Angst vor der Einordnung
Die dänische Newcomer-Band Veto wehrt sich gegen Schubladendenken
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Angst vor der Einordnung
Die dänische Newcomer-Band Veto wehrt sich gegen Schubladendenken
09.01.2009 Es klingt schon fast wie ein Mantra der Neuzeit: Das Internet hat alles verändert. Für neue, unbekannte Bands, so steht es immer wieder geschrieben, haben sich vollkommen neue Wege der Selbstvermarktung aufgetan. Myspace, YouTube, Fanforen, Blogs: Wer genügend Präsenz zeigt, dem gelingt es schon irgendwann, über den Rechner in die Köpfe und schlussendlich auf die großen Bühnen zu spazieren. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Wer von den traditionellen Medien missachtet wird, wer weder Airplay noch Artikel generieren kann, der geht in der Masse permanent neu formierter Bands unter. Wie eh und je. Was am Ende zählt, ist harte Arbeit. Und Eigenständigkeit natürlich. Und die ist gar nicht so leicht zu beweisen. Vielleicht sind Veto aus Dänemark deswegen so darauf bedacht, sich in keine Schublade schieben zu lassen. Zwei Alben hat das in seiner Heimat extrem erfolgreiche Quintett bereits veröffentlicht, das aktuelle, "Crushing Digits", wurde erstmals europaweit herausgebracht und soll Hörer außerhalb Skandinaviens für die genresprengende Formation begeistern.
Und Veto haben definitiv das Potential dazu. Denn die ungemein energetische Mischung aus komplexen, gitarrengetriebenen Rockstrukturen, düsteren 80er-Jahre-Synthies, sich urplötzlich entladenden Rave-Anleihen und einem über allem thronenden, hoch emotionalen Gesang - die ist in ähnlicher Form nur schwer wiederzufinden. Trotzdem: Es lassen sich natürlich stimmliche Parallelen zu Bloc Party erkennen, da scheint die intelligente Aggressivität von Nine Inch Nails durch, dort eine an Hot Chip erinnernde Tanzbarkeit voller Melancholie. Spricht man die Band darauf an, bedankt sie sich artig, freut sich vorgeblich über die Vergleiche und - schweigt. Kaum eine Band mag die Frage nach persönlichen Vorbildern oder speziellen Einflüssen, hier aber ist die Zurückhaltung weit ausgeprägter als anderswo. Frontmann Troels Abrahamsen fasst es schließlich so zusammen: "Wir lassen uns weniger von der Musik anderer Bands beeinflussen, als vielmehr und noch am ehesten von der Art, wie die Bands sie machen. Wir lassen uns von Menschen beeinflussen, die ihre eigene Musik machen."
Ein wenig scheint es, als wolle der immer etwas zaghaft wirkende Sänger und Keyboarder damit seine zuvor getätigte Aussage relativieren. Da hatte er in einem seiner Ansicht nach wohl unbedachten Moment erwähnt, dass Veto während der Aufnahmen zu "Crushing Digits" häufig Soulwax gehört haben. Und zwar vornehmlich "Nite Versions", die Club-Variante ihres Albums "Any Minute Now". Die Energie auf der Platte habe sie enorm fasziniert, ergänzt Gitarrist David Krogh Andersen. Und die Idee, Remixe vom eigenen Werk anzufertigen, scheinbar auch. Denn noch bevor "Crushing Digits" fertig war, nahm sich ein befreundeter Produzent einige Stücke zur Brust.
Ideen haben sie ja, das lässt sich schwer bestreiten. Am umtriebigsten von allen ist aber Sänger Troels. Während die anderen neben ihrer Zeit in der Band Jura studieren, im Plattenladen oder als Lehrer arbeiten, verschanzt sich der Frontmann im Studio. Er hat bereits ein Soloalbum veröffentlicht, legt unter dem Pseudonym SuperTroels als DJ auf und nimmt Auftragsarbeiten als Produzent für Dúné oder The Floor Is Made Of Lava an. Sein Engagement für die Band nimmt deswegen aber nicht ab, im Gegenteil. Den gemeinsamen Schaffensprozess zieht er dem kreativen Alleingang nach eigener Aussage vor: "Meine Solosachen entstehen zumeist im Studio, ich betrachte sie nicht als Lieder im eigentlichen Sinne. Manches davon ist für eine komplett andere Szene gemacht... ich kann das schwer beschreiben. Es sind Genre-Experimente. Aber es ist nicht meine Hauptbeschäftigung. Das ist Veto."
Die andere Szene, von der Troels spricht, ist eine stark elektronisch geprägte. Spätestens hier dürfte klar werden, dass die Elektro-Attacken im Veto-Sound wohl zu weiten Teilen auf seine Initiative zurückzuführen sind. Dies um so mehr, als die anderen Bandmitglieder durch die Bank einen musikalischen Background haben, der eher dem traditionellen Rock zuzuordnen ist. Als kreativen Kopf der Gruppe will er sich aber nicht sehen. Vielmehr unterstreichen alle zusammen den demokratischen Charakter der Formation, der sich schließlich auch im Bandnamen niederschlägt. "Wir bringen alle unseren Teil in die Band mit ein", so Troels. "Klar bin ich der Mann an den Reglern und man könnte meinen, dass alles nur von mir gemacht sei. Aber wir versuchen, alles gemeinsam zu machen. Nichts wurde im Vorfeld von mir oder sonst wem alleine fertiggestellt. Alles soll innerhalb der Band entstehen, nicht außerhalb."
So ehrbar die Aussage auch sein mag, in ihrer Formulierung dürfte schon ein Großteil des Problems zu finden sein. Obwohl Veto mit ihrem experimentierfreudigen Sound das Zeug hätten, sich im internationalen Markt zu behaupten - ihr geradezu ängstlich höfliches Auftreten lässt sie im Gesamteindruck etwas profillos erscheinen. Der fortwährende Druck, ja nichts Falsches zu sagen, das zaghafte Auftreten und die bei aller Detailverliebtheit und Professionalität auch auf der Bühne noch spürbare Unsicherheit dürften mit dafür verantwortlich sein, dass es bislang noch nicht so recht geklappt hat mit der medialen Aufmerksamkeit. Eigenständigkeit und Ehrlichkeit hin oder her: Aber ein Teil der harten Arbeit, die jede Band zu meistern hat, ist eben auch, sich ansprechend zu verkaufen. ~ Bettina Dunkel (teleschau)
Interviews, Stories, Meldungen und CD-Kritiken zu Veto
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