Lebenslänglich Rock'n'Roll? Sterbenslangweilig!
Peter Kraus feiert 70. Geburtstag - und blickt auf seine Karriere zurück
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Lebenslänglich Rock'n'Roll? Sterbenslangweilig!
Peter Kraus feiert 70. Geburtstag - und blickt auf seine Karriere zurück
13.03.2009 Am 18. März 2009 wird Peter Kraus 70 Jahre alt. Und nach über einem halben Jahrhundert im Showbusiness braucht er keine große Vorstellung mehr: Sein Bekanntheitsgrad in Deutschland liegt bei weit über 90 Prozent. Berühmt wurde Kraus vor allem natürlich als frühes Teenie- und Rock'n'Roll-Idol und als Schauspieler in unzähligen Musikfilmen. Dass der vielseitig begabte Künstler auch als Schauspieler an den Wiener Kammerspielen, als Musical-Darsteller, TV-Produzent und Maler Erfolge feierte, ist hingegen weniger bekannt. Auf diese Facetten seines Schaffens legt er großen Wert. Und stellt im Interview klar, dass er stets mehr war, mehr sein wollte als der "deutsche Elvis".
Welche Bedeutung hat Ihr 70. Geburtstag für Sie?
Peter Kraus: Eigentlich eine schöne Bedeutung. Denn wenn ich so zurückblicke, dann habe ich schon mal 70 Jahre ein hervorragendes, schönes, gesundes, sehr aufregendes, witziges Leben geführt. Wenn ich daran denke, wie viele meiner Freunde schon früh verstorben sind, dann ist man mit 70 schon auf der Gewinnerseite. Egal, was auch immer noch passiert.
Gibt eine Leistung, auf die Sie besonders stolz sind?
Kraus: Ich bin stolz, dass ich auch Regiearbeiten gemacht habe. In meiner Jugend hätte ich gesagt: So mit 40, 45, spätestens mit 50 mache ich nicht mehr den Affen und schminke mich nicht mehr (lacht)! Zu dem Zeitpunkt will ich nur noch hinter der Kamera stehen. Aber ganz ehrlich, ich stellte dann doch fest, dass es mir am meisten Spaß macht, auf Tournee zu gehen. Die unmittelbare Reaktion des Publikums ist einfach das Schönste für mich. Und deshalb ist auch mein ganzes Leben anders gelaufen als geplant. Denn im Grunde genommen ist das Auf-die-Bühne-gehen, das Gut-Aussehen-Sollen ziemlich furchtbar (lacht). Oder überhaupt das Starsein. Ich bin nicht gerne Star - wenn ich mich so bezeichnen darf. Was ich wahrscheinlich darf, nachdem man heute in Deutschland schon als Star beginnt.
Bereuen Sie rückblickend gewisse Karriereschritte?
Kraus: Nein. Warum sollte man denn etwas bereuen? Sehen Sie, wenn man den Beruf so angeht wie ich, dass man möglichst alle Sparten irgendwann einmal ausprobieren möchte, dann ist das natürlich schwierig - besonders in Deutschland. Denn bei uns ist ein gewisses Schubladendenken ausgeprägter als anderswo. Ich bereue es aber nicht, alles ausprobiert zu haben. Ich glaube es war von Anfang an so geplant, alle Register zu ziehen. Ich bin nun mal ein unruhiger Typ.
Inwiefern?
Kraus: Nun, ich könnte mir beispielsweise nicht vorstellen, mein ganzes Leben lang "nur" gesungen zu haben. So wie einige Kollegen, alte Rock'n'Roller, die immer noch durch die Gegend ziehen. Ein extremes Beispiel dafür ist sicherlich Chuck Berry. Ein echter Rock'n'Roller, der sein ganzes Leben lang einfach seine Songs zum Besten gab. Das finde ich unheimlich bewundernswert. Aber es wäre nicht mein Bier. Ich würde sterben vor Langeweile (lacht).
Bereuen Sie es denn wenigstens, dass Ihr Management damals verhinderte, dass Sie Elvis treffen, weil man den direkten Vergleich fürchtete?
