Scouting for Girls

Inbrünstige Anti-Popstars


Scouting For Girls setzen auf Gute-Laune-Pop und Normalität

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Inbrünstige Anti-Popstars

Scouting For Girls setzen auf Gute-Laune-Pop und Normalität

25.05.2010 Im Showgeschäft gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder du siehst gut aus oder du bist lustig. Scouting For Girls aus dem Londoner Bezirk Harrow haben sich für Letzteres entschieden. Zu Hause in Großbritannien sind die drei langjährigen Freunde Roy Stride, Pete Ellard und Greg Churchouse mit ihrem kumpelhaften Gitarrenpop bereits ganz oben in den Charts. Frontmann und Bandmittelpunkt Roy ist krank, krank genug, um zum Interview geschont zu werden, weil die Tour bevorsteht. Aber auch Schlagzeuger Pete und Bassist Greg geben bereitwillig über das zweite Scouting-For-Girls-Album "Everybody Wants To Be On TV" Auskunft, räumen aber vor dem Gespräch erst mal geduldig den Raum auf und den Müll zur Seite. So etwas erlebt man selten. Für sie ist das jedoch normal. Normalität ist ohnehin das große Thema des Trios. Denn sie sind Musiker aus Londons unglamourösen Westen - und definitiv keine Hochglanz-Popstars.

"Everybody Wants To Be On TV" habt Ihr Euer zweites Album genannt. Wie findet Ihr es, Euch im Fernsehen zu sehen?

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Pete Ellard: Es ist hart, besonders seine Stimme zu hören. Das deckt sich überhaupt nicht mit der Selbstwahrnehmung. Ich denke, ich habe was Interessantes gesagt und dann höre ich es und verdrehe die Augen: War das wirklich ich? Auch über einen Gesichtsausdruck, der mir völlig normal erscheint, erschrecke ich, wenn ich ihn im Fernsehen sehe.

Greg Churchouse: Ja, es ist sehr komisch (schneidet eine Grimasse). "Everybody Wants To Be On TV" ist ein Statement zum Reality-Fernsehen, das in England genauso wie in Deutschland die Sender beherrscht. Bei jungen Menschen entsteht da ein völlig verzerrtes Bild der Wirklichkeit.

Übertragen auf die Musik waren Karrieren in den Sechzigern oder Siebzigern ehrlicher, oder?

Churchouse: Teilweise. Wobei ich dahin gar nicht zurück wollte. Ich finde unsere Gegenwart für Musiker super. Du bist in der Lage so viel selbst zu machen, du kannst ganze Songs zu Hause aufnehmen, das Internet hilft dir beim Vertrieb. Ich kann meine Sachen einfach veröffentlichen, wenn ich will. Früher war es viel schwieriger, damit an die Öffentlichkeit zu kommen. Wir sollten die Möglichkeiten, die wir heute haben, feiern.

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Auch wenn Ihr eine Band mit gleichberechtigten Mitgliedern seid: Heute ist Roy, Euer Sänger und Mittelpunkt, krank. Macht Euch das nervös?

Churchouse: Weißt Du, wir wollen in Kürze gute Shows spielen und wenn wir ihn dafür ins Bett stecken müssen, tun wir das mit Freuden.

Und genießt es außerdem, mal die ganze Aufmerksamkeit zu bekommen?

Churchouse: Ganz genau, wir brauchen den nicht (lacht).

Ellard (grinst): Wir sind Freunde - und zwar seit wir kleine Knirpse waren. Nach 20 Jahren kennt man sich so gut, da steht keiner im Mittelpunkt. Neid ist uns fremd.

Wisst Ihr noch, was Ihr früher aneinander mochtet?

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Ellard: Das ist immer ganz schwierig zu erklären, warum man sich angefreundet hat. Wir mögen uns bis heute - und ich bedauere immer die gecasteten Bands, die sich vielleicht nicht leiden können und so viel Zeit miteinander verbringen müssen.

Churchouse: Für mich war ein einschneidender Punkt, als wir anfingen, zusammen auf Konzerte zu gehen, da nahm die Kinderfreundschaft neue Züge an.

