Reflektor Falke hat Rückenwind
Thomas D und die neue Leichtigkeit des Solistenseins
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Reflektor Falke hat Rückenwind
Thomas D und die neue Leichtigkeit des Solistenseins
19.09.2008 Zwei Seelen wohnen, ach, in seiner Brust: Thomas D, einerseits der Philosoph aus den Reihen der Fantastischen 4, andererseits der durchgedrehte Klassenclown, hat ein neues Soloalbum produziert. "Kennzeichen D" nennt sich das Endprodukt, das natürlich keine Hommage an das gleichnamige ZDF-Politmagazin sein soll, sondern eine Bestandsaufnahme nationaler Befindlichkeiten und insbesondere der persönlichen des Thomas Dürr. Sieben Jahre sind vergangen, seit Thomas D (39) sein letztes Solowerk namens "Lektionen in Demut" veröffentlicht hat. Damals nannte er sich Reflektor Falke, seine Sicht auf die Welt war extrem düster. Im Vergleich dazu wirkt "Kennzeichen D" wie die spiegelverkehrte Seite seiner Gefühlswelt. Die Durchhalteparolen sind geblieben, doch statt das Handtuch zu werfen, soll man es lieber heben, um sich per Anhalter durch die Galaxis surfen zu lassen und dort fett Party zu machen.
Warum hast Du sieben Jahre gebraucht, um ein neues Soloalbum herauszubringen?
Thomas D: Das frag ich mich auch. Ich glaube, dass ich zwischendrin gedacht habe, dass Musikmachen schwierig ist. Dass es mühsam ist. Dass es reicht, wenn man diese Aufgabe mit den Fantas auf sich nimmt. Und dass mich das - positiv ausgedrückt - vollkommen auslastet. Oder anders gesagt: schon genug erschöpft hat. Und seltsamerweise ist mit unserer letzten Platte, der "Fornika", der Knoten geplatzt. Und plötzlich war Musikmachen ... geil! Leicht. Spaßig! Sogar mehr als das.
Wenn erst mit "Fornika" der Knoten geplatzt ist - war dann die Arbeit mit Son Goku, dem zweiten Fanta-4-Nebenprojekt, eine Qual für Dich?
Thomas D: Son Goku war von der Produktion her super. Da herrschte große Spielfreude, große Leichtigkeit. Allerdings hat die Band leider nicht funktioniert. Wir starteten alle von ganz unterschiedlichen Punkten, waren aber eine demokratische Band. Das ging nicht. Das ist zerbrochen, und live spielen wurde zur Qual, weil ich mich da allein hab' stehen sehen. In einer Band, aber doch irgendwie allein. Fand ich ganz schlimm.
Das heißt, es wird definitiv keine zweite Platte geben?
Thomas D: Nee. Für manche Fans ist die Son-Goku-Platte echt ein Highlight. Und das ist sie auch für mich. Leider ist die Band eben kaputt gegangen. Und da hab ich mir auch gesagt, außer den Fantas wird es für mich keine Band mehr geben. Das nächste ist wieder Thomas D solo. Und das bleibt auch so.
Wie unterscheidet sich denn die Arbeit mit den Fantas von Deinen Alleingängen?
Thomas D: Solo stehe ich anders da. Da bin ich noch ganz jungfräulich, obwohl ich schon drei Platten habe - erst kam "Solo", dann "Lektionen in Demut", dann Son Goku. Und jetzt komm ich zurück dahin, wo ich mit "Solo" angefangen habe. Ich will eine Platte machen, die Thomas D widerspiegelt, mit all seinen Facetten. Die viel mehr im Zeichen von "Rückenwind" steht, als im Zeichen von "Lektionen in Demut" - die ja doch sehr ernst, nachdenklich, vielleicht sogar ein wenig depressiv ist. Deshalb habe ich jetzt eine Platte gemacht, die nach vorne geht und eine gewisse Leichtigkeit beinhaltet, genauso aber auch ernsthafte Stücke.
Den nachdenklichen Thomas D kannst Du wohl auch kaum einfach beiseite schieben, selbst wenn's Dir noch so gut geht ...
Thomas D: Das will ich auch nicht, das bin ja ich. Ich habe, selbst wenn ich einen lustigen Text schreibe, oftmals einen ernsten Hintergrund oder eine gewisse Tiefe drin. Aber das Schöne war: Am Anfang dieser Platte stand kein Motto. Es gab ganz einfach ein Zusammentreffen mit Musikern und Produzenten und eine spielerische Umgehensweise mit Musik. Keine Grenzen. Lass uns Pop machen! Lass uns Musik machen, die Spaß macht! Lass uns Melodien nehmen! Lass uns Refrains singen! Auch wenn ich's nicht so gut kann! Dann holen wir eben irgendwelche Leute, die singen können, und ich schreibe denen was, kein Problem! Und aus diesem Zusammenspiel heraus entstanden dann die Ideen, die Themen, die Texte.
