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Liebe, Betrug, Misstrauen, Vergebung


Seal veröffentlicht "VI: Commitment"

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Liebe, Betrug, Misstrauen, Vergebung

Seal veröffentlicht "VI: Commitment"

27.09.2010 Es ist nicht einfach, ein Interview mit Seal (47) zu organisieren. Denn bevor die berühmte Samtstimme einem aufgezeichneten Vier-Augen-Gespräch zustimmt, verlangt er von Journalisten eine Erklärung, in der diese versprechen, keine Fragen zu seiner Familie oder seinem Privatleben zu stellen. Es soll nur und ausschließlich über Seals neues Album "VI: Commitment" gesprochen werden. Klar - Seal hat keinen Bock, die ewig gleichen Gerüchte, er und Topmodel-Chefin Frau Heidi Klum könnten sich trennen, zu kommentieren. Dennoch: Gerade dieses Verbot lenkt natürlich die Aufmerksamkeit erst auf sein Privatleben und gibt Anlass für Gerüchte. Im Interview selbst ist Seal ganz der geschmackvolle, über allem schwebende Künstler, der nur über sein neues Album sprechen möchte. Doch wer sich das, was er sagt, ganz genau anhört, der hat eine Ahnung, was bei Heidi und Seal zu Hause alles passiert sein könnte.

Ihr Album startet mit einer Piano-Melodie, doch innerhalb von Sekunden baut sich eine Wall of Sound auf. War es eine bewusste Entscheidung, eine Art Statement, das Album so pompös beginnen zu lassen?

Seal - S

Seal: Ich finde, ein Album sollte wie ein Buch sein. Mit Anfang, Mittelteil und Schluss. Und ein Buch sollte wie ein Film sein. Wenn du dir einen Film anschauen gehst, muss da am Anfang etwas passieren, das dir den Grund dafür gibt, den Rest des Films anschauen zu wollen. Wenn sie dich in den ersten 15 Minuten verlieren, wird es schwer sein, dich nochmal für den Film zu begeistern. Also muss da irgendeine Art Event sein. Und über Musik-Alben denke ich das gleiche. Es muss eine Art Startschuss geben, ein Event zu Beginn.

Sprechen Sie von der aristotelischen Theorie des Dramas?

Seal: Ja, ganz genau. Ein Album ist wie eine Reise - im Bestfall. Ansonsten ist es allenfalls eine lose Ansammlung von Songs. Aber ein Album, eine Platte sollte wirklich wie eine Reise sein. Es sollte den Zuhörer auf einen Trip einladen. Es sollte ihn einladen, und man sollte sich drauf einlassen.

Zu was für einer Art von Trip lädt Ihr neues Album ein?

Seal - E

Seal: Das weiß ich nicht, denn es ist ja Ihr Trip, den sie mit meinem Album antreten. Für mich ist es eine Reise der Erfahrungen. Eine Reise der Suche, der Offenbarung, der Akzeptanz. (Seal zögert, er macht zwischen jedem Begriff eine lange Pause, in der er die Augen schließt und grübelt.) Liebe - Betrug - Misstrauen - Vergebung - Einsamkeit - Begnadigung. All dies.

Die Texte auf Ihrem Album sind sehr direkt. Man bekommt das Gefühl, dass man die Worte auch in einem normalen Gespräch benutzen könnte ...

Seal: Sehr gut beobachtet. Mein Songwriting tendiert dazu, direkt und ehrlich zu sein. Es handelt sich bei meinen Texten oft um Gespräche, die ich geführt habe, Gespräche, die ich mitgehört und dann für mich umgeschrieben habe, oder aber Gespräche, die nur in meinem Kopf stattgefunden haben, ohne dass ich jemals etwas davon ausgesprochen hätte. Das ist das Großartige an Musik: Sie gibt mir die Möglichkeit, Sachen zu singen, die ich so niemals sagen würde. Dabei kann ich abstrakt sein, Metaphern nutzen, die mir die Fähigkeit verleihen, etwas auszudrücken, das man in Gesprächen nicht so leicht über die Lippen bringen würde. Gleichzeitig gibt's auch Situationen, in denen jemand was zu mir sagt, was irgendwann - bewusst oder unbewusst - in einem Song von mir wieder auftaucht.

