Sophia

"Ich habe Zweifel am Wert dieses Albums"


Sophia-Kopf Robin Proper-Sheppard findet keinen Frieden

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"Ich habe Zweifel am Wert dieses Albums"

Sophia-Kopf Robin Proper-Sheppard findet keinen Frieden

24.04.2009 Sophia ist die Band eines melancholischen Einzelgängers. Und Sänger Robin Proper-Sheppard beleuchtet nicht nur in seiner Musik die traurige Seite des Seins. Ob alte Bandkollegen oder seine Familie, der Tod sei sein ständiger Begleiter, sagt der in San Diego geborene, inzwischen in London lebende Musiker. Und dementsprechend stand der Name Sophia lange Jahre für denkbar langsame, nachdenkliche und teils verzweifelte Songs. Dennoch: Seit der Bandgründung 1996 hat sich die Grundstimmung verändert. Auch wenn Proper-Sheppard das nie so sagen würde, klingen seine Alben inzwischen nach einem positiveren Umgang mit dem Leben. "There Are No Goodbyes", das aktuelle Werk, versprüht gar fast schon Optimismus. Was nicht für Proper-Sheppards Lebensumstände gilt, zu lächeln gibt es für den Sänger eigentlich nichts. Und doch tut er es. Er lacht zur Begrüßung. Proper-Sheppard, einer, dem Nihilismus gut steht, thront inmitten eines Nahrungsmittelparadieses. Gebäck, Käsebrötchen, Naschereien, die für einen Kindergeburtstag reichen würden, umgeben den Songwriter, der sich lachend umdreht und so freundlich ist, dass man fast erschrickt. Ein seltsam fröhliches Bild, das, wie sich im Interview herausstellt, nicht der Wirklichkeit entspricht.

Robin, kannst Du drei Dinge benennen, die Dir Freude machen?

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Robin Proper-Sheppard: Die Dinge, die mir Freude machen, machen mich gleichzeitig traurig. Es gibt nicht viel Vergnügliches in meinem Leben. Ich mag Sonnenaufgänge, heute morgen bin ich um sechs Uhr aufgewacht. Aber beim Begriff Freude denke ich tatsächlich ausschließlich an meine Tochter, an Momente, in denen wir miteinander lachen. Wir verreisen viel zusammen, ich erinnere mich an einen Urlaub in Italien, sie war müde, wir bekamen kein Taxi und gingen in eine Eisdiele. Ich hatte nur noch Geld für ein Eis, wir kauften Schoko - und weil es so heiß war, floss es uns über die Hände. Dieses Eis zu essen, war so schön.

Lebst Du eigentlich Deiner Tochter zuliebe immer noch in London?

Proper-Sheppard: Ja. London ist nicht mein Zuhause, aber mein Zuhause ist eben am ehesten dort, wo meine Tochter ist. Nach einer wirklichen Heimat suche ich immer noch, das ist ein großer Wunsch von mir. Das habe ich wohl von meiner Mutter geerbt. Sie fand auch nie ein wirkliches Zuhause, das sagte sie mir vor einigen Jahren im Krankenhaus. Für sie galt es, einen Platz zu finden, nicht den Ort, an dem dein Bett und dein Sofa stehen. Sie hat es ebenso wenig gefunden wie ich. Das beeinflusst mein Leben sehr.

Inwiefern?

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Proper-Sheppard: Ich dachte, ich hätte ein Zuhause gefunden, mit dieser Frau, die ich auf "There Are No Goodbyes" betrauere. Nach all den Versuchen, Vergangenes loszulassen, dachte ich, ich wäre angekommen. Das habe ich nicht gedacht, sondern geglaubt. Und zerstört.

Am Scheitern einer Beziehung ist aber nicht einer alleine schuld, oder?

Proper-Sheppard: Natürlich nicht. Aber ich weiß doch, wie ich bin. Ich kenne meine Wirkung auf andere Menschen und mein Umfeld. Ich will kein Mitleid erhaschen, aber es gab so viel Unglück in meinem Leben. Für mich ist es gut, mit einer Tasche irgendwohin zu fahren, wo ich niemanden kenne. Ohne Erwartungen. Denn das bedeutet, dass man nicht enttäuscht werden kann. Denn ich glaube, ich kann mit keinen weiteren Fehlschlägen mehr umgehen. Gerade heute morgen habe ich mich gefragt: Werde ich je wieder so etwas Großes finden?

