Whitney Houston

Sieben dunkle Jahre überstehen


Whitney Houston feiert in London ihr Comeback

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Sieben dunkle Jahre überstehen

Whitney Houston feiert in London ihr Comeback

28.08.2009 Sie sieht wirklich gut aus. Aber ein klein wenig scheint Whitney Houston neben sich zu stehen. Sie greift zum handgeschriebenen Zettel, liest dort einige wenige Dankesworte ab. Braucht sie diese Denkstütze tatsächlich? Oder ist sie, eine der erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten, am Ende doch ein wenig nervös? So ganz lässt sich diese Frage an diesem Abend in London, an dem Houston ihr Comeback-Album "I Look To You" erstmals der Weltöffentlichkeit präsentiert, nicht beantworten. Denn nur kurz zeigt sich die 46-Jährige dem Publikum, Interviews gibt sie gar keine. Sie lässt sich lieber von den 250 anwesenden Gästen gebührend feiern. Mit Recht.

Denn so viel wird bei dieser Präsentation von acht Songs ihres neuen Albums klar: Dieses Comeback ist rein musikalisch definitiv gelungen. "I Look To You" spannt den Bogen von klassischen Disco-Pop-Tracks, mit denen Houston in den 80er-Jahren zum Superstar aufstieg, über die großen, ihren Vokalumfang voll ausspielenden Balladen bis hin zu zeitgemäß produzierten R&B-Tracks. Und ja: Sie kann's noch. Whitney Houstons Stimme kann immer noch eine Gänsehaut erzeugen.

Whitney Houston - B

Trotzdem: Nervosität ist von Anfang an spürbar im Ballsaal des Mandarin Oriental Hotels im noblen Londoner Stadtteil Knightsbridge. Und dies nicht nur in Form einer gewissen Vorfreude bei den geladenen Gästen. Auch ihr Produzent und Entdecker Clive Davis, der durch den Abend führt, neigt zu einer gewissen Vorsicht, sichert sich mehrmals ab. Entschuldigt sich für die "künstliche Umgebung", in der man das Album hören müsse. Betont ein ums andere Mal, dass die hier zu hörenden Versionen der Songs unfertig seien und teilweise sogar ganz frisch aus dem Studio kämen.

Aber die Anspannung auf beiden Seiten der kleinen Bühne ist wohl auch verständlich. Gleich zu Beginn wird den Anwesenden in einem Video-Trailer klar gemacht, dass es sich hier - sieben Jahre nach ihrem letzten Album - um das Comeback einer der erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten handelt: Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums "Whitney Houston" im Jahre 1985 verkaufte Houston mehr als 170 Millionen Tonträger. Und gilt als Künstlerin mit den meisten Auszeichnungen aller Zeiten, sage und schreibe 411 Preise heimste die Sängerin laut dem "Guinness Buch der Rekorde" ein - darunter sechs Grammys, zwei Emmys und 16 Billboard Music Awards.

Dabei scheint die Frage, ob "I Look To You" ein ähnliches kommerzielles Potenzial hat, ob Houston musikalisch wieder an alte Glanzzeiten anknüpfen kann, fast schon zweitrangig. Denn eigentlich beschäftigt auch das Publikum an diesem Abend wohl hauptsächlich die Frage, in welcher Verfassung sich die Pop-Diva präsentiert. Schließlich hatte Houston in den letzten zehn Jahren vor allem durch ihr - vorsichtig ausgedrückt - turbulentes Privatleben für Schlagzeilen gesorgt, konnte man sich ernsthafte Sorgen um ihren Gesundheitszustand machen.

Von wilden Kämpfen mit Ex-Ehemann Bobby Brown wurde berichtet, über Magersucht und Bulimie spekuliert, der Konsum von Drogen im Wert von 730.000 Dollar behauptet. Und als US-Journalistin Diane Sawyer im Jahr 2002 im Rahmen eines großen TV-Specials Houston dazu befragte, wich die Sängerin zwar mehrfach geschickt aus, gab aber zu, "ab und an" gewisse Substanzen genommen und ausgelassen "gefeiert" zu haben. Der größte Teufel aber, so Houston damals, seien nicht irgendwelche Drogen, sondern sie selbst: "Niemand bringt mich dazu, Dinge zu tun, die ich nicht will. Es ist meine Entscheidung. Insofern bin ich selbst mein größter Teufel. Ich bin entweder mein bester Freund oder größter Feind."

Whitney Houston - O

Von ihrem vermeintlichen größten Feind neben sich selbst, Ehemann Brown, ist Houston inzwischen geschieden. Und für ihr Comeback verließ sich die Sängerin nun auf ihren wahrscheinlich größten Freund: ihren Langzeitproduzenten Clive Davis. Die 77-jährige Plattenfirmenlegende hatte nicht nur Houston, sondern auch Janis Joplin entdeckt, verhalf Künstlern wie Bruce Springsteen, Santana und Aerosmith zum großen Durchbruch. Und er ist es auch, der wortreich Erklärungen zum Album abgibt. Von der fast dreijährigen Suche nach geeignetem Songmaterial für Whitney berichtet, von Grundsatzdiskussionen erzählt, die er mit der Sängerin bereits in den 80er-Jahren führte. Sie habe ihn jetzt, aber auch schon damals gefragt, so Davis, ob sie denn nicht eigene Songs schreiben solle. Er habe darauf geantwortet, dass er sie "in der Tradition großer Sänger" sehe, die die "Grenzen der Musik" vielleicht nicht sprengen, aber mit ihrer Stimme überzeugen.

Und genau das tut sie auf "I Look To You" wieder. Die Songs, die Davis vorstellt, ernten dementsprechend auch frenetischen Jubel. Der sich noch steigert, als Houston dann eben doch noch selbst die Bühne betritt. Einen Knicks macht, sich bedankt. Und eben einige wenige Worte an die anwesenden Gäste richtet. Sie hoffe, mit dem Album "die Herzen zu erreichen und dort zu bleiben" und bestätigt indirekt den ersten, recht vielfältigen Höreindruck: "Wenn du bei meinem Album weinen willst, dann weine. Wenn du lachen willst, lache. Und wenn du tanzen willst, dann tanze dazu." Und macht noch einmal deutlich, wie wichtig Clive Davis für die Entstehung von "I Look To You" war: "Er hat mir geholfen, das hier durchzustehen", sagt die Sängerin. Er habe sie ermutigt, denn sie habe sogar Zweifel gehabt, ob sie jemals wieder singen solle. Auch wenn nach ihrem nur knapp fünfminütigen Auftritt Fragen offen bleiben, so viel ist klar: Sie sieht gut aus. Wirkt voller Tatendrang. Und die Entscheidung, wieder zu singen, war definitiv richtig. ~ Stefan Weber (teleschau)


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