Queen

Die Wiederkommer


Queen und Paul Rodgers versuchen, anders zu klingen

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Die Wiederkommer

Queen und Paul Rodgers versuchen, anders zu klingen

12.09.2008 Die Crew freut sich vermutlich nicht so. Denn die etwa drei Dutzend Medienvertreter und Plattenfirmenangestellten, die an jenem schwülen Nachmittag in einer Produktionshalle im Norden Londons einfallen, trinken erst einmal den Kaffee weg, die Cola weg. Und: Sie halten den Betrieb auf. Brian May, Roger Taylor und Paul Rodgers selber sehen's ein bisschen anders. Nicht nur als Band-, sondern auch als Nagelprobe. Die Bühne steht, die Musik auch. Trotzdem: Der kurze Einblick in das, was passiert, wenn Queen + Paul Rodgers Musik machen, irritierte, was auch an der Songauswahl gelegen haben mag.

Es ist eben Paul Rodgers und nicht Freddie Mercury. Auf diese Formel kann man die neue, alte Formation, die da auf einer für die kleine Halle arg überdimensioniert wirkenden Bühne steht, herunterrechnen. Die Songs, die sind hingegen vornehmlich die alten. Ein Dilemma, das vor allem dann erkennbar wird, wenn die Stücke solche sind, die ihre Prägung eigentlich durch den charismatischen Frontmann erhielten. "Another One Bites The Dust" etwa. Es ist natürlich nicht so, dass Rodgers, der mit den Hardrockbands Free und Bad Company in den 70er-Jahren durchaus eigene Erfolge vorweisen konnte, daran scheitert.

Queen - R

Aber irgendwie klingen die Neu-Versionen doch nicht so schön wie die Originale, weil etwas Essenzielles fehlt: Das Sexuelle, das Mercury in die Musik von Queen einbrachte, diese "I Want To Break Free"-Verzweiflung und auch der Glamour, all das findet man hier nicht mehr. Ein Punkt, den die Band nicht zu verstecken versucht und der vermutlich allen Beteiligten bewusst ist. Auf "The Cosmos Rocks", dem jetzt erschienenen ersten Studioalbum der neuen Formation, geht's musikalisch wesentlich organischer zur Sache. Man hat nicht den Eindruck, dass Rodgers, ja seit einigen Jahren live bereits mit May und Taylor unterwegs, bei Queen gelandet ist. Man hat vielmehr den Eindruck, dass die beiden bei ihm, bei seinem maskulinen Traditionalisten-Rock angekommen sind. Musikalisch mag das nicht so spannend sein, integer ist es auf jeden Fall, und sicher auch authentisch. Nur in jener Produktionshalle fällt der Spagat aus altem Material auf der einen und den wenigen neuen, gemeinsamen Songs auf der anderen Seite schon auf.

Die Band weiß das. "Wir werden auf den Konzerten viele alte Songs spielen, viele Favoriten. Aber unsere Vorstellungen gehen eher dahin, dass wir im Verlauf der Tour das neue Material etwas in den Vordergrund bringen", erklärt Roger Taylor am nächsten Vormittag. Die Begründung des Queen-Schlagzeugers ist dabei eine durchaus schlüssige: Gerade in Osteuropa - die Band ist anfangs in Russland und der Ukraine zu Gast - wäre man mit den neuen Liedern wohl kaum vertraut, zumal das Konzert in Kiew umsonst sein werde - eine Benefiz-Veranstaltung, um auf die in dem Land prekäre AIDS-Problematik aufmerksam zu machen.

Aber wie fühlt es sich an, wenn ein anderer die Hits singt? Roger Taylor winkt ab, sagt das Naheliegende. Niemand würde einen zweiten Freddie Mercury erwarten, und erstaunlich: Der sei immer ein großer Fan von Paul Rodgers gewesen.

Der sitzt anschließend vor der Journaille, vor Europa, Südamerika und Japan. Jung sieht er aus, und - man mag's ob des vermutlich erdrückenden Proben-Pensums kaum sagen - fast erholt. Höflich ist er ohnehin. "Das Interesse an dem, was wir machen, ist umwerfend", sagt er und lacht ein etwas zu weißes Lächeln. Und dann erzählt er, wie das alles kam. "Brian May bot mir nach einer gemeinsamen TV-Show an, dass er und Roger meine Backingband sein würden, wenn ich ihnen an den Vocals aushelfen würde." Das wäre der erste, wichtige Schritt. Danach kam eine gemeinsame Europa-Tour, die zu einer Welt-Tour wurde. Und jetzt ist eben die Platte da. Keine Queen-Platte. Sondern eine, die auf Paul Rodgers zugeschnitten ist.

Queen - V

"Ich bin nicht besonders gerne in Bands", sagt er. Und erklärt warum. Eine Gruppe bestünde meistens aus vier Personen, die alle gerne führen würden. Und das funktioniere beim besten Willen nicht. In der Tat lässt der Name der Formation, dieses kleine Pluszeichen, Raum für Spekulationen. Und auch an jenem Interviewtag möchte sich niemand so recht festlegen, wie lange die Tour wird, was danach passiert. "Wir schauen seit drei Jahren, wie es so läuft", erzählt Paul Rodgers und betont, dass man sich in einer "Equal Partnership" befände. Das klingt nach einem Businessplan. Und das ist vermutlich 2008 genauso wichtig wie die viel beschworene "Chemistry" innerhalb einer Formation. Roger Taylor stellt indes fest, das man sich auch eine Zusammenarbeit mit anderen Sängern vorstellen könne.

Und Brian May? Brian May ist beruhigenderweise immer noch einfach Brian May und ein Typ, der einfach wahnsinnig gerne Musik macht. Bei den Proben hebt er die Gitarre genau dann ein bisschen an, wenn er ein Solo spielt. Er verzerrt die Mundwinkel ein Stück weit - eben so, wie er das immer schon gemacht hat. Die Haare mögen ein bisschen dünner sein als früher, sind aber nach wie vor von beeindruckender Lockigkeit. Und, wenig überraschend, das mit der Musik ist gar nicht einmal die Sache, über die er am liebsten spricht. Der Mann hat schließlich unlängst promoviert. Dass er sich jetzt deshalb Fragen nach möglichem Leben im Weltall anhören muss, ist vielleicht ein bisschen ungerecht, aber durchaus amüsant.

Immerhin hat er die Möglichkeit, die Dinge ein bisschen geradezurücken. Von der Milchstraße zu schwärmen, von Sternwarten auf Teneriffa. Über seine Zweitexistenz in der akademischen Welt zu sprechen. "Ich mag diese Sprache. Ich unterhalte mich gerne mit Wissenschaftlern", sagt er und ergänzt, dass er da durchaus ehrfürchtig sei: "Die meisten wissen so viel mehr als ich". Aber auch in der Band Queen + Paul Rodgers würde über Naturwissenschaften, philosophische Fragen, Geschichte und Politik diskutiert: "Roger hat eine sehr hochwertige Erziehung genossen und ist extrem versiert in biologischen Dingen. Wir reden viel", so Brian May. Paul Rodgers hingegen sei sehr spirituell, würde die Dinge schnell verstehen. Dann fügt er noch an: "Wir drei sind vermutlich ziemlich untypische Rockstars." Keine Sorge, Herr May. Am Abend vorher, bei den Proben, da wirkte das alles sehr kernig. Die Außenwirkung stimmt.

Tourdaten:

21.09., Berlin, Velodrom

01.10., München, Olympiahalle

Queen - I

02.10., Mannheim, SAP Arena

04.10., Hannover, TUI Arena

05.10., Hamburg, Color Line Arena ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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