Alles, nur nicht die kleine Schwester!

Solange Knowles führt "ein ganz gewöhnliches Leben"

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Alles, nur nicht die kleine Schwester!

Solange Knowles führt "ein ganz gewöhnliches Leben"

01.05.2009 Solanges Lebenslauf ist eigentlich schon zu lang für ihr Alter. Mit gerade mal 22 Jahren hat die Texanerin mehr erreicht, als sich der Ottonormalverbraucher zu erträumen vermag. Nur aus dem Schatten ihrer großen Schwester herauszutreten ist ihr noch nicht gelungen. Kein Wunder, schließlich heißt die Beyoncé und könnte ihre Villa mit Platinplatten tapezieren. Solange ist davon weit entfernt: Ihr souliges zweites Album, "Sol-Angel And The Hadley St. Dreams", erschien beim renommierten Label Geffen, konnte aber wie sein Vorgänger keine größeren Erfolge einfahren. Doch Solange gibt sich bescheiden: "Wer Erwartungen an seine Musik stellt, kann kein freier Künstler sein", betont sie in einem Interview wie aus dem Lehrbuch.

Denn während des Gesprächs schafft es Beyoncés kleine Schwester, mehr oder weniger einmal komplett das Einmaleins der Pressearbeit herunterzubeten. Ups, da war er, der verbotene Ausdruck: kleine Schwester. Ebenso unmissverständlich wie das Augenrollen der Interview-Beisitzerin war die Anweisung im Vorfeld: keine Fragen zu Beyoncé. Aber statt den Blick auf ihre Persönlichkeit zu lenken, demonstriert Solange eindrucksvoll ihre aalglatte Rhetorik nach dem Prinzip "viel reden, nichts sagen".

"Sol-Angel And The Hadley St. Dreams" zitiert musikalisch sowie stilistisch den Soul der Sechziger und Siebziger. Darauf angesprochen, spult die 22-Jährige wie vom Band ab: "Besonders mag ich an der Ära, dass sich die Künstler damals viel mit sozialen Problemen auseinandergesetzt haben, ohne zu moralisieren. In den Achtzigern hingegen stand das Feiern im Vordergrund, dadurch ging die Ernsthaftigkeit verloren." Noch kurz im Nebensatz die Begriffe "Martin Luther King", "Katrina", "sozialer Status", "Politik" und "Redefreiheit" aneinandergereiht, und dann schnell weiter zum nächsten Thema.

Ein Blick auf die Vita der Sängerin/Schauspielerin/Unternehmerin klärt auf: Tochter einer Ex-Sängerin und Modedesignerin (Mitgründerin der Firma: Beyoncé Knowles) und eines Labelchefs (Künstler: Destiny's Child samt Soloprojekten und Solange), Schwester einer Popikone, die mit sieben Jahren ihren ersten öffentlichen Gesangswettbewerb gewann. Erster Tanzunterricht mit zweieinhalb, erstes Soloalbum mit 16, davor Tänzerin bei internationalen Destiny's Child-Auftritten. Wäre eine andere Karriere überhaupt denkbar gewesen? "Absolut. Meine Eltern ermutigten mich immer, Ärztin oder Anwältin zu werden oder ein Unternehmen zu gründen", beteuert Solange und fügt hinzu: "Wir haben dieses Stigma der Jackson Five - aber das stimmt so nicht."

Dann wieder Sätze aus dem Lexikon für aufstrebende Stars: glückliche Kindheit, erfüllte Jugend, tolle Produzenten, hervorragendes Label, superduper Album. Zumindest mit Letzterem hat sie Recht. Und was steht als nächstes auf dem Plan? "Was auch immer mich fordert. Ich liebe Herausforderungen", eröffnet Solange. Und tatsächlich gibt es kaum eine Disziplin im Showbiz, an der sie sich noch nicht probiert hat - Tänzerin, Sängerin, Schauspielerin, Model, sogar eine eigene Kinderspielzeug-Linie hat Solange. Obendrauf ist sie bereits mit 18 Mutter geworden, hat sich aber inzwischen vom Vater ihres Sohnes scheiden lassen. Genug Erfahrung für ein ganzes Leben. Mit 22.

Schwer zu glauben, dass die selbstbewusste Künstlerin, die da im Backstageraum im kleinen Schwarzen von all dem erzählt, was sie mal eben schultert, keine Fassade ist. Ein bisschen schüchtern wirkt sie schon, die Hände unentspannt auf den verschränkten Oberschenkeln, scheinbar bemüht, zu verhüllen, was ein derart kurzes Kleidchen bei einer falschen Bewegung freigibt. "Als ich 17 war, starb eine enge Freundin völlig unerwartet. Das hat meine Sicht der Dinge stark beeinflusst. Dadurch ist mir bewusst geworden, dass es viel wichtiger ist, das zu nutzen, was man hat, als sich über das zu beklagen, was man nicht hat" - Worte, die schwer wiegen, säuselt Solange als stammten sie aus der Klatsch-Kolumne einer Hochglanz-Gazette. Heute wisse sie, dass sie eine Aufgabe habe auf diesem Planeten, und für die werde sie arbeiten: "Das ist eben mein Job. Genau, wie ein Hirnchirurg operiert, singe ich. Oder tanze, oder stehe vor der Kamera".

Für ihren mittlerweile vierjährigen Sohn plant die ehrgeizige Mutter keine Karriere im Rampenlicht, sie werde Daniel Julez "bestimmt nicht dazu ermutigen, in diesem Business Fuß zu fassen". Die Wikipedia-Information, der Kleine sei das Gesicht ihrer Spielzeug-Marke, ist übrigens erfunden. Ob Daniel Julez vielleicht doch mit zehn Jahren seine erste Platte aufnimmt, bleibt abzuwarten. Ob die ehrgeizige - Verzeihung! - kleine Knowles-Schwester bis dahin auf einer Stufe mit der großen steht, ebenfalls. Immerhin beruhigt es zu hören, dass Solange findet: "Ich führe ein ganz gewöhnliches Leben." ~ Gregor Jossé (teleschau)

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