Kraus: Ja natürlich. Ich fand diese Denkweise damals schon in Ordnung. Wir ahnten ja nicht, dass der Bursche stirbt. Und ich dachte mir in meinem jugendlichen Elan, irgendwann laufen wir uns schon über den Weg. Dass wir dann jetzt erst im Himmel zusammen rocken (lacht), das konnte ich natürlich nicht wissen.
Wie fanden Sie denn das Etikett "der deutsche Elvis"?
Kraus: Er war eben der Größte auf der Welt. Aber mit dem Elvis-Etikett mussten ja auch Adriano Celentano, Cliff Richard und Johnny Hallyday leben. Aber alle haben es gut überstanden (lacht). Und für den Karrierestart war die Bezeichnung auf jeden Fall sehr hilfreich. Nur mit meinem Namen allein hätte diese neue Musik für junge Leute sicherlich nicht so funktioniert. Andererseits war das auch gar nicht so einfach, denn das Etikett "Elvis" war am Anfang ja keine Auszeichnung. Ich könnte Ihnen Artikel vom "Spiegel" und anderen Zeitungen und Magazinen zeigen, in denen er als "Zitterrochen, der weder singen noch Gitarre spielen kann" bezeichnet wurde. Aber diese Phase dauerte ja nicht lang.
Wie sehen Sie diesen Vergleich heute?
Kraus: Naja, wenn schon "der deutsche Elvis", dann würde ich gerne noch so viele Platten verkaufen wie er (lacht).
Elvis war aber sowieso nicht Ihr Idol. Aufgewachsen sind Sie mit anderer Musik ...
Kraus: Richtig, das kam hauptsächlich durch meinen Vater. Um nach dem Krieg Geld dazuzuverdienen, machte er Schauspiel und Kabarett, trat nachts in einer Bar in Wien auf. Dort musste er natürlich viele englische Sachen singen. Und wenn er in unserer Wohnung, sprich unserem einzigen Zimmer, übte, dann trällerte ich immer mit. Ich kann die Texte von Sinatra noch aus meiner Kindheit auswendig. Später waren Fred Astaire und Gene Kelly meine größten Vorbilder. Und Revue-Filme fand ich einfach sensationell. Dann beschäftigte ich mich mit dieser Musik. Mit 14 oder 15 fing ich - wegen Sammy Davis jr. - auch an, zu steppen. Die großen Entertainer, die haben mich begeistert.
Mussten Sie bei solch einem aufgeschlossenen Elternhaus überhaupt jemals selbst rebellieren?
Kraus: Ich nicht, nein. Überhaupt nicht. Mein Vater fand das alles super. Wir haben sehr viel diskutiert, aber das ist eine andere Geschichte, denn natürlich hat mich mein Vater damals beraten. Er war letzten Endes auch derjenige, der mir riet, meinen ersten Plattenvertrag zu unterschreiben und meinte: Probier' es doch einfach! Vielleicht wird das ja gar nichts mit dem Rock'n'Roll. Denn so richtig glaubte man nicht daran. Wir dachten ja auch, dass das zwar in Amerika funktioniert, aber in Deutschland für solch eine Musik alles viel zu prüde ist.
Dass dem nicht so war, zeigte sich spätestens mit Ihren ersten Erfolgen als jugendlicher Rock'n'Roller. Gibt es ein Ereignis aus dieser turbulenten Zeit, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Kraus: Ich möchte eigentlich gar kein einzelnes Erlebnis herauspicken. Wo soll ich anfangen? Meine erste Tournee war schon mit Freddy Quinn. Er war der Star mit seinen Seemannsliedern, und ich sollte in der Pause drei Lieder singen. Eigentlich war ich aber der Star, denn bei mir war der Teufel los. Da gab's keine Absperrungen oder Pässe wie heute. Nach der Vorstellung waren plötzlich Mädels in der Garderobe, und dann waren die im Hotel (lacht).
Die damaligen Tumulte kann man sich heute kaum noch vorstellen ...
Kraus: Ja, es gingen dann ja auch ganze Säle kaputt. Aber das war noch nicht das, was später stattfand. Rebellion, Mofa-Gangs, die einfach nur randalieren wollten. Ganz am Anfang war das noch richtige Euphorie, richtige Begeisterung. Und dann wurde aus Versehen was eingedrückt, zerbeult, weil's eben nicht anders ging.
Hatten Sie jemals Angst um Ihre Gesundheit?
