im Internet wieder. Unangenehm, aber nicht ungewöhnlich. Durchaus bemerkenswert war indes die Art und Weise, mit der die Band mit dem Malheur umging: Sie stellten ihr Album kurzerhand als Stream auf ihre Homepage, dazu die Notiz, dass sie es ganz gerne als kostenlosen Download veröffentlicht hätten.
"Unsere Plattenfirma war dagegen. Das ist wohl ganz natürlich, dass eine Plattenfirma gegen so etwas ist", erklärt VanWyngarden. Und Goldwasser fügt hinzu, dass man den Fans die Platte eben gerne so zur Verfügung gestellt hätte, dass sie sie auch draußen auf ihrem MP3-Player in guter Qualität hören könnten. "Ich glaube nicht, dass man diese Platte sehr gut hören kann, wenn man sie auf dem Laptop hört. Die Leute sollen raus, spazierengehen oder irgendwas anschauen." Die Frage, ob es sie nerve, dass sie sich, was Formalitäten angeht, dann doch dem Zwang der Branche unterwerfen müssen, lächeln sie kalt und souverän weg. Vermutlich haben sich MGMT das alles ein bisschen anders vorgestellt, als sie anfingen, Musik zu machen. Vielleicht ist es ihnen aber auch völlig egal.
MGMT auf Deutschland-Tournee
29.11., Düsseldorf, Stahlwerk
30.11., Hamburg, Docks
06.12., Berlin, Columbiahalle
07.12., München, Tonhalle ~ Jochen Overbeck (teleschau)
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