Was ich immer wieder komisch finde, ist, dass Deine Tochter Hope (zu deutsch: Hoffnung) heißt.

Proper-Sheppard: Ja, seltsam, nicht? Das war ihre Mutter. Dieser Frau habe ich das Herz gebrochen. Es macht mich traurig, daran zu denken, wen ich schon alles verletzt habe. Jetzt sitze ich hier, allein. Mit einem Album, das mich traurig macht, von meinem Scheitern handelt. Dabei sagen Freunde mir, es sei das erbaulichste Album, das ich je aufgenommen habe.

Erfreulich, dass es in Deinem Leben Freunde gibt ...

Proper-Sheppard: Dazu gehört vielleicht die Erklärung, dass mich Menschen nicht wirklich kennen, sondern nur den Teil, den ich ihnen zu zeigen bereit bin. Es gibt bei mir ein Schamgefühl Freunden gegenüber, wenn sie dieses Album hören. Gefühle offenzulegen ist mir unangenehm. Aber ich weiß, das Einzige, was ich der Welt bieten kann, ist diese Ehrlichkeit, aus der meine Musik resultiert. Vor meinen Freunden würde ich diese Eingeständnisse gerne verheimlichen.

Hast Du dieses Album angezweifelt?

Proper-Sheppard: Keines meiner Alben handelt von ausgedachten Geschichten. Ich bekomme keine nichtssagenden Worte über meine Lippen. "There Are No Goodbyes" ist mein Jetzt. Ich zweifle alles daran an. Schließlich weigere ich mich immer noch zu akzeptieren, dass die Person, die ich liebte, sagt, sie hat kein Vertrauen mehr zu mir. Das geht mir nach zwei Jahren noch jeden Tag durch den Kopf. Ich habe auch Zweifel an dieser Person und vor allem am Wert dieses Albums für die Welt. Ich empfand es als schlechtestes, das ich je aufgenommen habe.

Hast Du schon mal überlegt, dass, so lange Sophia existiert, die Vergangenheit nicht ruhen wird, Dich die Verluste wichtiger Menschen immer wieder quälen, weil jeder die Band damit identifiziert?

Proper-Sheppard: Daran habe ich schon gedacht, ja. Wenn ich singe, verletzt mich der Inhalt der Songs nicht. Ich berichte von meiner Vergangenheit als Vergangenheit. Es schmerzt mich nicht, vom Tod meiner Mutter zu singen. Oberflächlich betrachtet sieht das natürlich aus wie: "Der depressive Robin Proper-Sheppard singt über den Tod". Doch ich singe von der schönen Erinnerung an sie, nicht wie sie dahingeschieden ist.

Befällt Dich manchmal das Gefühl, dass das Leben unfair zu Dir ist?

Proper-Sheppard: Nein. Wie soll ich es erklären, ich fühle mich manchmal wie von einem Geist begleitet, der mir nachgeht. Ich habe keinen Frieden in meinem Leben. Das ist ein eigenartiges Interview, ich beschreibe etwas in mir, das mir noch nicht ganz klar ist, ich schaue da gerade zum ersten Mal hin, dieses Gefühl des Gejagtwerdens war mir nicht bewusst.

Wann kommst Du zur Ruhe?

Proper-Sheppard: Gar nicht, es ist als würde unter mir immer Wasser fließen. Ich hatte sehr schwierige Jahre, nicht alleine, was Liebe angeht, sondern allgemein. Auch stelle ich meine Existenz nicht erst seit gestern in Frage. Nur dachte ich in den letzten Jahren, ich wäre auf dem Weg ... Ich kann akzeptieren, dass ich alleine bin, dass Liebe kein Teil meines Lebens ist, aber ich möchte weiterhin daran glauben. Ich kann mich nicht damit abfinden, dass sie nicht existiert. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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