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Hochkultur mit Pöbel-Kante


Sido veröffentlicht "MTV Unplugged aus'm MV"

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Sido veröffentlicht "MTV Unplugged aus'm MV"

28.05.2010 Spannend ist immer das, was man nicht sieht. Deshalb hier eine kleine Hintergrundinformation: Am Ende der Aufzeichnung von "MTV Unplugged aus'm MV", das dieser Tage als CD und DVD erscheint, hatte Sido schlechtere Laune als am Anfang. Schuld daran war die Regie, in diesem Falle eine Stimme aus dem Off, die etwas latent Lehrerhaftes hatte und natürlich wusste, wo es während des Konzerts in einem Gemeindehaussaal im Märkischen Viertel hakte. Und eben jene Stimme teilte Sido dann mit, welcher Song noch einmal zu spielen wäre. Fummelarbeit, wegen der sogenannten Kontinuität. Man muss schließlich darauf achten, dass nach dem Schnitt nicht auffällt, dass da geschnitten wurde. Die Brille muss die gleiche sein. Die Jägermeister-Flasche so positioniert werden wie eine Stunde früher.

In Sachen Requisite gab man sich ohnehin alle Mühe. Ein Spielplatz (klar, bei "Augen auf" turnt hier der Kinderchor herum), eine Bank zum Herumlungern, eine Alditüte. Im Hintergrund stilisierte Häuserfratzen des "MV", des Märkischen Viertels, einer ab Mitte der 60er-Jahre gebauten Trabantenstadt im Norden Berlins. Hier wuchs Sido auf.

Sido - E

Bemerkenswert ist an dem etwa einstündigen Auftritt aber sein Versuch, das Genre HipHop hinter sich zu lassen. Mit den Klischees des Maskenmanns, des Gangsters aus dem Getto, spielt er nur noch. Das findet seinen Widerhall in der Gästeliste. Statt Mitstreitern aus dem Genre wie Azad oder B-Tight bedient sich Sido im Mainstream: Kurt Krömer, Lokalmatador des Berliner Humors, darf bei "Hey Du" die Hookline singen und ein paar Witze reißen. Soul kommt nicht nur von der Unplugged-Band, sondern auch von Sidos Lebensgefährtin Doreen, früher einmal bei den "Popstars"-Blindgängern Nu Pagadi. Gemeinsam mit Stephan Remmler covert der Rapper den Trio-Hit "Da, Da, Da". Den Spagat in den kontemporären Pop macht Adel Tawil, der mit Sido das Duett "Der Himmel soll warten" schrieb und einsingt. Einzige Verbindung in die HipHop-Welt sind, zumindest was das Personal angeht, die Rapper von K.I.Z. - in grauer Vorzeit einmal Konkurrenz, mittlerweile wie auch Sido beim Unterhaltungsmulti Universal unter Vertrag. Und ebenso wie Sido besitzen K.I.Z. eine solide Fanbase bei denen, die eigentlich keinen Deutschrap mögen.

Sido reiht sich gut ein in die Liste der deutschen Künstler, die von MTV bisher zu einem "Unplugged" geladen wurden. Herbert Grönemeyer machte 1994 den Anfang, es folgten die Fantastischen Vier, die Ärzte, Xavier Naidoo, die Toten Hosen und die Sportfreunde Stiller. Nummer-eins-Acts also, entscheidend ist weniger das Genre als die satte Positionierung im Mainstream, die Sido sehr aktiv betreibt. Der Tagespresse sagte er, wer bei der Bundestagswahl seine Stimme bekomme - die Linke ist's, die damit ihren wohl ersten ernst zu nehmenden Repräsentanten in der Jugendkultur hat -, bei Stefan Raab setzte er sich in den Wok und stieg in das Stock Car. Im "Musikexpress" unterhielt er sich unlängst angeregt mit dem ehemaligen Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer. Trotzdem bietet der Rapper noch genug Reibungsfläche - Deutschlands "Eurovision Song Contest"-Teilnehmerin Lena Meyer-Landrut attestierte er etwa mangelndes Gesangstalent und fettige Haare - um sich später zu entschuldigen.

Vielleicht ein kalkuliertes Spiel mit den Medien, vielleicht aber auch einfach die Meinung des Rappers, die er relativ ungerne verbirgt. Denn immerhin wird auf dem im MTV "Unplugged aus'm MV" früh gesetzten "Halt's Maul" nach wie vor Bundeskanzlerin Angela Merkel mehr oder weniger deutlich als Schlampe bezeichnet. Aber: Älter, so sagte Sido unlängst in einem Interview, würde er, und damit auch erwachsener. Mit 35 wolle er sicher nicht mehr rappen. Das Unplugged-Konzert mit seinem guten Dutzend Musikern, mit seiner Requisite und mit dem Comedian Kurt Krömer als Gast ist vielleicht ein guter Wegweiser, wo es danach hingehen könnte. ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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