Kraus: Nein. Ich hätte ja auch damals niemals daran gedacht zu sagen: So geht das nicht mehr, ich brauche vier Bodyguards! Dann hätten die Fans ja sofort gesagt: Jetzt spinnt er. Das hätte gar nicht funktioniert zu dieser Zeit. Damals musste ein Idol "einer von uns" sein. Keiner, der von einem anderen Stern kommt. Sondern jemand zum Anfassen. Die Fans griffen mir auch ins Haar, Gitarren gingen kaputt. Furchtbar (lacht).
Aber diese Phase ging ja auch relativ schnell vorüber. Sie wurden bald zum familientauglichen Star ...
Kraus: Das war damals eine schwierige Gratwanderung. Einerseits rebellieren, die Jugend auffordern: Kinder, lasst euch von euren Eltern nichts mehr sagen, gebt Gas, traut euch! Auf der anderen Seite musste ich ein schönes weißes Hemd, Maßanzüge und Krawatte tragen, und der nette Schwiegersohn sein. Denn mein Management und ich, wir erkannten natürlich sofort, dass wir mit dem "eigentlichen" Rock'n'Roll nicht weiter kommen. Wir verkauften von der ersten Platte, "Tutti Frutti", glaube ich, 130.000 Stück. Das wäre heute eine Sensation. Aber mit dem "eigentlichen" Rock'n'Roll hätten wir keine Platten verkauft. Und dann kam der Imagewechsel schnell. Wir verkauften dann von - ich nenne sie jetzt mal - "Mädels-Einlull-Liedern" wie "Wenn Teenager träumen" gleich mal 600.000 Stück. Und ich war zwar von Liebe zur Musik ein Rock'n'Roller, aber ich war nie einer wie Jerry Lee Lewis, der aus voller Überzeugung ein Klavier zusammendrischt (lacht). Das hätte mir auch nie Spaß gemacht. Ich wollte ja eigentlich Schauspieler werden. Oder Revuestar.
Also eigentlich ein klassischer Entertainer sein, oder?
Kraus: Richtig, da wollte ich hin. Mit 20, 21 machte ich dann ja meine erste Fernsehshow. Die hat meine echten Fans auch richtig enttäuscht. Weil ich Blues- und Swing-Sachen und Parodien machte. Und die wollten ein bisschen Schlager und Rock'n'Roll hören. Aber ich wollte ja weiterkommen, wollte zum Entertainment. Denn Rock'n'Roll-Musik ist zwar traumhaft schön, aber ihre Vielseitigkeit ist eben sehr gering. Es ist Tanzmusik, kein Feld, mit dem man sich das ganze Leben beschäftigen kann.
Abgesehen davon, dass alternde Rock'n'Roller manchmal lächerlich wirken, als klassischer Entertainer das Alter aber kaum eine Rolle spielt.
Kraus: Im Grunde genommen stimmt das. Und ich fühle mich eigentlich ganz wohl in meiner Haut. Ich denke, dass mein Publikum das Augenzwinkern erkennt, wenn ich immer noch Rock'n'Roll-Bewegungen auf der Bühne mache. Ich hab mich ja immer schon so verkauft. Daran ist sicherlich auch mein Idol Sammy Davis Schuld. Ich werde nie vergessen, wie ich ihn das erste Mal sah. Ich war 17, hatte meine erste Kohle, flog nach Amerika. Und schon damals verkaufte Sammy die klassische Entertainer-Nummer. Er holte seine Steppschuhe auf die Bühne, und das Publikum johlte. Dann tat er so, als wäre er eigentlich schon viel zu alt fürs Steppen. Das Publikum tobte wieder. Aber erst ganz am Schluss der Show ließ er sich einen extralangen Schuhlöffel bringen, damit er sich nicht bücken musste. Und dann steppte er wie der Teufel. Da dachte ich mir - schon mit 17: Ja, das ist Entertainment! So wird's gemacht, so wird's verkauft. Eigentlich arbeitete ich auch immer nach diesem Motto. Deswegen glaube ich auch, dass bei mir etwas anderes ist als bei anderen Künstlern, die sich selbst zu ernst nehmen und so tun als sei die Zeit nicht stehen geblieben. Das tue ich nicht. Dabei würde ich mir auch komisch vorkommen. ~ Stefan Weber (teleschau)
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