Vampire Weekend

New York atmet die Welt


Vampire Weekend testen mit "Contra" die Grenzen des Pop aus

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New York atmet die Welt

Vampire Weekend testen mit "Contra" die Grenzen des Pop aus

08.01.2010 New York hat es gut. Wenn fast überall sonst über zunehmende Formatierung von Musik und die rapide sich verflüchtigende Kreativität aus dem Pop geklagt wird, sprießen hier unerwartete Klänge wie Pilze aus dem Boden. Jedes Jahr gilt es zu Recht mehrere Debüt-Sensationen aus dem Big Apple abzufeiern. Bands, die im Gegensatz zur Hype-Maschinerie um britische Newcomer fast immer faszinierend viel künstlerische Substanz mitbringen. Waren die Strokes, so etwas wie die Vorreiter des New York Revivals, Anfang des Jahrtausends in ihrem Konzept noch relativ stringent, wird der Sound der neuen New Yorker immer vielseitiger: Yeasayer, MGMT oder The Dirty Projectors heißen die derzeit interessantesten Exporte der Stadt. Nicht zu vergessen: Vampire Weekend. Mit seinem Debütalbum hatte das Jungs-Quartett 2008 erstmals seit Paul Simons "Graceland" eine coole Symbiose von westlichem Pop und afrikanischen Beats erschaffen. Dem Nachfolgewerk reicht diese eine gute Idee nun längst nicht mehr aus. "Contra" ist ein Album, das auf fast manische Weise die ganze Welt zu Gast hat. Starken, faszinierenden Pop gibt es darauf dennoch zu hören.

Wenn in der ebenso modernen wie erfolgreichen britischen Jugendserie "Skins" - in Deutschland derzeit nur auf dem Bezahlsender Sky zu sehen - eine der Protagonistinnen von Bristol nach New York abhaut, um dort in einem möglichst coolen Club ihre Heimat zu vergessen, spielt dort natürlich - Vampire Weekend. Keine Frage, die vier Absolventen eines New Yorker Elite Colleges gehören zum Angesagtesten, was die Stadt zu bieten hat.

Vampire Weekend - L

Ihr Debütalbum, das Anfang 2008 erschien und genauso hieß wie die Band, verkaufte alleine in den USA 450.000 Exemplare. Für einen neuen Act mit eher ungewöhnlichem Sound, zumal in Zeiten von rapide sinkenden CD-Verkaufszahlen, ein fast schon unglaublicher Erfolg. Die synkopiert hüpfende Lebensfreude afrikanischer Beats gepaart mit Indierock-Ohrwürmern war es, was die Massen an Vampire Weekend begeisterte.

Diesen Erfolg haben Sänger und Gitarrist Ezra Koenig, Keyboarder Rostam Batmanglij, Bassist Chris Baio und Schlagzeuger Chris Tomson wohl als Auftrag zu noch höheren Zielen empfunden. Auf ihrer neuen Platte "Contra" reichen die Einflüsse von Bollywood bis zur Miami Sound Machine, von Baile Funk zu Ska, von Dancehall-Reggae bis zum Stadionrock. Ein bisschen zu viel für nur eine Popplatte? "Wir wollten dieselbe Platte nicht noch einmal machen", entgegnet Chris Baio. "Unser erstes Album klingt ziemlich exakt nach vier Leuten, die ihre Instrumente in einem Raum spielen. Eine fast schon dokumentarische Herangehensweise. Diesmal wollten wir ein atmosphärischeres Werk erschaffen."

Das Ambitionierte, das größer Gedachte lugt aus jedem Takt des Albums heraus. Auch wenn die afrikanisch-rhythmische Gitarre vor allem der ersten Hälfte des Albums noch eine gemeinsame Basis zimmert, Irritationen, ungewöhnliche Rhythmen und fast schon aberwitzige Ideen gibt es bei Vampire Weekend fast schon skandalös freizügig zu hören.

Da leben fies gesampelte Achtziger-Jahre-Funk-Trompeten neben dem Versuch, den Gesang von Kate Bush nachahmen. Oder es gibt Reggaeton-Zwischenspiele, auf deren rhythmischem Gerüst sich ein Arnold-Schönberg-artiges Streichquartett herunterhangelt. Das alles einfach nur mal so zwischendurch, etwa als kleine Bridge in einem Popsong. Wird die Indiegemeinde, aus der wohl die meisten Fans der Band stammen, dem noch folgen wollen? "Die meisten Menschen unserer Generation wuchsen auf, ohne dass sie sich für ein Musikgenre entscheiden mussten", gibt Bandmitglied Chris Tomson zu bedenken. "Die Liberalisierung des Musikgeschmackes hat mit dem Internet und dem Zersplittern der Popszenen zu tun. Wir sehen uns ohnehin mehr als Popband. Der Begriff Indierock hat heute jede konkrete Bedeutung verloren."

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Musik, wie sie auf Vampire Weekends aberwitzigen neuen Werk "Contra" zu hören ist, wird durch eine Stadt wie New York mit der gegenwärtig wohl kreativsten Popszene der Welt offensichtlich gefördert. Fast scheint es so, als wollten Bands wie Vampire Weekend, The Dirty Projectors oder Yeasayer ihre geschätzten Konkurrenten mit jedem neuen Album übertreffen wollen. Von beiden letztgenannten Bands outen sich Vampire Weekend im Interview als Fans. "Was uns an New York gefällt", gesteht Chris Baile, "ist, dass viele Bands sich hier kaum in eine Form pressen lassen und Einflüsse von überall auf der Welt verarbeiten. Dabei hat alles große künstlerische Substanz und geschieht nicht einfach nur deshalb, weil man etwas Cooles machen will." Und auch nicht alles, was da an Kreativem aus New York kommt, ist abseits des Metropolen-Feuilletons ähnlich erfolgreich wie Vampire Weekend.

Hat die Band eine Erklärung für ihre Popularität? "Erfolg? Wir sind immer noch vor allem dankbar für den Erfolg", sagt Chris Tomson, der mit Sänger Ezra Koenig früher mal ein Comedy-Rap Duo unterhielt. "Es gibt eine Menge großartige Bands, die nicht so viel Erfolg haben. Wir hatten unser erstes Album im Prinzip fertig, bevor wir jemandem auch nur eine Note davon vorstellten. Von Anfang an gab es eine genaue Idee davon, wer wir sind und was wir wollen. Ich glaube, dass es hilft, wenn eine Band ein Gesamtkonzept hat, bevor sie nach draußen geht." Wie sich das Gesamtkonzept Vampire Weekend in den nächsten Jahren weiterentwickelt, dürfte eine der spannenden Beobachtungen im neuen Pop-Jahrzehnt werden.

Vampire Weekend auf Deutschland-Tournee

19.02., Berlin, Astra

20.02., Köln, Gloria

21.02., Hamburg, Uebel & Gefährlich ~ Eric Leimann (teleschau)


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