Wieviel Einfluss hatten denn die persönlichen Veränderungen auf die neu gewonnene Leichtigkeit? Stichwort Familie?
Thomas D: Eine Familie zu haben, bringt natürlich viel neuen Inhalt mit sich, auf jeden Fall. Man denkt ja nicht, was für Ebenen von Gefühlen noch auf einen im Leben zukommen. Weil, wenn du dich mit jemandem zusammentust und Kinder bekommst und wenn dann diese Vertrautheit wächst und man echt ein Team ist und die Kinder sich von der Geburt an von dir weg entwickeln ... wow! Da ist schon mächtig Stoff drin. Da kann man noch ein paar Platten rausholen.
Vereinzelt kommt die Familie ja schon in den neuen Songs vor, zum Beispiel in "Neophyta", was ja so viel heißt wie "die Getaufte".
Thomas D: Richtig. Das Lustige ist, dass der Song schon so hieß, als der Bertil mir den angeboten hat. Ich dachte mir nur: Neophyta? Was ist denn das für ein blöder Name? Und dann schreib ich also dieses Lied an meine Tochter. Sie ist jetzt fünf, aber eigentlich handelt es davon, wie es ist, wenn sie älter wird. Ich habe mich da hineinversetzt, wie es denn ist, wenn man jemanden gehen lässt, wenn er aus dem Haus geht, und man weiß, man trifft ihn vielleicht erst Jahre später wieder. Da steckt ganz viel Schmerz drin, aber auch wunderschöne Erfahrung. Lieben und loslassen. Das ist was ganz, ganz Wesentliches. Da dachte ich mir: "Schreib schon mal jetzt, dann hast Du's weg." Der Song hieß also die ganze Zeit "Neophyta" und ich wollte ihn unbedingt umbenennen. Und dann sagt mir jemand, das heißt "die Getaufte". Cool. Super Titel, das lassen wir so.
Wie wichtig ist Religion für Dich? Gerade gegen Ende der Platte beschäftigst Du Dich mit dem Tod, Gott wird thematisiert ...
Thomas D: Ja, das stimmt. Ich finde, Spiritualität ist was ganz Wichtiges. Aber Religion an sich ... Ich bin ja Gott, der da spricht in "Vergebung, hier ist sie". Das ist schon ganz schön anmaßend, für einen Christen wahrscheinlich way beyond. Für einen Buddhisten ist es o.k., weil ja Gott in uns allen ruht. Diese Bilder - Vergebung und Gott ist Liebe - hab ich genommen, weil wir sie hier in der westlichen Welt ganz gut verstehen können.
Das vorletzte Stück heißt "An alle Hinterbliebenen" ...
Thomas D: Da stand die Frage: Wie machst Du einen Song für Leute, die jemanden verloren haben, den sie lieben? Wie kannst Du einem Trauernden Kraft geben, Hoffnung und Mut? Das ist nicht einfach. Ich wollte den Song eigentlich erst in ein paar Jahren schreiben, weil ich dachte, da brauche ich ewig, bis ich die richtigen Worte finde. Aber dann hat mir der Produzent ein Instrumental vorgesetzt, das so gut gepasst hat, dass ich's einfach jetzt machen musste. Aber so wollte ich keinen entlassen auf der Platte. Deswegen komme ich noch mal zurück mit ein bisschen mehr Hoffnung, aber auch mit der verantwortungsvollen, der tiefen Seite von Thomas D. Und sage eben: "Natürlich wird Dir vergeben. Aber wichtig ist, dass Du Dir selbst vergeben musst."
Und das scheint ja auch das große Thema auf der neuen Platte zu sein: Selbsterkenntnis.
Thomas D: Genau. Auf der einen Seite geht's uns verdammt gut, aber die wenigsten erkennen das. Vielleicht auch, weil wir so konditioniert sind. Weil wir ständig zugeballert werden, wie wir denken sollen, wie wir drauf sein sollen, was wichtig ist und was nicht. Und wir vergessen dabei, dass man zum Glück eigentlich nur einatmen und ausatmen braucht. Und dass der Rest, der danach kommt, dem Glück eher abträglich ist. Weil wir uns alle tierisch Gedanken machen. Auch ich natürlich. Insofern habe ich versucht, hier und da ein bisschen gedankenloser zu schreiben. Öfter mal einen lustigen Spruch einfach so stehen zu lassen. Und nicht wieder zu denken: "Das ist jetzt aber nicht der Weisheit letzter Schluss, da musste noch mal drüber gehen." Vielmehr dachte ich mir: "Nee! Ich hab gelacht, als er mir eingefallen ist. Vielleicht lacht einer, wenn er ihn hört." Und auf der Platte ist mir ein Lachen definitiv wichtiger als die ultimative Erkenntnis. ~ Bettina Dunkel (teleschau)
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