Stellen wir uns vor, Sie führen ein Gespräch. Sie wollen etwas sagen, bringen es aber nicht heraus. Stattdessen schreiben Sie es in einen Song, den die betreffende Person hört. Wie reagiert diese Person? Kommt so was vor?

Seal: Ich weiß es nicht. Bisher hat mich niemand auf die in meinen Songs fortgesetzten Diskussionen angesprochen. Vielleicht hat's keiner jemals bemerkt. (lacht)

Wie schreiben Sie Ihre Songs? Was ist zuerst da - Musik oder Texte?

Seal - S

Seal: Weder noch. Zuerst kommt die Emotion. Manchmal wird die Emotion durch einen Akkord auf der Gitarre geweckt, sie tritt aus ihrer Deckung hervor, aber sie war schon immer da.

Haben Sie eine Band, mit der Sie im Proberaum an den Songs herumimprovisieren?

Seal: Nein. Ich arbeite viel am Computer. Schließlich wird heute alles mit dem Computer gemacht. Meistens nehme ich eine Gitarre, ab und zu auch mal einen Bass oder eine Trommel, und dann geht's los. Ich arbeite meistens zu Hause, denn Studios mag ich nicht. Ich verachte sie sogar, denn ein Studio ist der unnatürlichste Raum, in dem man Musik machen kann. Ich mag helle, klimatisierte, freundliche Räume. Studios sind meistens dunkel, stickig, keine Klimaanlage, kein Tageslicht. Sie sind zwar gut ausgestattet, aber ich mag sie überhaupt nicht. Ich werde im Studio nie inspiriert. Das Gleiche mit Proberäumen: Ich will nicht in dunklen Löchern proben, sondern auf der Bühne.

Was bevorzugen Sie: Den inspirierten, kreativen Prozess, in dem Ihre Musik entsteht - oder live auf der Bühne stehen und spielen?

Seal - V

Seal: Das ist eine gute Frage (zögert). Schwierig zu beantworten. Die Initialzündung, mit der ein Song entsteht, hat etwas Göttliches. Dieser Moment ist wunderschön und magisch: Erst existiert nichts, doch nur ein Wimpernschlag später ist da etwas. Ein seltsames, aber sehr schönes Phänomen, das ich immer noch nicht verstanden habe. Ich weiß nur, dass ich besser niemals genauer darüber nachdenken sollte, sonst verliert es seine Magie. Wahrscheinlich bevorzuge ich den kreativen Prozess. Doch auf der anderen Seite steht das Kollektiv: Ich liebe es, im Kollektiv zu arbeiten. Zu kollaborieren. Denn wenn Menschen miteinander arbeiten, funkt es.

Sie haben Architektur studiert und als Architekt gearbeitet, bevor sie Pop-Sänger wurden. Vermissen Sie manchmal Ihren alten, "normalen" Beruf?

Seal: Nein! Niemals! (lacht) Als Architekt muss man immer für irgendjemanden arbeiten. Man hat immer einen Kunden. Das vermisse ich nicht. Ich respektiere diese Art, zu arbeiten, aber ich wäre ein schrecklicher Architekt. Dafür fehlt mir einfach die Leidenschaft. Und wenn ich nicht genug Leidenschaft für etwas aufbringen kann, bin ich schlecht. Ich mag Architektur, ich interessiere mich sehr dafür, aber es dauert auch so lange, ein Haus zu bauen. Das ist nicht mein Ding.

Sie sagen, Sie mögen es nicht, für jemanden zu arbeiten. Sehen Sie Ihre Musik nicht als Arbeit an?

Seal: Das ist eine gute Frage. Manchmal ist es Arbeit, doch meistens ist es Spaß. Auch wenn mich niemand dafür bezahlen würde, ich würde Musik machen. Denn ich muss Musik machen. Das ist meine Ausdrucksform, so erlange ich meine Katharsis. Die Tatsache, dass ich davon leben und meine Familie mit der Musik unterstützen kann, ist nur eine Zugabe und auch eine sehr unglaubliche Tatsache (lacht). Das ergibt eigentlich gar keinen Sinn. ~ Benjamin Weber (teleschau)


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