Mit diesem Comeback konnte man fast nicht mehr rechnen. Noch vor gut einem Jahr hatte Phil Collins verkündet, dass er sich bei der letzten Tour mit seiner Ex-Band Genesis am Nacken verletzt habe und auch nach einer Operation weder Drumsticks halten oder Klavier spielen könne. Doch jetzt scheint der 59-Jährige aus der körperlichen Not eine musikalische Tugend machen zu wollen. Für sein neues Soloalbum "Going Back", dem ersten seit acht Jahren, musste er auch keine Songs am Klavier komponieren. Collins begnügt sich damit, alte Soul-Klassiker aus seiner Jugend möglichst originalgetreu zu reproduzieren. ~ Stefan Weber (teleschau) aufklappen »
"Ich wollte diesen großartigen Songs keineswegs etwas 'Neues' beifügen", erklärt Collins. Dieses Ziel ist ihm definitiv gelungen: "Going Back" ist zwar in großer Besetzung eingespielt, das Album macht sich dennoch klein, fast unauffällig. Collins entstaubt die Songs von Martha & The Vandellas, den Four Tops, Curtis Mayfield oder Smokey Robinson ganz bewusst nicht, im Gegenteil: Er legt so viel produktionstechnische Patina auf die Soul-Klassiker, dass der Eindruck entsteht, seine Interpretationen kämen direkt aus einem alten Transistorradio oder der Jukebox. Dazu passt auch, dass Collins drei Mitglieder der legendären Motown-Studioband, den Funk Brothers, für die Mitarbeit an "Going Back" gewinnen konnte.
Klar: Neu ist hier gar nichts. Selbst Collins' Liebe zu alten Soul-Evergreens kann niemand verwundern, machte er doch bereits in 80er-Jahren den Supremes-Klassiker "You Can't Hurry Love" zu einem seiner größten Hits. Mancher wird sich nun vielleicht fragen, worin dann die Leistung von "Going Back" besteht. Nun, ganz einfach darin, dass Collins mit größter Liebe zum Detail die Songs seiner Jugend nachbaut. Ohne den Disney-Schwulst, der seine Balladen teilweise unhörbar machte. Und nicht zuletzt darin, dass er hörbar Spaß bei der Arbeit hatte. Im Vergleich zu den Originalen schneiden Collins' Versionen dabei auch gar nicht mal schlecht ab: "Papa Was A Rolling Stone" von den Temptations etwa bleibt auch beim Briten ein treibender Soul-Funk-Hit, "(Love Is Like A) Heatwave" trägt er mindestens so leidenschaftlich vor wie einst Martha & The Vandellas.
An einigen Stellen ist die Fallhöhe dann allerdings zu hoch: An Stevie Wonders stimmlichen Drive bei "Uptight (Everything's Alright"), den zarten Schmelz von "Blame It On The Sun" reicht Collins nicht heran. Dass er mit Letzterem aber einen eher unbekannteren, nichtsdestotrotz großartigen Song des blinden Soul-Genies auswählt und auch sonst keineswegs nur "Motown's Greatest Hits" präsentiert, ehrt ihn dann auch wieder. Wie überhaupt festzustellen bleibt: ein mehr als ehrenswertes Comeback.