Es ist schon ein seltsames Bild: Zwischen dem auf Hochglanz polierten R&B-Pop aus den USA, in Gesellschaft von Kesha, Keri Hilson, Lady Gaga, den Black Eyed Peas und Rihanna, hat sich Adam Young alias Owl City in den deutschen Singlecharts platziert. Klar, mit "Fireflies" ist dem 22-Jährigen auch ein extrem flockiger, fast schon nonchalanter Ohrwurm gelungen. Dass er mit dem sanft elektronisch angehauchten Indie-Popsong allerdings weltweit die Hitparaden stürmen würde, darauf hätte vor Jahresfrist wohl niemand gewettet. Denn nicht nur mit seiner Biografie, auch mit seinem Album "Ocean Eyes" fällt Young aus dem handelsübliche Pop-Charts-Rahmen. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
Öffentliche Auftritte scheut Young, er gibt (bislang) keine Interviews und lässt nur wenig über seine Person wissen. So muss man sich sein eigenes Bild machen - und das läuft vorzugsweise auf das Bild eines schüchternen Indie-Nerds hinaus. Der sich hinter seinem Pseudonym versteckt und vor den Aufdringlichkeiten der Außenwelt sicher im heimischen Keller verschanzt. Und der mithilfe einer ganzen Armada von Synthesizern und Drumcomputern, immer bereit, seine sanfte Stimme mit Filtereffekten leicht zu verfremden, an seinen unaufdringlichen Popsongs bastelt. Die sich für ihre Entstehung im dunklen Keller aber außergewöhnlich optimistisch ausnehmen. Selbst wenn Young im Albumopener "Cave In" postapokalyptische Zustände besingt, der Song strahlt und schillert in den hellsten Farben.
Klar, dermaßen unbedarft und abgeschottet, hatte er - bevor er auf die ohrenscheinlichen Ähnlichkeiten aufmerksam gemacht wurde - noch nie etwas von The Postal Service gehört. Denn im Popchart-Kontext mag Youngs Sound ziemlich unerhört sein, die musikalischen Parallelen zum Indietronic-Nebenprojekt von Death-Cab-For-Cutie-Sänger Ben Gibbard sind dennoch mehr als deutlich. Bei "Hello Seattle" mit seiner endlos geloopten, perlenden Synthiemelodie darf man sogar jene sogar frappierend finden.
So zeichnet "Ocean Eyes" denn auch ein leicht zwiespältiges Bild: Auf Albumlänge neigen Youngs Songs ein wenig dazu, sich allzu unaufdringlich zu geben und dahin zu plätschern. Dass sich mit so viel sanftem Understatement dennoch die Popcharts erobern lassen, ist aber nicht nur bemerkenswert. Sondern im Falle von Youngs Album auch absolut hörenswert.