Es ist ein schweres Unterfangen, in diesen Wochen eine neue Heavy-Metal-Platte zu positionieren. Der Rummel um die neue Metallica lässt vergessen, dass es noch andere Bands auf diesem Planeten gibt, die vielleicht nicht zu den wichtigsten, aber immerhin zu den wichtigen Vertretern gehören. Dass mit "Versus" der Herbstanfang zum Sturm im Wald extremer Musik werden könnte, ist bestenfalls zweitrangig. The Haunted interessieren kaum einen, die Tagespresse kümmert sich um den Bart eines Fans, um CD-Versionen und Mix-Gerüchte. Schade. ~ Alexander Diehl (teleschau) aufklappen »
Denn eben dieses "Versus" bietet eine Alternative. Eine echte, keine halbgare. Irgendwo in einem Riff könnten sich die beiden treffen, der Rest der Parallelen ist außermusikalischer Natur. Auch The Haunted haben mit ihren Frühwerken für einigen Aufruhr gesorgt. Auch sie haben ein Album auf den Schultern ("The Dead Eye"), das einige vor den Kopf stieß. "Versus" ist, wer hätte es gedacht, eine Abkehr vom neuen Denken. Nicht ganz, aber doch immerhin soweit, dass The Haunted einige alte Anhänger zurückholen dürften.
Und die erfreuen sich an allem, was oberhalb der Härtegrade von Metallica angesiedelt ist. Kompromisslosigkeit ist ein Identitätsbestandteil in diesen Gegenden, "Crusher" macht seinem Namen alle Ehre. "Faultline" ist ebenso kompakt wie stark, nur einen Peter Dolving hätte man sich hier etwas einsichtiger gewünscht. Ansonsten lässt der seit "rEVOLVEr" wieder fest integrierte Frontmann seine Wut nicht ungezügelt um sich schlagen. In "Rivers Run" zieht er seine Kumpels mit viel Coolness aus dem doomig-modernen Morast, im nicht umsonst in der Mitte von "Versus" platzierten "Skuld" kriecht er förmlich durch die Gehörgänge, während schwedische Texte und durchatmende Gitarren überlegen, ob sie tröstend oder unheilschwanger auftreten wollen. Dennoch: Die "Fuck You"-Attitüde bestimmt das Bild, in "Moronic Colossus" oder "Ceremony" steht eine rüpelhafte und dabei nie übermäßig angepisste Grundstimmung im Raum.
Die rohe Energie wird zu einem Großteil auf die traditionellen Live-Aufnahmeverfahren geschoben, welche zum Einsatz kamen. Lässt sich diskutieren drüber. Ebenso wie über "Imperial Death March", das ziemlich primitiv und walzend eine Platte zu Ende bringt, mit der The Haunted einzelne Teile ihrer Vergangenheit zu einem wertvollen Batzen Metal verschmelzen. Ach, einiges an Thrash ist auch mit drin. Nur falls rein zufällig jemand nach diesem Stichwort gesucht hat.