Greg, dieses T-Shirt mit dem Kellogg's Tiger ist wirklich todschick. In der TV-Werbung in den Achtziger-Jahren wurde der lebendig.

Churchouse: Danke, das ist auch eins meiner Lieblingsshirts ... (schaut an sich herunter). Ich hab es vielleicht schon ein paar Mal zu oft angehabt.

Seit Deinem siebten Lebensjahr?

Ellard: Ja, das kommt hin (lacht).

Churchouse: (grinst) Ich habe geschätzte 100 T-Shirts, und immer wenn ich die Tür von meinem Schrank aufmache, kommen sie mir entgegen.

Hattest Du mal das Gefühl, Dich anpassen zu müssen, weil Ihr jetzt Karriere macht?

Churchouse: Nein, wir sind genau, was du siehst. Wir tun und tragen, was wir sind. Ich bin in einer coolen Rock'n'Roll-Band, und es geht um die Musik.

Ellard: Ich denke immer, die Menschen durchschauen, wenn du was darstellen willst, was du nicht bist.

Ihr geltet als die Anti-Popstars, was heißt das genau?

Churchouse: Wir finden einfach in der Boulevardpresse nicht statt, verzichten meist auf Promi-Partys, stattdessen gehen wir nach Hause, zu unseren alten Freunden und trinken ein Bier im selben Pub wie früher.

Ellard: Die Band ist berühmt, wir hingegen nicht. Kein Mensch erkennt uns auf der Straße. Wenn wir alleine sind, sind wir an Normalität nicht zu übertreffen, zu dritt sind wir Scouting For Girls.

Die optimale Kombination.

Ellard: Ja, allerdings gibt es jetzt eine Ausnahme. Vor ein paar Tagen in Köln hat mich einer beim Namen gerufen. Ich dachte, der kann mich nicht meinen. Bis mir jemand auf die Schulter tippte und mich mit Vornamen ansprach. Himmel, war das unheimlich.

Daraufhin hast Du gleich ein Foto von Euch beiden gemacht.

Ellard: Ja, genau (lacht).

Was genießt ihr am meisten an dem Zustand, unbeobachtet zu sein?

Churchouse: Wir brauchen weder unseren Körper noch unser Gesicht um Alben zu verkaufen. Das ist erfreulich wenig oberflächlich.

Ellard: Wir sehen keinen Sinn darin, garstig und fies zu sein. Wir sind alle drei einfach nette Jungs.

Worin liegt das Eurer Meinung nach begründet?

Ellard: Es hat bestimmt was mit unseren Eltern zu tun, ich glaube, ich bin gut erzogen. Und der zweite Punkt ist der Respekt voreinander innerhalb der Band. Auch wenn ich es vorhin schon gesagt habe: Freunde zu sein, macht alles leichter.

Also spiegelt der Optimismus Eurer Songs im Grunde Eure Charaktere wider?

Churchouse: Definitiv. Das ist unsere Herangehensweise, so klingt auch die Musik.

Ellard: Wir wollen die Menschen aufheitern, möchten, dass sie bessere Laune bekommen. Anderen Mut zu machen, sehe ich als unser Anliegen und unsere Aufgabe. Und wenn du selber Spaß dabei hast, haben auch die Zuschauer eine gute Zeit.

Churchouse: Für mich gesehen wüsste ich keinen Grund, unzufrieden zu sein. Seit ich zehn bin ist für mich nur relevant, was mit Musik zu tun hat. Ich will da nicht weg und kann mir auch nicht vorstellen, dass ich dieses Feld mal verlasse.

Die vergangenen zweieinhalb Jahre lief es gut mit der Musik. Womit habt Ihr denn vorher Euer Geld verdient?

Ellard: (schmunzelt) Ich hab mal für Greg gearbeitet ...

Er war Dein Chef?

Ellard: Naja, es war so ein Ferienjob in einem Weinhandel - aber ich war der Fahrer. Der Fahrer, der massenweise Alkohol transportiert, ohne ihn zu trinken. Nein, das habe ich nicht lange gemacht. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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